Nagelpilz (Onychomykose) gehört zu den besonders hartnäckigen Infektionen. Er beginnt meist an einem einzigen Nagel mit veränderter Nagelfarbe. In weiterer Folge wird die Nagelplatte brüchig, verdickt sich und löst sich vom Nagelbett. Häufigste Erreger einer Nagelpilzinfektion sind Dermatophyten (vor allem Trichophyton spec.), sie sind für circa 75–90 % aller Onychomykosen verantwortlich. Auch Candida-Arten (Hefepilze) können Nagelpilzerkrankungen auslösen, vor allem an Fingernägeln. Eher selten werden Schimmelpilze als Erreger genannt, auch Mischinfektionen mit verschiedenen Pilzen können vorkommen.
Häufige Infektionsquellen für Nagelpilzerkrankungen (und auch für Fußpilzerkankungen) sind vor allem Schwimmbäder, Turnsäle sowie Sauna- und Wellnessbereiche. Ständiges Tragen von engem Schuhwerk und/oder Strümpfen aus synthetischem Material führt zu einem feucht-warmen Milieu und begünstigt zusätzlich das Pilzwachstum. Besonders häufig betroffen sind ältere Menschen sowie Personen mit geschwächtem Immunsystem, Stoffwechselerkrankungen (zum Beispiel Diabetes mellitus, Adipositas), verschiedenen Vaskulopathien (zum Beispiel venöse Insuffizienz, arterielle Durchblutungsstörungen), peripheren Neuropathien, Tumorerkrankungen, Fußfehlstellungen und Nikotinabusus. Oft ist Nagelpilz die Folge eines unbehandelten oder nicht ausgeheilten Fußpilzes.
Die Rezidivquote ist hoch. In einer etwas älteren wissenschaftlichen Arbeit wurde von 22,2 % Rückfällen innerhalb von drei Jahren berichtet. In einem 5-Jahres-Follow-up lagen die Quoten zwischen 21 und 53 %.1
Typisch für eine Nagelpilzinfektion sind gelbliche Verfärbung, Verformung und Schuppung der Nagelplatte, eine Abhebung der Nagelplatte vom Nagelbett (Onycholyse) bis hin zur vollständigen Auflösung der Nagelplatte. Zehennägel sind etwa fünfmal häufiger betroffen als Fingernägel.
Die Nagelsubstanz ist eine etwa einen halben Millimeter dicke Hornhautplatte, bestehend aus Hornschuppen aus Keratin. Die Nagelplatte besteht aus hartem Keratin, im Unterschied zum weichen Keratin der Haut. Zum Aufbau des harten Keratins werden schwefelhaltige Proteine benötigt, die sich von jenen der Haut unterscheiden. Es besteht auch aus Filamenten, zwischen denen wiederum eine Substanz liegt, die als Interfilamentmatrix bezeichnet wird. Diese Kittsubstanz hat einen hohen Schwefelgehalt, der auf dem Vorhandensein von Cysteinresten beruht. Die Nagelmatrix (auch Nagelwurzel genannt) ist die Neubildungszone der Nagelplatte. Sie besteht aus einer Zone von hornbildenden Zellen, welche die Grundlage für die Nagelplattenbildung darstellen. Das bindegewebige Nagelbett dient der Befestigung des Nagels und versorgt ihn mit Nährstoffen. Es ist von feinen Blutgefäßen und von vielen Nervenbahnen durchzogen. Die Basis des Nagelbettes wird als Lunula bezeichnet. Dieser „kleine Mond“ ist auch sichtbar und erscheint als halbmond- oder sichelförmig ausgebildete weißliche Basis des Nagelbettes. Zum Aufbau des Nagels gehört auch der Nagelwall. Seine Aufgabe ist es, die Nagelplatte an ihren Grenzzonen zu schützen und zu begrenzen. Das Sohlenhorn, eine aus Keratin aufgebaute Struktur, schützt den Nagel vor der Ablösung aus dem Nagelbett.2
Die Nägel wachsen gleichmäßig, wobei Fingernägel schneller wachsen als Zehennägel. Pro Woche wachsen Fingernägel rund einen Millimeter. Die zartrosa Farbe der Nägel geht auf die Durchblutung der Kapillaren unter dem Nagelbett zurück. Die Nagelplatte ist transparent und lässt 10 bis 20 % des sichtbaren Lichts penetrieren. UV-B-Strahlen durchdringen sie zu 3 %, UV-A-Strahlen zu 20 %.2
Die Hauptaufgabe des Nagels ist die Schutzfunktion von Fingern und Zehen. Sowohl das Fingerendglied als auch das Zehenendglied sind empfindliche Stellen des Körpers. Weiters hat der Nagel eine wichtige Rolle bei der Erfassung von Berührungsreizen und bei der Greiffunktion. Nicht zu vergessen ist die Möglichkeit, sich bei Juckreiz zu kratzen. Die Nägel sind jedoch auch stark exponierte Stellen. Sie sind täglich vielen Einflüssen ausgesetzt, etwa bei der Verwendung von Reinigungsmitteln, bei der Speisenzubereitung oder auch bei körperlichen Arbeiten.
