Zystische Fibrose ursächlich behandeln

Seit der Erstbeschreibung der zystischen Fibrose (CF) im Jahre 1936 durch Guido Fanconi hat sich bezüglich der Betreuung, der Therapiemöglichkeiten, der Lebensqualität und der Lebenserwartung der Betroffenen ein enormer Fortschritt gezeigt. Die prognostizierte mediane Lebenserwartung jener Kinder mit CF, die nach dem Jahr 2000 geboren wurden, hat schon das 50. Lebensjahr erreicht, und sehr häufig kann dieser mediane Wert deutlich überschritten werden. Die markanten Sprünge der Verbesserung der Lebensqualität und -erwartung waren durch die Einführung der Pankreasenzymersatztherapie, das Paradigma der hochkalorischen Ernährung, den frühen Therapiebeginn durch das Neugeborenen­-Screening, die Therapie mit DNase und die Schemata der inhalativen Antibiotikatherapie zur Suppression bei chronisch Pseudomonas-aeruginosa-besiedelten Patienten möglich.

Kausale Therapie: Steigerung des Chloridtransportes

Die Betreuung in Zentren mit multiprofessionellen Teams gilt als Voraussetzung, um die Betreuungs- und Therapiekonzepte altersadäquat umsetzen zu können. Die Therapie ist extrem belastend und zeitaufwendig. Erfreulicherweise sind seit 2012 neben der symptomatischen Therapiekonzepte auch Möglichkeiten einer kausalen Therapie zugelassen. Diese kausal wirksamen Medikamente bewirken eine Steigerung des Chloridtransportes beim CFTR-Protein („cystic fibrosis transmembrane conductance regulator protein“), das bei CF nicht genügend gebildet wird oder nicht/zu gering funktioniert. Eingeteilt werden die sogenannten „Modulatoren“ in Potenziatoren (Aktivierung des CFTR-Proteins) und Korrektoren (Verbesserung der Struktur des CFTR­-Proteins). Die CFTR-Modulatoren können je nach Mutation und Defekt des Proteins eingesetzt werden:

Gating-Mutationen: Das klinisch eindrucksvollste Beispiel ist die Therapie mit dem Potenziator Ivacaftor (Kalydeco®) bei Gating-Mutationen. Hier kann die Aktivität des CFTR-Moleküls um 35–40 % gesteigert werden, was eine enorme Verbesserung aller klinischen Parameter (wie Lungenfunktion, Gewichtszunahme, verminderte Exazerbationen und verbesserte Lebensqualität) zur Folge hat. Die Zulassungsstudie von Ramsey et al. aus dem Jahr 20111 wurde mittlerweile durch Studien in Altersstufen bis zum Säuglingsalter erweitert, sodass Ivacaftor bereits ab dem 6. Lebensmonat zugelassen ist2–4 und eine deutliche klinische Verbesserung im Real-Life-Setting zeigt. Der einzige Wermutstropfen ist, dass die Hauptmutation der Gating-Mutationen G551D („irische Mutation“) in Mitteleuropa nur bei 2–3 % der Patienten vorkommt.

Die Homozygote-F508del-Mutation betrifft 50 % der österreichischen Patienten und ist damit die bei uns am häufigsten vorkommende Mutation. Da bei dieser Mutation das CFTR-Molekül so schlecht gebildet wird, dass es die interne Zellkontrolle im Golgi-Apparat nicht übersteht und entsorgt wird, ist eine kombinierte Therapie mit einem Korrektor und einem Potenziator erforderlich. Mit dieser Kombinationstherapie – Lumacaftor plus Ivacaftor (Orkambi®) – kann die CFTR-Aktivität auf 25 % gesteigert werden. Lumacaftor plus Ivacaftor ist ab dem zweiten Lebensjahr zugelassen und bewirkt eine Verbesserung der Lungenfunktion um 3–4 %, aber vor allem eine signifikante Reduktion der pulmonalen Exazerbationen. Im Zweijahresverlauf zeigt sich eine signifikante Verbesserung der Lungenfunktion gegenüber nicht mit Modulatoren behandelten Patienten. Auch im Real-Life-Setting finden diese Stabilisierung und die deutlich verminderten Exazerbationen in allen Altersstufen Bestätigung.5–8

Neben- und Wechselwirkungen: Bezüglich eventueller Nebenwirkung mit Dyspnoe bei Therapieeinstellung und erhöhten Leberfunktionsparametern sowie Interaktion mit allen CYP3A-metabolisierenden Medikamenten ist der Einsatz bei einer Erkrankung wie CF mit den multimodalen Therapienotwendigkeiten nicht immer leicht. So muss bei Therapien mit Makroliden, Antimykotika, Antidepressiva, Rifampicin, aber auch mit Ovulationshemmern diese Interaktion genau beachtet und die Therapie mit dem Modulator eventuell abgesetzt werden.

