Leberzirrhose – eine Multisystemerkrankung der Darm-Leber-Achse

Die Leberzirrhose ist die „gemeinsame Endstrecke“ aller chronischen Lebererkrankungen. Alkohol, das metabolische Syndrom und chronische Virushepatitiden sind die häufigsten Ursachen. Die Leberzirrhose führt nicht nur zu einer Funktionseinschränkung der Leber selbst (z. B. verminderte Produktion von Gerinnungsfaktoren und anderen Proteinen, verminderte Detoxifikation), sondern auch zu Veränderungen an anderen Organen. Die Leberzirrhose schädigt das Darmmikrobiom und die Darmbarriere und führt dadurch zu einer vermehrten Translokation von bakteriellen Produkten und Metaboliten über den Portalkreislauf in die Leber und darüber hinaus in den gesamten Organismus (Darm-Leber-Achse). Die Veränderung des Darmmikrobioms und der Darmbarriere ist ursächlich an Komplikationen der Leberzirrhose beteiligt.

Hepatische Enzephalopathie (HE)

Unter HE versteht man potenziell reversible neuropsychiatrische Anomalitäten bei Patienten mit bekannter Leberfunktionsstörung, bei denen andere zugrundeliegende neurologische oder metabolische Erkrankungen ausgeschlossen wurden.
Die Diagnose erfolgt klinisch, die Messung von Serum-Ammoniak gibt einen zusätzlichen diagnostischen Hinweis. Die derzeit in den Leitlinien empfohlenen spezifischen Therapien sind bei der episodischen HE ein Präbiotikum (Lactulose), ein Antibiotikum (Rifaximin) beziehungsweise ein Komplex aus den Aminosäuren Ornithin und Aspartat (L-Ornithin-L-Aspertat). Die Tabelle fasst die Therapiemöglichkeiten der HE zusammen.
Leberzirrhose und insbesondere das Vorliegen einer hepatischen Enzephalopathie sind mit Veränderungen der Zusammensetzung des Darmmikrobioms assoziiert.

 

 

Typische Veränderungen sind eine im Vergleich zu lebergesunden Menschen reduzierte Diversität des Darmmikrobioms, ein Mangel an kommensalen Bakterien und eine Zunahme an potenziell pathogenen Keimen. Daher sind Therapien, die auf die Verbesserung der Mikrobiomzusammensetzung abzielen, vielversprechend. Erste Erfolge konnten mit Stuhltransplantation oder der Verwendung von Probiotika erzielt werden.

Sarkopenie

Mehr als die Hälfte der Patient*innen mit Leberzirrhose leidet an Sarkopenie – einem Muskelschwund, der mit dem Verlust der Muskelkraft und mit körperlicher Schwäche einhergeht. Sarkopenie verschlechtert die Prognose und die Lebensqualität von Menschen mit Leberzirrhose. Es ist noch unklar, warum so viele Menschen mit Leberzirrhose eine Sarkopenie entwickeln. Patienten mit Leberzirrhose sollten daher aktiv auf das Vorliegen einer Sarkopenie untersucht werden.
Die Diagnose ist aktuell sehr arbeitsintensiv und wird daher selten routinemäßig durchgeführt. Sie besteht aus der Messung der Muskelmasse (z. B. mit bioelektrischer Impedanz oder Computertomografie/Magnetresonanzuntersuchung), Muskelkraft (z. B. Handkraftstärke) und Muskelfunktion (z. B. Gehgeschwindigkeit). Eine einfachere Diagnostik ist daher ein wünschenswertes Forschungsziel. Ernährungsmanagement und körperliche Aktivität verbessern die Sarkopenie, können sie aber in vielen Fällen nicht vollständig rückgängig machen. Eine spezifische medikamentöse Therapie der Sarkopenie bei Leberzirrhose gibt es aktuell noch nicht. Die Rolle des Darmmikrobioms bei der Entstehung der Sarkopenie ist noch weitgehend unerforscht und Gegenstand eines vom Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) geförderten Forschungsprojektes an der MedUni Graz.

Fazit

Bei hepatischer Enzephalopathie und Sarkopenie im Rahmen einer Leberzirrhose spielt das Darmmikrobiom eine bedeutende Rolle.