Frühe Therapie bei Pertussis entscheidend

Die Vermehrung von Bordetella pertussis findet auf dem Flimmerepithel der Atemwegschleimhäute statt, wo die Bakterien eine lokale Schädigung der Mukosa verursachen. Zusätzlich verschlechtern einige der Toxine die Abwehrkräfte und verursachen Gewebeschäden.

Laut Empfehlungen sollen daher vor allem Kinder möglichst früh – und zwar bereits beim klinischen Verdacht auf Pertussis – einer antibiotischen Therapie zugeführt werden. „Nur wenn der Therapiebeginn innerhalb der ersten zwei Wochen nach Beginn der Symptome stattfindet, kann die Schädigung des pulmonalen Flimmerepithels verhindert und damit der Krankheitsverlauf positiv beeinflusst werden“, erläutert Prof. Dr. Volker Strenger von der Klinischen Abteilung für Pädiatrische Pulmologie an der Medizinischen Universität Graz die Hintergründe: „Wird die Therapie zu einem späteren Zeitpunkt gestartet, verhindert diese in erster Linie weitere Transmissionen, die Schäden am Epithel sind jedoch bereits entstanden und durch die antibiotische Behandlung nicht reversibel.“

Zur antibiotischen Therapie werden Makrolide oder Trimethoprim + Sulfamethoxazol eingesetzt (Tab. 1). Eine Therapie wird bis 5 Wochen nach Auftreten der ersten Symptome begonnen – danach nur noch bei Personen, die mit vulnerablen Personen, mit Schwangeren oder kleineren Kindern zu tun haben.
Zur frühzeitigen Diagnosestellung kann ein direkter Erregernachweis mittels PCR hilfreich sein. Diese ist, so Strenger, im Vergleich zur häufig durchgeführten Antikörperserologie im Akutstadium wesentlich aussagekräftiger, jedoch nicht überall verfügbar: „Leider wird die PCR im niedergelassenen Bereich derzeit von den Kassen nicht erstattet, weswegen die Patienten sie aus eigener Tasche zahlen müssen oder zur weiteren Abklärung in eine Klinik weiterverwiesen werden.“

 

 

Herausforderung: klinische Diagnose

Pertussis folgt bekanntlich einem klinischen 3-Stadien-Verlauf: Das unspezifische „Stadium catarrhale“, geprägt durch Husten und Rhinosinusitis über etwa 2 Wochen, wird gefolgt vom „Stadium convulsivum“ mit anfallsartigen Hustenattacken (Stakkatohusten) mit dem darauf folgenden, typischen „whoop“ aufgrund fehlender Inspiration während des Hustenanfalles. Diese Attacken können mit posttussivem Erbrechen, Stuhl- und/oder Harnabgang, Analprolaps, kutanen und konjunktivalen Blutungen und sogar Rippenfrakturen einhergehen. Nach Abklingen bleibt das gesamte Bronchialsystem durch die Schädigung der Schleimhäute über Wochen hinweg gereizt („Stadium decrementi“).

Der typische Pertussispatient präsentiert sich a- oder subfebril mit seröser Rhinitis, nichtproduktivem Husten, vor allem nächtlichen Attacken und zähem Schleim. Bei Jugendlichen kommt es zudem häufig zu Schweißausbrüchen.
Die klinische Präsentation ist altersabhängig (Tab. 2) und gestaltet sich im Säuglings- und Erwachsenenalter besonders schwierig, weiß Strenger: „Ältere, welche oft durch eine länger zurückliegende, aber nicht aufgefrischte Impfung nur eine unzureichende Immunität haben, zeigen oft einen untypischen Verlauf mit unspezifischem Husten über viele Wochen. Unbehandelt besteht hier neben der allgemeinen körperlichen Schwächung die Gefahr der Weiterverbreitung.“
Bei Säuglingen steht der Husten nicht immer im Vordergrund. Stattdessen kommt es hier häufig zu einer ausgeprägten Hyperleukozytose, Hypoxie, Apnoe und/oder Pneumonie – die Atemwegsveränderungen und Blutbildveränderungen können letztlich zum Lungenversagen führen.