F508del/Residual-Function-Mutationen: Diese Interaktionen und die Nebenwirkungen Dyspnoe und Leberbeeinträchtigung sind mit dem Korrektor der zweiten Generation Tezacaftor, der ähnliche Ergebnisse wie Lumacaftor zeigt und ab dem zwölften Lebensjahr zugelassen ist, deutlich vermindert, sodass nun dieses Medikament als Tezacaftor plus Ivacaftor (Symkevi® + Kalydeco®) seit 2018 für F508del-homozygot, aber auch für die „compound“-heterozygoten Mutationen F508del/Residual-Function zur Verfügung steht.9, 10

Das Triple-Kombination-Regime …

Um die Ergebnisse für F508del-homozygote Patienten zu verbessern sowie auch eine Therapieoption mit Modulatoren für Mutationen, die bisher nicht profitieren konnten, zu erreichen, wurden mehrere Korrektoren getestet, und letztendlich wurde im ,,Triple-Kombination-Regime“ die Substanz Elexacaftor, ein zusätzlicher Korrektor mit sehr erfreulichen Daten, als „Add-on“ ausgewählt. Die Aktivierung des CFTR-Proteins beträgt 40 % und zeigt somit eine ähnlich erfreuliche Verbesserung wie Ivacaftor bei den Gating-Mutationen. Ende Oktober 2019 wurde diese Dreifachkombination aus den beiden Korrektoren Tezacaftor und Elexacaftor sowie dem Potenziator Ivacaftor bereits von der FDA zugelassen (Trikafta®). Im August 2020 erfolgte schließlich die Zulassung durch die EMA (Kaftrio®).11
Die Ergebnisse dieser „Triple-Studie“12 zeigten für Patienten mit einer F508del-­ und einer Minimal-Function-Mutation unter der Dreifachkombination Elexacaftor + Tezacaftor + Ivacaftor versus Placebo eine signifikante Verbesserung der Lungenfunktion (um 13,8 % nach 4 und um 14,3 % nach 24 Wochen). Zusätzlich kam es zu einer signifikanten Reduktion der pulmonalen Exazerbation gegenüber Placebo um 63 % im Studienzeitraum von 24 Wochen. Der CF-QoL (Quality-of-Life-Fragebogen) und die Gewichtsentwicklung waren ebenfalls deutlich verbessert. Die Nebenwirkungsrate in der Therapie­ und der Placebogruppe weist keinen Unterschied auf; Nebenwirkungen zeigten sich vor allem als die krankheitsbedingten pulmonalen Exazerbationen.13 An die placebokontrollierte Studie wurde eine zweijährige Open-Label-Studie angeschlossen, die noch im Laufen ist; Ergebnisse werden in einem Jahr erwartet. Klinisch können die Studienteilnehmer eine deutliche Verbesserung aller Parameter bestätigen. Die Ergebnisse werden in der internationalen Presse als „Miracle“ und „Game Changer“ bezeichnet.

… bringt kausale Therapieoption für Großteil der Patienten

Diese Ergebnisse sind eine große Hoffnung für viele Patienten, aber auch für Betreuer. In Summe kommt damit in Österreich für circa 85 % aller Mutationen eine Modulatoren-Therapie und somit ein kausaler Therapieansatz in Frage. Nicht zu vergessen ist, dass alle diese Studien unter Beibehaltung der symptomatischen CF-Therapie durchgeführt wurden, das bedeutet, dass alle erwähnten symptomatischen Therapien weiter erfolgen müssen. Zusätzlich ist das strenge Regime der Einnahme der Korrektoren und Potenziatoren, nämlich alle zwölf Stunden mit einer fettreichen Mahlzeit, inklusive Verdauungsenzyme, für manche Patienten eine große Herausforderung. Nach wie vor verbleibt eine Patientengruppe von 15 %, die mit den derzeit untersuchten Modulatoren aufgrund ihrer Mutation keinen Therapieeffekt aufweisen. Für dieses Patientenkollektiv ist zu hoffen, dass bald ähnliche Substanzen als kausale Therapie gefunden werden. Die Patienten selbst spüren die Verbesserung bereits in der ersten Therapiewoche, Sätze wie „Ich fühle mich einfach fit, bin weniger verschleimt, und die Verdauung klappt besser“ sind keine Seltenheit.