„Jeder Fünfte beim Hausarzt hat Hautprobleme“

Ärzte Woche: Mit welchen Herausforderungen wird die Dermatologie am häufigsten konfrontiert?

Univ.-Prof. Dr. Matthias Schmuth: Mehr als 2.000 Hautkrankheiten sind bekannt, und jeder Mensch erkrankt vermutlich während seines Lebens mehrmals an relevanten Hautkrankheiten. Zum Teil sind es sehr häufige, manchmal auch einfache Erkrankungen, daneben gibt es aber zahlreiche diagnostisch und therapeutisch sehr schwierige sowie eine Reihe von gefährlichen und/oder besonders quälenden Krankheiten, welche die Lebensqualität der Betroffenen massiv einschränken. Weltweit sind mehrere Hauterkrankungen unter den Top 10 all jener Erkrankungen, die eine besondere Einschränkung der Arbeitsfähigkeit und Lebensqualität verursachen. In einer globalen Analyse, der „Global Burden of Disease Study“, wurde aufgezeigt, dass Hautkrankheiten die vierthäufigste Ursache von nichttödlichen Belastungen durch Krankheiten sind. In unseren Breitengraden handelt es sich nicht selten auch um komplexe Hauterkrankungen, zum Beispiel fortgeschrittener Hautkrebs, Autoimmunerkrankungen, Neurodermitis, Psoriasis, Hautinfektionen, Geschlechtskrankheiten und die großen Felder der Wundheilung, Allergien und Arzneimittelunverträglichkeiten, die sich an der Haut manifestieren.

Welche Schwerpunkte sehen Sie als Präsident der Gesellschaft?

Aktuell legen wir besonderes Gewicht auf die Nachwuchsförderung. Es gibt eine spezielle Fortbildungsreihe für Ärzte in Facharztausbildung, das Resident’s Forum. Zur Förderung der Wissenschaft gibt es die Forschungstage zur Vernetzung des wissenschaftlichen Nachwuchses, zusätzlich zahlreiche Preise und Stipendien. Neu ist eine substanzielle Forschungsförderung, die helfen soll, angehenden Medizinern während der Ausbildung Freiräume für hochkarätige Forschung zu geben.

Wie wird Ihrer Meinung nach die Dermatologie in der Bevölkerung wahrgenommen?

Hoffentlich wird die Dermatologie gut wahrgenommen. Auf dem Gebiet der Öffentlichkeitsarbeit haben wir in der vergangenen Zeit vermehrt auf Beiträge über Haut- und Geschlechtskrankheiten in der Tagespresse sowie diversen Magazinen und auch im Radio und Fernsehen gesetzt. Außerdem wurde ein Patientenratgeber erstellt, in dem wichtige Hauterkrankungen für den Laien verständlich erklärt werden. Dieser wird in den Apotheken und unter den Ärzten Österreichs verteilt. Im Entstehen ist zudem eine Informationsbroschüre über die Dermatologie, die an alle Ärzte Österreichs verteilt wird, um die Möglichkeiten und Leistungen unseres Fachgebietes mehr ins Bewusstsein zu bringen.

Wie stehen Sie zu der Problematik, dass Dermatologie nur ein Wahlfach in der Ausbildung zum Allgemeinmediziner ist?

Gerne wird übersehen, wie viele Patienten mit dermatologischen Fragestellungen zum Arzt gehen, das ist circa jeder fünfte Patient in der Allgemeinmedizin. Angesichts der genannten Zahlen ist die Wahlfach-Problematik ein sehr bedauerliches Manko, das der Versorgung der Bevölkerung mit Hautkrankheiten nicht gerecht wird. Um die Leistungen der Dermatologie ins Bewusstsein zu rufen, entwerfen wir die bereits erwähnte Informationsbroschüre für Ärzte anderer Disziplinen.

Wie sieht es mit der Wahrnehmung durch andere Disziplinen aus?

Meiner Erfahrung nach werden die klinische Expertise und die wissenschaftlichen Errungenschaften der Dermatologie anerkannt. Die Faszination unseres Faches liegt seit jeher in seiner Breite sowie in seinen vielfältigen diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten. Die hohe Kunst der Differenzialdiagnose hat in der Dermatologie aufgrund der Sichtbarkeit des Organs eine unmittelbare Bedeutung und wird mit Leidenschaft und Freude an der Morphologie betrieben. Auch der Nachwuchs gibt an, dass ihn diese Vielfalt zur Berufswahl motiviert hat. Dazu gehört auch die Möglichkeit und Notwendigkeit der interdisziplinären Zusammenarbeit, die immer wichtiger wird.

Wie sehen Sie die Zusammenarbeit zwischen Hausärzten undDermatologen?

Hier geht es vor allem um Kommunikation, Zusammenarbeit und Zuweisungsmöglichkeiten. Auch aus diesem Grund entwickeln wir die Informationsbroschüre über die Leistungen der Dermatologie und Venerologie. Die Zusammenarbeit hängt natürlich wesentlich von den Strukturen unseres Gesundheitssystems ab. Ich halte sie für ausgesprochen wichtig. Der Hausarzt ist für die meisten die erste Anlaufstelle, umso bedeutungsvoller ist ein gutes Zusammenspiel von Allgemeinmedizin und Dermatologie und Venerologie.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft der Dermatologie?

Für die Zukunft wünsche ich mir weitere Verbesserungen in der Diagnostik und Therapie von Hauterkrankungen. In den letzten Jahren gab es viel Innovation in der Therapie. Das stimmt positiv, wenn wir die Möglichkeiten gut nützen.