Skabies – auch in Europa am Vormarsch!

Der Anstieg wird auf die Globalisierung allgemein, aber auch auf Immigration zurückgeführt. Prinzipiell steigt die Gefahr der Ausbreitung dort, wo viele Menschen auf engem Raum zusammenleben. Regelmäßig wird über Ausbrüche in Schulen und Pflegeheimen berichtet. Es gibt keine belegten Zahlen dazu, auch deshalb, weil Skabies nicht meldepflichtig ist.
Die Parasitose ist seit mehr als 2.500 Jahren bekannt und wird durch die menschenspezifische Milbe Sarcoptes scabiei verursacht.

Weltweit sind etwa 200–300 Millionen Menschen von der leicht übertragbaren und stigmatisierenden Hauterkrankung befallen, die in zyklischen Intervallen von 15–30 Jahren gehäuft auftritt. Asien, Mittelamerika und Sub-Sahara-Afrika sind die am stärksten betroffenen Regionen, besonders die tropischen Regionen mit Überbevölkerung und Armut (bis zu 67 % Prävalenz). Vorwiegend sind Kinder und Jugendliche betroffen, eine effiziente Behandlung gibt es dort oft nicht.
Skabies wird von der WHO seit 2017 als „Neglected Tropical Disease“ (NTG) gelistet, mit dringendem Handlungsbedarf und einem Aktionsplan zur Eliminierung bis zum Jahr 2030. Massenbehandlungen haben sich in Studien als effektiv erwiesen und sind in Ausbruchregionen in Planung.

Häufig kommt es im Verlauf der Erkrankung zu bakteriellen Superinfektionen mit Staphylokokken oder Streptokokken und auch zu systemischen Folgeerkrankungen.

Leitsymptom: nächtlicher Juckreiz

Bei Bestehen juckender geröteter Papeln und Bläschen ist es wichtig, die Hände, insbesondere die Interdigitalräume, genau zu betrachten. Finden sich hier gangartige Strukturen, ist eine Skabies wahrscheinlich. Weitere Prädilektionsstellen sind Achseln, Brustwarzen, Nabel, Gesäß sowie die Genitalregion (vor allem bei Männern). Bei Kleinkindern und Babys kann auch das Gesicht betroffen sein. Ganz typisch ist sehr starker Juckreiz, ganz besonders nachts im Bett. Die Gänge werden durch die weiblichen Milben selbst, der Juckreiz und das oft generalisierte Ekzem durch eine allergische Reaktion gegen Bestandteile der Milben verursacht. In einem immunkompetenten Menschen leben ungefähr 8–20 Milben im Stratum corneum der Haut. Differenzialdiagnostisch kommen vorwiegend Neurodermitis und andere Ekzeme in Betracht.

Wie stellt man die Diagnose am einfachsten?

Bei der Erstdiagnose genügt meist die typische Klinik von neu aufgetretenen gang- oder kommaförmigen Strukturen an Prädilektionsstellen! Ein Dermatoskop ist hilfreich. Besonders bei unsicherer Diagnose, Kontrolluntersuchungen nach Therapie und fraglichem Therapieversagen ist eine instrumentelle Diagnostik unabdingbar.
Sehr hilfreich ist dabei auch eine USB-Kamera, die, auf die Haut aufgesetzt, mit bis zu 200-facher Vergrößerung sogar die Unterscheidung lebender und toter Milben ermöglicht. Eier und Skybala sind damit genauso gut zu sehen wie im Hautgeschabsel unter dem Mikroskop.

Anamnestisch erhobener Kontakt mit nachweislich oder wahrscheinlich infestierten Personen macht die Diagnose wahrscheinlicher.

Eine besondere Form

Skabies crustosa (norvegica) kann bei allen Formen der Immunsuppression (zum Beispiel HIV, medikamentös induziert, alte pflegebedürftige Patienten …) auftreten. Hier finden sich dicke krustige und stark schuppende Läsionen am gesamten Integument, die Millionen von Milben enthalten können. Scabies crustosa wird häufig spät erkannt, ist aber hochkontagiös und kann deshalb auch zu weitläufigen Ausbrüchen in Altenheimen und auf Pflegestationen führen.

Erfolgversprechende Therapie

Die Lokaltherapie mit 5 % Permethrin-Creme an 2 aufeinander folgenden Tagen ist Mittel der Wahl in jedem Alter. Eine weitere Behandlung nach 8–10 Tagen ist sehr empfehlenswert. Bei Problemfällen, zum Beispiel bei Immunsuppression, bei wiederholt Betroffenen sowie bei alten und pflegebedürftigen Patienten soll die Lokaltherapie mit einer Systemtherapie von Ivermectin (0,2 mg/kg KG, zweimal im Abstand von 8–10 Tagen) kombiniert werden. In Österreich ist Ivermectin bisher nicht registriert, so dass das Medikament unter dem Handelsnamen Stromectol® oder Scabioral® aus dem Ausland bestellt werden muss.

Begleitmaßnahmen

Weil die Inkubationszeit bei Neuinfektion 3–6 Wochen dauert, ist die wichtigste Begleitmaßnahme die gleichzeitige Si-cherheitsbehandlung aller im selben Haushalt lebenden und aller sonstigen engen Kontaktpersonen mit Permethrin-Creme. Die Sanierung der Wäsche ist unerlässlich!
Unbedingt muss man auch den Juckreiz und die Ekzeme symptomatisch (Antihistaminika, Steroide) behandeln und den Patienten mitteilen, dass der Juckreiz noch Tage bis Wochen nach erfolgreicher Therapie der Skabies anhalten kann, weil es sonst häufig zu einem Arztwechsel, aber auch zu Ungereimtheiten unter den behandelnden Ärzte kommen kann!
Schädlingsbefall bedeutet eine starke psychische Belastung für die Betroffenen. Fälschlicherweise wird ein solcher immer wieder mit mangelnder Sauberkeit in Verbindung gebracht und sorgt für Stigmatisierung, er kommt aber in den besten Familien vor.
Sehr hilfreich ist es, den Patienten ein Informationsblatt mitzugeben (siehe Kasten). Nur der unaufgeregte sachliche Umgang mit dieser Erkrankung, die frühe Diagnosestellung und ehestmögliche fachkundige Therapie sind zielführend.

 

Informationsblatt für Patienten

In mehreren Sprachen downloadbar: http://www.setzer-verlag.com/epages/79584208.sf/de_DE/?ObjectPath=/Shops/79584208/Products/12

Weiterführende Informationen:

  • Leitlinie der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) zu Skabies
  • International Alliance of scabies control (IACS) www.controlscabies.org