Sowohl bei der AD als auch bei der CPG steht der quälende Juckreiz als Leitsymptom im Vordergrund der Beschwerden. Nicht nur der Schlaf, sondern in weiterer Folge auch die Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit sind beeinträchtigt, was zu einer erheblichen Einschränkung der Lebensqualität führen kann. In vielen Fällen kommt es erst später zur Beeinträchtigung durch die spezifischen Hautveränderungen der AD und CPG selbst.
Beide Erkrankungen sind Ausdruck einer Typ-2-Inflammation, bei der Zytokine wie IL-4, IL-13 und IL-31 eine zentrale Rolle spielen. Ihre Pathophysiologie unterscheidet sich jedoch: Bei der AD besteht eine genetisch bedingte Barrierestörung der Haut. Irritanzien und Allergene können leichter in die Haut eindringen und Immunzellen aktivieren. Dies führt zu einer entzündlichen Reaktion und einem Teufelskreis aus Jucken, Kratzen und weiterer Entzündung der Haut mit den typischen atopischen Ekzemen.
Bei der CPG steht am Anfang der massive Juckreiz aufgrund unterschiedlicher Ursachen. Durch das Kratzen entsteht ebenfalls eine Barrierestörung bzw. Irritation der Haut, wodurch Entzündungsmediatoren freigesetzt werden, die wiederum die Typ-2-Inflammation aktivieren. So entsteht ein eigenständiges Krankheitsbild mit pruriginösen Papeln, Knoten, Plaques, Ulzerationen und/oder linearen Hautveränderungen.
Die AD ist mit einer Prävalenz von bis zu 10 % bei Erwachsenen bzw. bis zu 20 % bei Kindern eine der häufigsten chronisch entzündlichen Hauterkrankungen. Sie weist unterschiedliche klinische Manifestationen und altersspezifische Ausprägungen auf. Bei Säuglingen und Kindern unter 2 Jahren beobachtet man häufig nässende Ekzeme, vorwiegend im Gesichts- und Kopfbereich („Milchschorf“), an den Streckseiten der Extremitäten sowie am Stamm. Bei Kindern über 2 Jahre, Jugendlichen und Erwachsenen finden sich die typischen beugenbetonten, eher schuppenden Ekzeme, die bei längerer Bestandsdauer zu einer Hautvergröberung (Lichenifikation) führen.
Bei leichter Ausprägung treten die Symptome oft nur vorübergehend auf und können spontan abklingen. Bei Patient:innen mit mittelschwerer bis schwerer AD kommt es jedoch nur selten ohne Behandlung zu einer vollständigen Abheilung. Die meisten Kinder mit früh einsetzender AD werden bis zum späten Kindesalter symptomfrei, bei einem Teil der Betroffenen persistiert die Erkrankung jedoch bis ins Jugend- oder Erwachsenenalter oder tritt nach einer Phase (weitgehender) Erscheinungsfreiheit im Erwachsenenalter wieder auf. In seltenen Fällen kann sich die AD auch erstmals im Erwachsenenalter manifestieren („late-onset AD“), wobei sich hier die Ekzeme häufig im Kopf-Hals-Bereich („head-and-neck dermatitis“) und an den Händen (Handekzeme) entwickeln.
Bei nicht ausreichendem Ansprechen unter regelmäßiger rückfettender Hautpflege, topischen Glukokortikosteroiden oder Calcineurininhibitoren sowie UV-Lichttherapie stehen heute Systemtherapien zur Verfügung, die einen oder mehrere Botenstoffe (Interleukine, IL) hemmen. Dazu zählen Dupilumab (IL-4Ra-Blockade; hemmt IL-4 und IL-13), Lebrikizumab und Tralokinumab (IL-13-Blockade) sowie orale Januskinase-(JAK-)Inhibitoren (Abrocitinib, Baricitinib, Upadacitinib). Anfang dieses Jahres wurde auch Nemolizumab zugelassen, ein IL-31Ra-Antikörper, der gezielt das „Juckreiz-Zytokin“ IL-31 blockiert.
Die CPG ist in unseren Breiten mit einer Prävalenz von bis zu 0,19 % deutlich seltener als die AD. Dennoch bedeutet das, dass es in Österreich wahrscheinlich bis zu etwa 18.000 Betroffene gibt. Der Überbegriff „chronische Prurigo“ umfasst 5 verschiedene klinische Typen (papulöser, nodulärer, Plaque-, ulzerös-genabelter und linearer Typ), die auch gleichzeitig bei einer Person auftreten können. In der Praxis beobachtet man den nodulären Typ (chronisch noduläre Prurigo, CNPG) am häufigsten – oft weiterhin auch als Prurigo nodularis (PN) bezeichnet.
Der CPG können eine Vielzahl von dermatologischen, internistischen, neurologischen, psychosomatischen oder unbekannten Ursachen zugrunde liegen. Sie betrifft überwiegend Menschen über 50 Jahre, häufiger Frauen, und geht durch den Juckreiz und die resultierenden aufgekratzten Hautveränderungen oft mit erheblichen Schlafstörungen, psychischen Belastungen und sozialer Isolation einher. Lange Zeit standen lediglich Off-Label-Therapien zur Verfügung. Mit der Zulassung von Dupilumab (Dezember 2022) und zuletzt von Nemolizumab (Februar 2025) eröffnen sich nun erstmals gezielte zugelassene Behandlungsmöglichkeiten.
Die Blockade der zentralen TH2-Zytokine IL-4, IL-13 und IL-31 stellt derzeit den wirksamsten Therapieansatz bei AD und CPG dar. Neue Erkenntnisse in der Pathophysiologie beider Erkrankungen eröffnen den Weg zu weiteren neuartigen therapeutischen Angriffspunkten. So wird aktuell sowohl bei AD als auch bei CPG an der Universitätshautklinik Graz ein innovativer Therapieansatz mit dem OX40-Rezeptor-Antagonisten Rocatinlimab erprobt, der vielversprechende Ergebnisse hinsichtlich Hautveränderungen und Juckreiz zeigt.
In der Pipeline für AD und CPG befinden sich zudem topische JAK-Inhibitoren in Cremeform, wie Ruxolitinib und Delgocitinib. Auch orale JAK-Inhibitoren in Tablettenform werden in Studien bei der CPG eingesetzt. Derzeit wird an der Universitätshautklinik Graz eine klinische Studie zur Wirksamkeit und Sicherheit des oralen, „selektiven“ JAK-1-Inhibitors Povorcitinib bei Patient:innen mit CNPG/PN durchgeführt, und Betroffene mit CPG sind herzlich eingeladen, daran teilzunehmen. Da es zurzeit noch keinen zugelassenen JAK-Inhibitor für die Behandlung der CPG gibt, fällt die Anwendung dieser Medikamentengruppe außerhalb von Studien bei der Indikation CPG unter Off-Label Use.