Die Erreger dringen über mikroskopisch kleine Risse des Nagels oder über das Gewebe an den Nagelseiten ein. Die Infektion arbeitet sich „schrittweise“ von außen nach innen in das Nagelbett vor. In der Folge wird die Nagelplatte angehoben und verfärbt sich weiß-gelblich. Wenn Dermatophyten den Nagel befallen haben, ernähren sie sich vom Keratin.
Formen des Nagelpilzes*
Quelle: AWMF-Leitlinie Onychomykose der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft und der Deutschsprachigen Mykologischen Gesellschaft
Ein Nagelpilz muss in jedem Fall behandelt werden. Je früher die Therapie beginnt, desto besser sind die Erfolgsaussichten. Die Behandlung wird dann solange durchgeführt, bis ein gesunder Nagel herauswächst. Sie muss also nach dem Verschwinden der Symptome weiter fortgesetzt werden. Sind maximal 3 Nägel und weniger als zwei Drittel der Nagelfläche betroffen, so handelt es sich um eine leichte bis mittelschwere Onychomykose. In diesem Fall ist eine Selbstbehandlung bedenkenlos möglich. Bei stärkerem Befall, chronischen Grunderkrankungen oder bestehender Schwangerschaft ist jedoch zuvor der Arzt zu konsultieren. Wichtig ist der Hinweis, dass die Behandlung von Nagelmykosen mitunter sehr langwierig ist und je nach Schweregrad mehrere Monate dauern kann. Die Realität deckt sich diesbezüglich nicht immer mit den Erwartungen. Laut einer Umfrage aus dem Jahr 2018 ist es 75 % der Nagelpilz-Patienten wichtig, dass der Pilz optisch möglichst rasch nicht mehr zu erkennen ist. 81 % empfinden den Nagelpilz als störend. Viele Betroffene hoffen darauf, nach maximal drei Monaten vom Nagelpilz befreit zu sein.3 Der Compliance kommt daher eine große Bedeutung für eine erfolgreiche Heilung zu.
Pilze verbreiten sich bevorzugt in einem feucht-warmen Milieu bei leicht basischem pH-Wert. Durch gezielte Absenkung des pH-Wertes, beispielsweise durch regelmäßige Applikation milchsäure- oder essigsäurehaltiger Produkte, entwickelt sich ein ungünstiges Umfeld für die Entwicklung von Dermatophyten. Die Produkte sind als Stift oder Lösung erhältlich und sollten zweimal täglich auf die sauberen, trockenen Nägel aufgetragen werden. Auch zur Prophylaxe sind die Produkte geeignet.
Medizinische Nagellacke sind sehr effektiv, da durch Verdunstung des Lösungsmittels eine höhere Wirkstoffkonzentration beziehungsweise -penetration an der Nagelplatte erzielt wird. Vor dem erstmaligen Auftragen werden möglichst viele Teile des erkrankten Nagels mit einer Schere entfernt, und die Nagelplatte wird mit einer Sandfeile aufgeraut. Zur Anwendung kommt einerseits Ciclopirox, welches als Chelatbildner mit eisenabhängigen mitochondrialen Enzymen interagiert und transmembranäre Transportmechanismen der Pilzzelle inhibiert.
Andererseits wird das Morpholinderivat Amorolfin eingesetzt, welches die Ergosterolbiosynthese über zwei Angriffspunkte (Δ14-Reduktase, Δ8-Δ7-Isomerase) inhibiert.
Die Wirkstoffkonzentration beträgt nach Verdunstung des Lösungsmittels bis zu 27 % (Ausgangslösung 5 %). Hier ist generell eine einmal wöchentliche Anwendung ausreichend, vor jeder Applikation ist die alte Lackschichte mittels Nagellackentferner abzulösen.
Breit wirksame Antimykotika sind beispielsweise Bifonazol und Clotrimazol. Die bifonazolhaltige Creme wird auf den betroffenen Nagel aufgetragen und anschließend mit einem speziellen Pflaster für 24 Stunden okklusiv zugeklebt. Vor jedem neuerlichen Auftragen der Creme empfiehlt sich ein 10-minütiges Hand- beziehungsweise Fußbad sowie ein Abschaben der aufgeweichten erkrankten Nagelschicht. Durch die Kombination von Bifonazol mit Harnstoff (Konzentration bis zu 40 %) wird die Keratinolyse des infizierten Nagels zusätzlich unterstützt. Clotrimazol ist zur Anwendung am Nagel als isopropanolische Lösung erhältlich, welche eine gute Penetration des Wirkstoffes in das Nagelgewebe ermöglicht. Empfehlenswert ist eine zweimal tägliche Applikation. Auch nach Abklingen der Symptome ist die antimykotische Behandlung noch über mindestens 2 Wochen fortzusetzen. Empfehlenswert ist in jedem Fall die zusätzliche topische (Nach-)Behandlung der den betroffenen Nagel umgebenden Hautareale mit einer antimykotischen Creme.
Von Hausmitteln wie der Verwendung von Küchenessig oder in Wasser gelöstem Backpulver wird abgeraten. Die Behandlungen sind zum Teil aufwändig und haben keine erwiesene Wirkung.
Ergänzende Beratungstipps
Literatur:
1 AWMF-Leitlinie Onychomykose der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft und der Deutschsprachigen Mykologischen Gesellschaft
2 Raab W, Nagelerkrankungen in der dermatologischen Praxis. Springer-Verlag 2012
3 Marketagent.com-Umfrage, Februar 2018