Hausärztliche Medizin ist Teamarbeit

Unabhängig von den Organisationsformen – ob kleine oder große Praxen, ob „Einzelpraxis“ oder Primärversorgungszentrum – können allgemeinmedizinische Ordinationen nur mit einem guten Team den Erfordernissen gerecht werden. Abgesehen von den zunehmenden Aufgaben, die aus dem stationären Bereich an den niedergelassenen Bereich delegiert werden, ist die Zahl der multimorbiden Patient:innen, die im hausärztlichen Bereich betreut werden, in den letzten Jahren entsprechend der Demografie gestiegen. Strukturierte Behandlungskonzepte mit aktiver Einbeziehung der Patient:innen in den Versorgungsprozess haben vermehrt Einzug in den hausärztlichen Alltag gehalten. Zusätzlich fordern uns episodische Befindensänderungen, die Exazerbationen, Komorbiditäten oder zusätzlichen Erkrankungen zugeordnet werden müssen. Gemeinsam mit der notwendigen Beachtung psychischer, sozialer und kultureller Faktoren in einer zunehmend multikulturellen Gesellschaft ist folglich eine beträchtliche Ausweitung der Konsultationszeiten eingetreten.

Nur mit einem interprofessionellen Team mit gutem „Skillmix“, der eine gegenseitige Stützung und Entlastung ermöglicht, sind diese Herausforderungen gut zu bewältigen. Bei dem Begriff „Skillmix“ geht es um eine sinnvolle Durchmischung von ärztlichen und nichtärztlichen Berufen innerhalb eines medizinischen Versorgungsteams, das eine qualitätsvolle Delegation traditionellärztlicher Aufgaben ermöglicht, andererseits aber auch um eine Erweiterung durch ergänzende Leistungen von nichtärztlichen Gesundheitsfachpersonen mit ihren besonderen Kompetenzen. Die umfassende Betreuung in einer hausärztlichen Praxis wird damit um wesentliche Qualifikationen anderer Berufe ergänzt, Kontinuität durch das Angebot vielfältiger Leistungen gestärkt. Klare Verantwortlichkeiten sind wesentlich, um Unsicherheiten im Team zu minimieren und Qualität zu gewährleisten. Die Praxisinhaber:innen sind angehalten, nicht nur „in“ ihren Unternehmen zu arbeiten, was ihrer Ausbildung in erster Linie entspricht, sondern vor allem auch „an“ den Praxisstrukturen bzw. an und mit ihrem Team. In erster Linie zur Diagnostik und Behandlung ausgebildet, müssen sie sich hierzu mit Managementaufgaben auseinandersetzen, damit das Team erfolgreich zum Wohl der Patient:innen und zum Erfolg der Praxis zusammenarbeiten kann. Neben Strukturorganisation erfordert dies bewusste Kommunikation, gegenseitiges Verständnis der spezifischen Arbeitsweisen, Wahrnehmung von Konflikten innerhalb des Teams sowie von Druck und Stressbelastung von außen, regelmäßige Intervision, Reevaluation von Prozessen und laufende Optimierung. Eine gänzliche Delegation dieser Aufgaben an eine Managementperson nimmt Gestaltungsfreiheit und durch Fremdbestimmtheit Freude am Unternehmertum.

Das folgende Interview mit Dr. Sebastian Huter gibt einen Eindruck dieser Arbeit, die Freude macht, wenn sie gelingt, die andererseits aber nicht auf die leichte Schulter genommen werden darf. Ständige Veränderungen sind ein Teil des Optimierungsprozesses in einer Ordination. Sie erfordern Flexibilität und Entscheidungsfreudigkeit, zwei wichtige Bestandteile der allgemeinmedizinischen Denk- und Handlungsweise.

Sie ermöglichen uns auch, kreativ in Organisation und Strukturentwicklung zu sein, um gemeinsam mit dem Team den Arbeitsalltag für alle bereichernd zu gestalten. Ziel ist es, Patient:innen gemeinsam qualitätsvoll zu betreuen – wenn dies gelingt, fällt der Praxisalltag trotz hoher Anforderungen leicht.