Die Haut in allen Facetten

Apotheker Krone: Sie schreiben auf Ihrer Website: „Gesunde und makellose Haut ist keine Frage des Alters.“ Welche Botschaft möchten Sie damit vermitteln?

Assoc. Prof. Priv.-Doz. Dr. Julia Valencak: Wir leben unter einem permanenten Sozialdruck, alles muss nach außen hin schön sein – in dieser Hinsicht hat unsere Gesellschaft mittlerweile sehr viel vom angloamerikanischen Raum angenommen. Das gilt dann auch für die Haut und geht sogar so weit, dass man kleine rote oder braune Flecken auf der Haut als Makel ansieht und dass sich viele Menschen denken, sie könnten im Alter keine schöne Haut mehr haben. Was wir alle hingegen vermitteln könnten: Auch wenn man älter wird, kann man bei guter Pflege eine schöne Haut haben.

Wie würden Sie Makellosigkeit definieren?

Alles, was nicht negativ ins Auge fällt, ist für mich makellos – jeweils dem Alter angepasst. Wobei auffällt, dass sich das Eigenbild hinsichtlich der negativ ins Auge stechenden Merkmale sehr von dem unterscheidet, was man als Gegenüber wahrnimmt.

Kann man es mit der Hautpflege auch übertreiben?

Definitiv ja! Mein Eindruck ist, dass speziell Frauen im Alter zwischen etwa 25 und 45 Jahren sehr viele Pflegeprodukte erwerben und sich in Beauty-Salons oder Drogerien zum Kauf von Produkten anregen lassen, die sie eigentlich gar nicht benötigen.

Könnten Apotheker hier in der Beratung und Aufklärung eine wichtige Rolle spielen?

Apotheker sind in der Beratung zur Hautpflege sehr wichtig! Sie haben oftmals sogar einen umfassenderen Zugang als Hautärzte. Der Arzt sieht die Erkrankung und verschreibt ein Präparat zur kurzfristigen Linderung beziehungsweise Erhaltungstherapie. Eine Neurodermitis bessert sich dadurch zum Beispiel oft nur kurzfristig, aber es stellt sich die Frage: Was geschieht danach? Und für diese Langfristigkeit sind Apotheker ganz wichtige Partner, denn die Apotheke kann dann genau jene Produkte anbieten, die der Patient für die langfristige Besserung seiner „Problemhaut“ benötigt. Die Zeit, sich mit der sehr weiten Produktpalette auseinanderzusetzen, haben wir Hautärzte kaum. Außerdem haben Apotheken eigens dafür geschultes Personal. Ich finde sogar, die Apotheken könnten ihre Beratungsleistungen hierzu noch ausbauen. Ich höre beispielsweise immer wieder von Patienten, dass sie sich in der Drogerie zu kosmetischen Produkten beraten lassen. Viele Menschen kommen offenbar nicht auf die Idee, dass die Apotheke ein breites und qualitativ gutes Angebot hat.

Hat das Mikrobiom der Haut hinsichtlich des Auftretens von Hauterkrankungen eine Bedeutung?

Das Hautmikrobiom hat einen großen Einfluss. Nachgewiesen ist dieser Einfluss bei der atopischer Dermatitis, der Rosazea und der Akne. Auch bei der Psoriasis gibt es dazu Hinweise.

Wie äußert sich dieser Einfluss – und wie lässt er sich ermitteln?

Wenn man das Mikrobiom der Haut therapeutisch mitbehandelt, zeigt sich ein deutlich verbessertes Therapieansprechen sowie ein längeres krankheitsfreies Intervall. So kann eventuell auch das Voranschreiten einer Erkrankung verhindert werden.
Der Nachweis des Mikrobioms geht prinzipell leicht durch einen Abstrich, dieser kann dann entweder molekularbiologisch oder auch durch Gensequenzierung in die einzelnen Komponenten aufgespalten werden. Nachweismethoden gibt es verschiedene, diese können dann nach einer Therapie auch entsprechenden Aufschluss über den Erfolg oder gegebenenfalls Misserfolg der Behandlung geben.
Das Ergebnis spiegelt den Einfluss bestimmter Bakterien sehr gut wider.

Werden Vorsorgemöglichkeiten in puncto Hautgesundheit in der Bevölkerung ausreichend in Anspruch genommen, oder gibt es noch Aufholbedarf?

Gut angenommen wird die Muttermalkontrolle, wobei hier auch das Bildungsniveau (mit dem häufigen Thema Gesundheit und Vorsorge) eine Rolle spielt. Das Bewusstsein ist zwar insgesamt viel besser als etwa vor zehn Jahren, aber es ist noch nicht in allen Schichten angekommen.
Einen anderen Bereich der Vorsorge sehe ich in der Hautpflege selbst, und hier ist Optimierungsbedarf gegeben. Es ist allerdings schwer, einem Erwachsenen beizubringen, er möge seine Haut stets gut pflegen bzw. intensiven Sonnen-/Lichtschutz betreiben. Das entsprechende Verhalten wird schon in der Kindheit erlernt, und Kinder schauen sich hier viel von ihren Eltern ab. Wenn Kinder beispielsweise von Eltern mit Sonnencreme eingeschmiert werden, sich die Eltern selbst aber nicht einschmieren, dann achten diese Kinder später als Erwachsene auch wenig auf Sonnenschutz. Dem Lernen durch Imitation kommt also auch hier eine große Bedeutung zu. Ein anderes Beispiel: Wenn der Vater seine Haut nicht pflegt, verwendet auch der Sohn später nur selten Pflegeprodukte für die Haut.

Die Haut spielt auch sozial eine große Rolle. Sind Sie in Ihrer Praxis häufig mit Anliegen zur Attraktivitätssteigerung konfrontiert?

Einige meiner Patienten kommen mit einer gewissen Unzufriedenheit und der Frage „Was soll ich an mir ändern? Was würden Sie mir empfehlen?“ in die Ordination. Manche haben Sorge, müde oder böse auszusehen. Andere fürchten, durch herabgezogene Mundwinkel schlecht gelaunt zu wirken. Eine der Hauptaspekte und Hauptsorgen dürfte also sein, wie man mimisch bzw. im Moment eines Gesprächs beim Gegenüber ankommt. Da die Patientin nicht die Dreimensionalität des Gesichtes nachvollziehen kann, fixiert sie sich oftmals auf eine bestimmte Falte und lagert diese Sorge dann an die Hautärztin aus. Die Idee ist: Wenn diese eine Falte weg ist, dann sehe ich gut aus, und es geht mir besser. Ich führe daher ausführliche Gespräche und rede auch so manchem Patienten ästhetische Eingriffe aus. Ich denke, es ist sehr wichtig, Individualität zu unterstreichen und zu verhindern, dass „Falten gejagt“ werden, da eine Falte zumeist nicht zu einer Besserung des Gesamteindruckes beitragen kann. Wichtig ist auch herauszufinden, worum es bei der Unzufriedenheit mit dem Äußeren wirklich geht. Auch genaue Erklärungen, wodurch bestimmte Falten bedingt sind, sind für Patienten oft äußerst erkenntnisreich. Außerdem zeige ich den Menschen mit einem anatomischen 3D-Spiegel, was alles nötig wäre, um die gewünschte Änderung zu erzielen. Wenn man erst einmal sieht, wie aufwändig solch ein Vorgang wäre, nimmt das konkrete Interesse oft recht schnell ab.