Corona treibt Digitalisierung, doch Apotheker sind besorgt

Die Corona-Pandemie hat einen kräftigen Schub in Richtung Digitalisierung gebracht. e-Health-Lösungen wurden massiv ausgebaut und werden in den nächsten Monaten kommen, wie das e-Rezept. „2021 erfolgt der Startschuss für das e-Rezept. Die digitalisierte Version des Papierrezepts vereinfacht die Abwicklung zwischen Arzt, Apotheke, Patient und Sozialversicherung. Der gesamte Prozess vom Erstellen über die Abgabe und die Abrechnung wird damit voll digitalisiert“, zeigte sich Peter Lehner, Vorsitzender der Konferenz der Sozialversicherungsträger, zu Jahresbeginn begeistert. „Die Corona-Pandemie zeigt, wie wichtig eine papierlose und sichere Rezeptübermittlung ist. Die österreichischen Apotheken arbeiten mit der Sozialversicherung intensiv daran, dass das e-Rezept für alle praktisch und zuverlässig wird“, erläutert Mag. pharm. Christian Wurstbauer, Vizepräsident der Österreichischen Apothekerkammer.

e-Impfpass und e-Rezept

„Ein Pilotbetrieb läuft derzeit in Kärnten. Während dieser Phase wird geprüft, ob alle Services des e-Rezepts einwandfrei funktionieren. Dazu zählen etwa die Abrechnung der e-Rezepte, die tagesaktuelle Befüllung des Kontos zur Rezeptgebührenobergrenze und die Geschwindigkeit des Systems“, erklärt Wurstbauer. Bereits umgesetzt ist der e-Impfpass, der nun deutlich schneller kam als ursprünglich geplant. Zwar gab es noch ein paar Umstellungshürden bei einigen Herstellern von Ordinationssoftwares, bis Ende März soll aber ein Großteil der Arztordinationen an den e-Impfpass angeschlossen sein. Damit werden Impfungen im e-Impfpass sichtbar, jeder Österreicher kann über das ELGA-Portal seine Impfungen abrufen.

 

 

Apotheker Krone-Umfrage

„Ja, wir werden uns darauf einstellen müssen, dass es künftig neue digitale Möglichkeiten gibt.“ – Das sagen immerhin 70,3 % der heimischen Apothekerinnen und Apotheker in einer aktuellen Umfrage der Apotheker Krone und der Onlineplattform RELATUS PHARM. So wirklich interessiert an den Themen sind aber nur 26,1 %. Wichtiger sind wenig überraschend Neuigkeiten zu Therapien, Fortbildung und Gesundheitspolitik. Ein Grund für die Skepsis sind die befürchteten Risiken, die die Digitalisierung mit sich bringen könnte. An erster Stelle steht dabei die Sorge vor dem Datenmissbrauch (62,1 %). Dass die Versicherungen Patienten stärker kontrollieren, denken 51,3 %. Überraschend dabei: Immerhin 32,7 % glauben, dass die Bürokratie zunimmt.

 

 

Furcht vor Onlinekonkurrenz

Vorteile sehen Apotheker darin, dass etwa mehr Daten auch bessere Therapien ermöglichen können (62,3 %) und die Versorgung zu Hause leichter wird (45,9 %) – Mehrfachnennungen waren möglich. ­30,1 % denken, dass die Digitalisierung und Big Data die Entwicklung neuer Medikamente beschleunigen (siehe Grafiken). Sorgen machen den Apothekern die Onlinekonkurrenz und Nachrichten wie jene, dass der Versandriese Amazon vorerst in den USA eine eigene Onlineapotheke gestartet hat und europäische Versandapotheken Rekordumsätze melden. 67,6 % der Apotheken fürchten, dass stationäre Apotheken unter dem Druck der Onlineriesen zunehmend verschwinden werden. 62,1 % denken, dass künftig auch rezeptpflichtige Medikamente versendet werden, und immerhin 51,3 % denken, dass e-Rezepte die Entwicklung beschleunigten. Christian Wurstbauer ist weniger skeptisch und denkt, dass die hohen Zahlen der aktuellen Entwicklungen geschuldet sind: „Der Versandhandel profitiert derzeit vom Boom von Zustellservices in allen Bereichen durch die Pandemie. In Zahlen zeigt sich die Entwicklung aber nicht. Ich glaube nicht, dass der Versandhandel die öffentliche Apotheke ablöst, verstehe aber die Sorgen der Apotheken.“ Deshalb brauche es auch Lösungen, an denen die Standesvertretung aktuell auch arbeite. „Wir müssen endlich beginnen, unseren Fußabdruck in der digitalen Welt und dem Internet zu hinterlassen.“ Im Versandhandel mitzuspielen bringe aber Apotheken wenig, weil sie anders organisiert seien und die Versandriesen bei den Abläufen auch besser aufgestellt seien. „Wir arbeiten jetzt an Werkzeugen, die Menschen, welche in der digitalen Welt ­leben, in die stationäre Apotheke bringen sollen“, erklärt Wurstbauer. Da gehe es etwa darum, Angebote zu kommunizieren, die in der stationären Apotheke vor Ort eingelöst werden können. „Es gibt viele Vorteile der Vor-Ort-Apotheke – wir müssen sie aber auch digital zugänglich machen.“

 

 

Monitoring und Sicherheit

Im Hinblick auf Datenschutz und den parallelen Ausbau des Monitorings bieten sich die Ärzte als Partner an, sagt der Vizepräsident der steirischen Ärztekammer und Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Telemedizin, Prof. Dr. Dietmar Bayer. „Die Sorgen um Datenschutz sind die großen Punkte. Hier brauchen wir auf Systempartnerebene klare Spielregeln und Sicherheit“, sagt er. Gerade im Hinblick auf Disease-Management-Programme biete die Digitalisierung aber tolle Möglichkeiten, ist Bayer überzeugt. Die BVAEB-Versicherung habe etwa ein Monitoringprojekt, in dem Patienten Diabeteswerte digitalisieren und dem Arzt übermitteln. Dieser erhalte für die Nutzung und Auswertung auch ein Honorar. „Das ist eine tolle Sache und ‚ausrollungsbedürftig‘“, sagt Bayer. Auch das Projekt „Herzmobil“, das in Tirol und der Steiermark laufe und wo Patienten Daten übermitteln und so betreut werden können, sei ein wichtiger Schritt.