Der Kinderinfektiologe und -pulmonologe unterstreicht die Gefährlichkeit der Erkrankung bei einer Ansteckung in den ersten ungeimpften Lebensmonaten: „Die Mehrheit der Pertussisinfektionen bei Säuglingen ist lebensbedrohlich. Viele schwere Verläufe landen bei uns auf der Intensivstation und gehen mit einer hohen Mortalitätsrate einher. Eine frühe Therapie ist hier besonders entscheidend, weswegen bei jedem Säuglingshusten auch an Pertussis gedacht werden sollte.“

 

 

Impfempfehlung in der Schwangerschaft

In den vergangenen Jahren kam es in Österreich zu einer Zunahme der gemeldeten Pertussisfälle mit einem besonders steilen Anstieg der Fallzahlen seit 2014. „Waren es in den Nullerjahren noch um die 500 Fälle, so liegen wir jetzt bei mehr als 2.000 pro Jahr. Dabei ist auch ein Anstieg des Erkrankungsalters zu sehen“, so Strenger.
Kinder, die laut Impfplan die 6-fach-Impfung erhalten haben, sind in der Regel besser geschützt als Erwachsene, die der empfohlenen Auffrischungsimpfung alle 10 Jahre oft nicht nachkommen und daher zur Verbreitung der Erreger beitragen können. Um auch die Kleinsten in den ersten Lebensmonaten vor der 6-fach-Impfung möglichst wirksam zu schützen, wurden kürzlich die Empfehlungen zur Pertussisimpfung in der Schwangerschaft erweitert: Die Pertussisimpfung (als Teil des Kombinationsimpfstoffes Tetanus-Diphtherie-Polio-Pertussis) wird ab dem 2. Trimenon – idealerweise 27.–36. Schwangerschaftswoche, unabhängig vom Abstand zur letzten Impfung mit Pertussiskomponente – empfohlen. Damit soll eine diaplazentare Übertragung der Pertussisantikörper auf den Fötus ermöglicht werden. Sorgen bezüglich eines „Überimpfens“ sind unbegründet, wie Strenger erläutert: „Einen geschützten Impfling noch einmal zu impfen stellt immunologisch kein Problem dar. Dies gilt für alle für Österreich empfohlenen Impfstoffe.“ Laut aktuellem Impfplan Österreich wurde die gute Verträglichkeit und Unbedenklichkeit der Impfung während der Schwangerschaft in zahlreichen Studien beschrieben.

Auch Personen, die Pertussis durchgemacht haben, sollten weiterhin geimpft werden, da es durch eine Infektion nicht zu einer lebenslangen Immunität kommt. Die Impfungen sollten laut Impfplan 5 Jahre nach Erkrankung wieder aufgenommen werden. „Niedergelassene Ärzte spielen eine wichtige Rolle bei der Impferinnerung. Wir Kinderärzte bedauern in diesem Zusammenhang, dass wir die Erwachsenen nicht gleich mitimpfen dürfen. Wir würden damit zur Anhebung der Durchimpfungsrate und zum Herdenschutz beitragen“, sagt Strenger.

 

Wissenswertes für die Praxis

  • Nur ein Therapiebeginn innerhalb der ersten zwei Wochen nach Symptombeginn kann den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen.
  • Kinder sollten bereits ab klinischem Verdacht therapiert werden.
  • Die klinische Präsentation ist altersabhängig und nicht immer einfach zuzuordnen. Eine PCR kann bei der der Diagnosestellung hilfreich sein.
  • Die Auffrischungsimpfung soll alle 10 (beziehungsweise 5) Jahre erfolgen – auch nach durchgemachter Pertussisinfektion.
  • Zum Schutz der Säuglinge wird die Pertussisimpfung allen Schwangeren im 2. Trimenon empfohlen – unabhängig vom Abstand zur letzten Impfung mit Pertussiskomponente.