Herzrhythmusstörungen: vom harmlosen Herzstolpern bis hin zum plötzlichen Herztod

Die klinische Präsentation von PatientInnen mit Herzrhythmusstörungen kann sehr heterogen sein. PatientInnen können gänzlich asymptomatisch sein. Als Beispiel ist das Vorhofflimmern zu nennen, das jedoch auch asymptomatisch ohne adäquate Therapie ein deutlich erhöhtes Schlaganfallrisiko bedeuten kann. Einer von fünf ischämischen Schlaganfällen wird auf Vorhofflimmern zurückgeführt.
Herzrhythmusstörungen können bei paroxysmal auftretenden selbstlimitierenden supraventrikulären Tachykardien durch PatientInnen sowie behandelnde Ärztinnen und Ärzte als Panikattacke fehlgedeutet werden. Im schlimmsten Fall erfolgt die klinische Erstmanifestation als plötzlicher Herztod im Rahmen von malignen ventrikulären Arrhythmien. Diesem Ereignis gehen jedoch häufig Prodrome voran, die − richtig gedeutet − zu einer entsprechenden Abklärung führen sollten. Hierfür ist insbesondere die Synkope unter Belastung oder im Liegen als Warnzeichen zu nennen.

Vorhofflimmern

Zu den häufigsten klinisch relevanten Herzrhythmusstörungen in der internistischen und allgemeinmedizinischen Ordination ist das Vorhofflimmern zu zählen. Dessen Häufigkeit nimmt mit steigendem Lebensalter deutlich zu.
Diagnostik: Das Lebenszeitrisiko beträgt ca. 30 %. Angesichts des häufig oligosymptomatischen Verlaufes wird von der European Society of Cardiology (ESC) bei PatientInnen über 65 Jahre ein opportunistisches Screening (z. B. im Rahmen des Routineordinationsbesuches) empfohlen. Hingegen sollte bei PatientInnen über 75 Jahre bereits ein systematisches Screening erwogen werden. Diesbezüglich ist angesichts rezenter technischer Fortschritte in den nächsten Jahren mit Neuerungen in der klinischen Praxis zu rechnen – so können Wearables, wie beispielsweise die Apple Watch, den Träger mithilfe kontinuierlichen Monitorings auf mögliches Vorhofflimmern hinweisen und im Anlassfall direkt ein 1-Kanal-EKG ableiten, anhand dessen die behandelnden Ärztinnen und Ärzte eine Diagnose direkt stellen können.
Therapie: In der Therapie des Vorhofflimmerns hat insbesondere die Antikoagulation einen hohen Stellenwert. Die Indikation richtet sich nach dem empirisch ermittelten jährlichen Schlaganfallrisiko, das mithilfe des CHA2DS2-VASc-Scores direkt in der Ordination bestimmt werden kann. Entsprechend aktuellen Empfehlungen sind neue orale Antikoagulanzien Vitamin-K-Antagonisten (unter Beachtung der Kontraindikationen – z. B. mechanische Herzklappen oder Mitralstenose) vorzuziehen.
Die weitere Therapie des Vorhofflimmerns zielt auf Symptomkontrolle ab. Diese kann durch Frequenzkontrolle oder Rhythmuskontrolle erreicht werden. In den letzten Jahren wurden die therapeutischen Möglichkeiten um moderne Katheterablationsverfahren deutlich erweitert.

