Alter als Chance für Apotheken

„Die Bevölkerung wird immer älter. Dadurch steht unser Sozialsystem vor großen Herausforderungen, für die es rechtzeitig vorzusorgen gilt. Wir benötigen ein System, das zukunftsfit und nachhaltig gestaltet ist“, sagt Mag. Beate Hartinger-Klein, Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz zum Thema Pflege. Einerseits müsse man Präventionsmaßnahmen setzen, um den Menschen möglichst lange ein Leben ohne gesundheitliche Einschränkungen zu ermöglichen und „andererseits soll – sobald Pflegebedürftigkeit gegeben ist – auch eine qualitativ hochwertige Betreuung zur Verfügung stehen. Eben hier müssen wir nun ansetzen und geeignete Maßnahmen zur Umsetzung ergreifen“.

Schon jetzt wird der Großteil der pflegebedürftigen Menschen – rund 80 % – zu Hause betreut. Eine nachhaltige Qualitätssteigerung im Bereich der 24-Stunden-Betreuung sei daher einer der wichtigsten Ansätze im Bereich der Pflege. Das Festlegen von Qualitätskriterien in Form einer verpflichtenden Qualitätskontrolle der Betreuungsleistungen durch Hausbesuche von diplomierten Pflegepersonen bei den betroffenen Menschen sei eine Maßnahme zur Qualitätssteigerung. „In diesem Zusammenhang wird gegenwärtig in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort sowie der Wirtschaftskammer Österreich ein bundesweit einheit­liches, transparentes Gütesiegel für Vermittlungsagenturen erarbeitet.“

Neben den mobilen Diensten seien es insbesondere die pflegenden Angehörigen, die den Löwenanteil bei der Betreuung in den Familien gewährleisten. Hartinger-Klein: „Die weitere Stärkung der Pflege zu Hause durch Angehörige ist unverzichtbar. Aus diesem Grund läuft gegenwärtig eine Studie zur Situation pflegender Angehöriger.“ Von der Untersuchung erwarte sie sich Auskunft über die tatsächliche Anzahl pflegender Angehöriger in Österreich und ein aktuelles Bild der Lebenssituation sowie einen tiefgehenden Einblick in die Betroffenenperspektive pflegender Angehöriger und ihre Gestaltung des Alltags und Organisation der Pflege.

Da das Risiko für Multimorbidität vor allem im höheren Lebensalter steige, sei diese Personengruppe auch besonders häufig von Arzneimittelwechselwirkungen durch die gleichzeitige Einnahme mehrerer Medikamente betroffen. „Polymedikation ist ein Thema, das immer mehr an Bedeutung gewinnt. Dies geschieht insbesondere, weil sich zum einen aufgrund des wissenschaftlichen Fortschrittes der Arzneischatz vergrößert, und zum anderen, weil mit der steigenden Lebenserwartung die Wahrscheinlichkeit der Polymorbidität steigt“, sagt die Ministerin im Apotheker Krone-Gespräch. Weiters sei zu beachten, dass unter diesen Voraussetzungen vermehrt Fachärzte verschiedener Fachrichtungen in Anspruch genommen werden, die dann jeweils die aus ihrem Blickwinkel notwendigen Arzneimittel verschreiben. „Es ist daher zu beobachten, dass die Anzahl der arzneilichen Wirkstoffe, die einem einzelnen Patienten verordnet werden, tendenziell steigt.“

Um den verschreibenden Ärzten und den abgebenden Apothekern einen möglichst vollständigen Überblick über die Gesamtmedikation eines Patienten zu verschaffen, werde derzeit die E-Medikation eingeführt. „Die besondere Positionierung der Apothekerschaft in diesem System beruht auf ihrer Schnittstellenfunktion zum Patienten bei der Abgabe von Arzneimitteln. Dabei sollen die Tools der E-Medikation mögliche Wechselwirkungen unmittelbar anzeigen und den Apotheker dazu veranlassen, die Patienten aufzufordern, mit dem verschreibenden Arzt die Medikation zu optimieren, oder – falls erforderlich – direkt mit dem verschreibenden Arzt in Kontakt zu treten.“

Eine besondere Bedeutung komme hier auch der beratenden Funktion der Apotheker zu. Die Beratung zur richtigen Einnahme, zu möglichen Nebenwirkungen und/oder Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten sei im Sinne der Patientensicherheit sehr wichtig, betont die Ministerin. „Darunter fallen nicht nur rezeptpflichtige, sondern auch rezeptfreie Arzneimittel. Arzneimittel müssen zwar, um rezeptfrei abgegeben werden zu dürfen, besondere Kriterien – insbesondere hinsichtlich möglichst geringer Nebenwirkungen – erfüllen, dies bedeutet aber nicht zwingend, dass sie nicht dennoch zu schwerwiegenden Wechselwirkungen Anlass geben können. Hier sind die Apotheker sowohl mit ihrem Fachwissen als auch mit ihrer sozialen Kompetenz gefragt.“