Wolfgang Kubelka: Man sollte den Apotheken nahelegen, sich auf die ursprüngliche Kompetenz zu besinnen und das Feld nicht anderen, wie etwa selbsternannten Heilsverkündern und Onlinehändlern, überlassen. Vorstellbar ist meiner Meinung nach, dass Apotheken diesen ursprünglichen Bereich sogar wieder mehr betonen. Die Nachfrage nach pflanzlichen Produkten und Arzneimitteln ist bei den Patienten und Konsumenten wieder stark im Steigen begriffen.
Absolut. Grundsätzlich würde ich mehr Engagement der Apotheken im Bereich pflanzlicher Produkte sehr begrüßen und sehe hier auch Potenziale. In der Schweiz gibt es etwa eigene phytozertifizierte Apotheken. Das ist ja die ursprüngliche Kompetenz des Apothekers. Sie wurde in der Vergangenheit nur durch andere Arzneimittel in den Hintergrund gerückt. Es gibt bei uns ja bereits Apotheken, die sich auf TCM oder Homöopathie spezialisiert haben. Gerade die Kompetenz im Phytobereich bietet aber große Chancen. Immerhin ist hier die Beratung wichtig. Derzeit werden heimische Zubereitungen noch vom Großhandel bezogen, aber auch die Apotheken könnten selbst viel tun.
Ja, aber gerade durch einen Schwerpunkt in diesem Bereich kann die Kommunikation zwischen Arzt und Apotheker verbessert werden. Viele Ärzte empfinden es jetzt schon als Manko, wenn Patienten mit Fragen kommen, bei denen sie sich nicht auskennen. Apotheker lernen ja während des Studiums viel über pflanzliche Produkte, sie könnten also den Patienten hier viel empfehlen und Ärzte unterstützen. Die magistrale Herstellung gibt es ja, und sie setzt einen Arzt voraus, der sich auskennt.
Viele Patienten wünschen sich aber genau das – ein speziell für Sie zusammengestelltes und ausgestelltes Rezept. Und das wiederum gehört ja schon jetzt zu den Pflichten des Apothekers. Bringt man also auch die Ärzte dazu, sich hier zu engagieren, kann das allen helfen.
Die Zahlen steigen. In den Ausbildungen, die wir als Österreichische Gesellschaft für Phytotherapie anbieten, fragen die Ärzte zunehmend nach Rezepten für individuelle Verordnungen. Die Patienten schätzen das, wie gesagt. Dazu braucht es aber natürlich die ärztliche Kompetenz, damit das auch auf der Basis der Evidenz erfolgt.
Eine seriöse Information – von welcher Seite sie auch immer kommt – ist zu begrüßen. Wenn hier eine Gebietskrankenkasse solche Sachen anbietet, warum nicht? Es ist mir nur wichtig, dass das Menschen machen, die sich auskennen. Es gibt viele Anbieter im Bereich pflanzlicher Produkte, und man kann nicht einfach herkommen und sagen, dass gegen jedes Leiden auch ein Kraut gewachsen ist. Das ist viel komplexer und will auch entsprechend gelernt sein. Man sollte hier sehr aufpassen, dass man nicht mehr verspricht, als man halten kann. Sonst bringt das die gesamte Phytotherapie in Verruf. Nicht zuletzt brauchen wir aber auch einen offenen Dialog und eine seriöse Diskussion zwischen den Berufsgruppen. Wir müssen auch die Laien einbeziehen, sonst entfalten die Leute hier ein Eigenleben und laufen anderen, unqualifizierten Geschäftemachern nach.
Natürlich ist auch die ökonomische Komponente wichtig. Eine eigene Herstellung ist nicht billig. Hier gibt es aber auch Lösungen und Möglichkeiten der Zusammenarbeit etwa mit dem Großhandel.
Seit dem Jahr 2012 führen die Phytotherapiegesellschaften aus Deutschland, der Schweiz und Österreich alle zwei Jahre gemeinsame Kongresse durch. Nach den Veranstaltungen 2012 in Wien, 2014 in Winterthur und 2016 in Bonn wird der nächste Kongress „Phytotherapie 2018 – Mit Phytotherapie in die Zukunft“ vom 31. Mai bis 2. Juni wieder in Wien stattfinden. Die Rahmenthemen sind „Cannabis als Arzneimittel“, „Phytotherapie bei Infektionskrankheiten“, „Krankheiten des Zentralnervensystems“ und „Entzündungen“.