Red Flags bei Belastungsdyspnoe

Die folgenden 3 kardiologischen Erkrankungen unterschiedlicher Prävalenz präsentieren sich alle mit dem Leitsymptom „Belastungsdyspnoe und -intoleranz“ sowie unspezifischer Begleitsymptomatik und erfordern zur Diagnostik häufig Spezialuntersuchungen und Expertise. Obwohl dafür lebensqualitäts- und prognoseverbessernde Therapeutika existieren, bleiben sie oft unterdiagnostiziert. Dieser Artikel soll anhand deren Red Flags mehr Awareness bereits im frühen Patientenkontakt im niedergelassenen Bereich schaffen und somit helfen, eine Verdachtsdiagnose zu stellen.

Herzinsuffizienz mit erhaltener Pumpfunktion (HFpEF)

Mehr als die Hälfte aller Herzinsuffizienzen (HI) zeigt eine erhaltene linksventrikuläre Pumpfunktion. Bei klassischen Herzinsuffizienzzeichen trotz erhaltener Pumpfunktion im Echokardiogramm, vor allem in Kombination mit folgenden Red Flags, muss an eine HFpEF gedacht werden:

  • Anamnese: höheres Lebensalter (> 60 Jahre), weibliches Geschlecht, arterielle Hypertonie (häufig ≥ 2 Antihypertensiva), Vorhofflimmern, Adipositas, hohe Komorbiditätslast
  • Labor: erhöhte natriuretische Peptide
  • Echokardiografie: Ejektionsfraktion ≥50%, normal dimensionierte bis hypertrophierte linke Herzkammer, Vorhofvergrößerung, diastolische Dysfunktion (z. B. E/E’ > 9 als Hinweis auf erhöhte Füllungsdrücke), pulmonale Hypertonie.

Tipp: Anhand einer Auswahl von 6 obenstehenden Red Flags kann mittels des H2FpEF-Scores die Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer HFpEF bei unerklärter Dyspnoe berechnet werden.

Kardiale Transthyretin-Amyloidose (ATTR-CM, Fokus: Wildtyp-Form)

Durch Ablagerung fehlgefalteter und pathogener Transthyretin-Proteine kommt es zur Organdysfunktion. Je nach Pathophysiologie wird zwischen einer Wildtyp-Form (ATTRwt) mit spontaner Fehlfaltung im höheren Lebensalter und einer hereditären Form (ATTRv) mit autosomal-dominantem Erbgang unterschieden.

Die ATTRwt führt durch primär kardiale Ablagerung zur Kardiomyopathie, die sich häufig mit typischen Symptomen und Zeichen der HI präsentiert. Die Red Flags sind:

  • Anamnese: (bilaterales) Karpaltunnelsyndrom, lumbale Spinalkanalstenose, Bizepssehnenruptur, Polyneuropathie, autonome Dysfunktion
  • HI-Therapie-Unverträglichkeit wegen Hypotonieneigung (ACE-Hemmer, ARB, Betablocker) – beachte: vgl. HFpEF ≥ 2 Antihypertensiva
  • Labor: im Vergleich zur Klinik unüblich hohe natriuretische Peptide bzw. chronisch elevierte Troponin-Werte
  • EKG: Fehlen von Hypertrophiezeichen, Vorhofflimmern und andere Reizleitungsstörungen bis hin zur Schrittmacherabhängigkeit
  • Echokardiografie: linksventrikuläre Hypertrophie (oft > 15 mm), erhaltene Pumpfunktion, („low flow“, „low gradient“) Aortenklappenstenose, „apical sparing“ im Strain Imaging

Wichtig: Differenzialdiagnose ist die AL-Amyloidose (systemische Zeichen wie Niereninsuffizienz, Hepatomegalie, Makroglossie, periorbitale Einblutungen). Eine rasche Zuweisung in ein spezialisiertes Zentrum ist wichtig, da die Erkrankung rasch progredient verläuft.

Präkapilläre pulmonale Hypertonie (Gruppe 1 PAH, Gruppe 4 CTEPH)

Die pulmonale Hypertonie (PH) ist durch einen mittleren pulmonalarteriellen Druck > 20 mmHg in Ruhe definiert. Je nach Ätiologie wird sie in 5 Gruppen eingeteilt: Gruppe 1 umfasst die pulmonalarterielle Hypertonie (PAH), Gruppe 2 die PH assoziiert mit Linksherzerkrankungen (z. B. HFpEF), Gruppe 3 die PH assoziiert mit Lungenerkrankungen und/oder Hypoxie (z. B. COPD), Gruppe 4 die PH assoziiert mit pulmonalarterieller Obstruktion (z. B. chronisch thromboembolische pulmonale Hypertonie [CTEPH]) und Gruppe 5 die PH mit unklaren und/oder multifaktoriellen Ursachen.

Die Diagnose und Differenzierung erfordert eine Rechtsherzkatheteruntersuchung. Eine Abschätzung der Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer PH gelingt jedoch bereits mithilfe der Echokardiografie. Für die PAH und die CTEPH gibt es spezifische Therapien, sie werden jedoch häufig erst spät oder nicht diagnostiziert. Red Flags der präkapillären PH neben den typischen Symptomen und Zeichen der HI sind:

  • Anamnese: (Prä-)Synkopen, Schwindel/Angina Pectoris bei Belastung, Fatigue
  • Elektrokardiogramm: Rechtstyp, Rechtsschenkelblock, p-pulmonale, SIQIII-Typ, negative T-Wellen in V1–V4
  • Labor: erhöhte natriuretische Peptide, können jedoch vor allem bei jungen Patient:innen auch im Normbereich liegen.
  • Echokardiografie: erhöhte Trikuspidalregurgitationsgeschwindigkeit, v.a. in Kombination mit anderen PH-Zeichen wie Abflachung des interventrikulären Septums, dilatierter V. cava inferior mit vermindertem inspiratorischem Kollaps, verkürzter Akzelerationszeit im rechtsventrikulären Ausflusstrakt, reduzierte Rechtsventrikelfunktion

Spezifisch für die PAH bzw. CTEPH sind:

  • PAH: Kollagenosen (v.a. systemische Sklerose, Lupus), angeborene Herzfehler, portale Hypertension, HIV, Appetitzügler.
  • CTEPH: persistierende Dyspnoe nach Pulmonalembolie, chronisch venöse Insuffizienz, Thrombophilie, Zustand nach Splenektomie, infizierte Schrittmachersonden/ventrikuloatriale Shunts zur Therapie des Hydrozephalus

Fazit

Bei unklarer Belastungsdyspnoe und -intoleranz sollte stets auf Red Flags geachtet werden. HFpEF, ATTR-CM und PAH/CTEPH sind beispielhafte Erkrankungen, die im Frühstadium leicht übersehen werden können, jedoch schon früh im Patientenkontakt Hinweise hinterlassen.

Das frühe Stellen einer Verdachtsdiagnose und die kardiologische Zuweisung sind bei Vorhandensein gezielter, prognose- und lebensqualitätsverbessernder Therapien essenziell.