Paroxysmale supraventrikuläre Tachykardien

Im Gegensatz zum Vorhofflimmern können supraventrikuläre Herzrhythmusstörungen, wie z. B. die AV-Knoten-Reentrytachykardie, bereits häufiger in jungen Jahren auftreten. Die Symptomatik – unter anderem intermittierend auftretendes Herzrasen – wird von PatientInnen nicht selten als Panikattacke fehlgedeutet und daher trotz hohen Leidensdruckes kardiologisch nicht weiter abgeklärt.
Diagnostik: Auch hier hat die korrekte kardiologische Diagnostik – insbesondere die exakte Anamnese sowie nach Möglichkeit eine EKG-Dokumentation – einen hohen Stellenwert. Die EKG-Dokumentation ist je nach Anfallshäufigkeit mithilfe eines Langzeit-EKG bis hin zu externen oder implantierbaren Eventrecordern möglich. Bei hohem klinischem Verdacht kann eine direkte Zuweisung zur elektrophysiologischen Untersuchung indiziert sein.
Therapie: Je nach Art der Rhythmusstörung und des Risikos für maligne Herzrhythmusstörungen wird zwischen einer symptomatischen und einer prognostisch relevanten Therapie (zur Verhinderung des plötzlichen Herztodes) unterschieden. Für letzteren Fall ist z. B. die Katheterablation beim Wolff-Parkinson-White-Syndrom zu nennen. Dieses lässt sich neben episodischen Tachykardien durch eine Präexzitation im Ruhe-EKG im Sinne einer Deltawelle identifizieren.
Angesichts gut etablierter Katheterablationsverfahren mit hohen Erfolgsaussichten ist bei paroxysmalen supraventrikulären Tachykardien im Fall einer Behandlungsindikation meist die Katheterablation einer medikamentösen Therapie vorzuziehen.

Ventrikuläre Herzrhythmusstörungen

Einen weiteren Teilbereich stellen die ventrikulären Herzrhythmusstörungen dar. Diese können sich klinisch durch Palpitationen, durch Synkopen oder im schlimmsten Fall als plötzlicher Herztod durch Kammerflimmern manifestieren.
Eine weiterführende kardiologische Diagnostik ist daher in den meisten Fällen zu empfehlen. Die Prognose wird häufig durch das Vorhandensein einer kardialen Grunderkrankung bestimmt, die jedoch erstmals durch Rhythmusstörungen apparent werden kann. Oft ist daher zur Einschätzung der Prognose neben einer kardiologischen Basisdiagnostik mit strukturierter Anamnese, klinischer Untersuchung, EKG und Echokardiografie eine weitere Abklärung mit Hilfe eines Belastungstests, erweiterter kardialer Bildgebung (Magnetresonanztomografie, Computertomografie oder Positronenemissionstomografie) oder auch invasiver Verfahren (Herzkatheter oder elektrophysiologische Untersuchung) indiziert.
Therapie: Je nach Art der Rhythmusstörung ist bei ansonsten herzgesunden PatientInnen, beispielsweise im Rahmen einzelner ventrikulärer Extrasystolen, eine alleinige Aufklärung über die Harmlosigkeit der Rhythmusstörung als Therapie bereits ausreichend. Bei anhaltend symptomatischen PatientInnen oder im Fall einer hohen Anzahl an ventrikulären Extrasystolen kann jedoch neben einer oralen antiarrhythmischen Therapie die Katheterablation die adäquate Therapie darstellen.
Bei spezifischer kardialer Grunderkrankung, wie z. B. einer ischämischen Kardiomyopathie oder auch bei seltenen Ionenkanalerkrankungen, kann die Implantation eines implantierbaren Kardioverter-Defibrillators (ICD) auch ohne bisher klinisch manifeste Herzrhythmusstörungen pro-gnostisch indiziert sein, um die Gefahr des plötzlichen Herztodes abzuwenden.

Fazit

Zusammenfassend stellen Herzrhythmusstörungen eine heterogene Gruppe an Erkrankungen dar. Bei entsprechendem Verdacht sollte eine Überweisung zur weiteren kardialen Abklärung und Therapie angedacht werden.

Wissenswertes für die Praxis
  • heterogene Symptomatik: von Symptomfreiheit bis zum plötzlichen Herztod (dieser jedoch häufig mit Frühwarnsymptomen)
  • Screening auf VH-Flimmern: bei PatientInnen > 65 Jahre opportunistisch empfohlen, > 75 Jahre systematisch zu erwägen
  • 12-Kanal-EKG-Dokumentation, wenn möglich direkt in der Ordination, anschließende strukturierte kardiologische Abklärung
  • Therapiemöglichkeiten richten sich nach Symptomatik und Prognose − in den letzten Jahren neue Möglichkeiten durch Katheterablationsverfahren

 


Literatur bei den Verfassern