Hämorrhoidalleiden: im ersten Schritt konservativ behandeln

Hämorrhoiden werden nach Größenzunahme und Ausmaß des Vorfalls in dem Analkanal beziehungsweise vor dem After eingeteilt. International am häufigsten verwendet wird die Einteilung in vier Grade nach Goligher:1

  • Stadium 1: nur proktoskopisch sichtbar vergrößerter Hämorrhoidalplexus; dieses Stadium verläuft meist schmerzlos und ist durch ein Fremdkörpergefühl im Enddarm- und Anusbereich gekennzeichnet.
  • Stadium 2: Prolaps bei der Defäkation, es kommt jedoch zur spontanen Retraktion. Juckreiz, Brennen und Nässen im Anusbereich charakterisieren dieses Stadium. Schmerzen beim Stuhlgang sind möglich.
  • Stadium 3: Prolaps bei der Defäkation, keine spontane Retraktion. Ein Zurückziehen ist nur manuell möglich. Es kommt zu starkem Juckreiz und Hämorrhoidalknoten.
  • Stadium 4: Der Prolaps ist permanent fixiert, eine Retraktion ist nicht mehr möglich. Dieses Stadium ist geprägt von starken Schmerzen, Juckreiz und schleimigen Absonderungen.

Epidemiologische Fakten zu Hämorrhoidalleiden sind schwer zu eruieren. Zwar sind diese Leiden ein häufiger Grund für transanale Blutungen, aber die Betroffenen tendieren meist zur Selbstbehandlung und können daher kaum erfasst werden.1
Eine operative Therapie von Hämorrhoidalleiden sollte laut S3-Leitlinie Hämorrhoidalleiden im dritten und vierten Stadium angeboten werden. In den beiden Stadien davor sind Maßnahme des Lebensstils, Verhaltensmodifikationen beim Stuhlgang und die Anwendung von Präparaten zur Selbstmedikation bewährte Vorgangsweisen.

Lebensstiloptimierungen

Übergewicht gilt als Risikofaktor für die Entstehung von Hämorrhoidalleiden, da ein großer Druck auf den Beckenboden entsteht. In einer Publikation aus dem Jahr 2012 wurde ein Zusammenhang zwischen dem Body-Mass-Index (BMI) und der Häufigkeit von Hämorrhoidalleiden ermittelt. Der BMI war dabei der einzige unabhängige Risikofaktor – Geschlecht, Bildungsgrad, Schwangerschaft und Art der Entbindung spielten keine Rolle.1

Auch eine akute Obstipation erhöht das Risiko für das Auftreten von Hämorrhoidalleiden. Maßnahmen zur Bekämpfung einer Verstopfung könnten sich daher als doppelt hilfreich erweisen. Dazu zählt eine Steigerung der Flüssigkeitszufuhr, ein vermehrter Konsum von löslichen Ballaststoffen und die Verstärkung der Darmmotilität durch sportliche Aktivitäten. In klinischen Studien bewirkte eine Supplementierung von Ballaststoffen eine fast 50%ige Reduktion von persistierenden Symptomen und Blutungen im Rahmen von Hämorrhoidalleiden. Für signifikante Verbesserungen wird ein Zeitraum der Einnahme von rund sechs Wochen angenommen.2 Auch mit der Erhaltung beziehungsweise dem Aufbau einer funktionierenden Darmflora (Gabe von Prä- und/oder Probiotika) können gute Erfolge erzielt werden.
In manchen Publikationen wird die Rolle einer scharfen Ernährung als Risikofaktor beziehungsweise als verstärkender Faktor beleuchtet. Die Ergebnisse hierzu sind widersprüchlich. Im Jahr 2006 wurde der Einfluss von Chili und anderen scharfen Gewürzen als Mythos eingestuft.3, 4 Jüngeren Erkenntnissen zufolge ist eine scharfe Kost kein Auslöser von Hämorrhoiden, jedoch ein irritierender Faktor bei bestehenden Analfissuren.
Ein gerne angenommener Tipp für Betroffene betrifft den Stuhlgang. Pressen und langes Sitzen auf dem WC sollten möglichst vermieden werden. Der Gang zur Toilette sollte nur dann erfolgen, wenn wirklich Stuhldrang besteht. Der Druck wird gemindert, wenn man bei der Defäkation vorne hinübergebeugt sitzt.

Selbstmedikation

„Eine Selbstbehandlung von Hämorrhoidalleiden ist unbedenklich und verschlechtert die Prognose nicht. Man sollte allerdings zum Ausschluss eventuell maskierter, ernster Darmerkrankungen vorher einen Arzt aufsuchen“, sagt Mag. pharm. Dr. Alfred Klement, der zu einer einfachen Maßnahme im Alltag rät: „Schon einfache Sitzbäder mit lauwarmem klarem Wasser können Hautirritationen im Analbereich verbessern. Wichtig ist danach das vorsichtige Abtrocknen.“
Auf die Analregion abgestimmte Produkte ermöglichen eine effektive und schonende
Reinigung der Afterregion. Dabei helfen spezielle Reinigungstücher. Für die Reinigung des Analbereichs unter der Dusche stehen zudem speziell abgestimmte Reinigungsschäume zur Verfügung. Topische Zubereitungen wie Cremen und Suppositorien sind bewährte Optionen in der Selbstbehandlung, um Symptome wie Juckreiz und Schmerzen zu lindern. Dabei kommen Extrakte aus Kamille, Ringelblume, Kornblume und Rosskastanie zum Einsatz. Die Wirkung der Kamille ist krampflösend und entzündungshemmend. Die Ringelblume enthält Flavonoide, Saponine und Triterpene und weist dadurch entzündungshemmende, wundheilende und antimikrobielle Eigenschaften auf. Samen aus der Rosskastanie wirken venentonisierend.
Eine häufig verabreichte Substanzgruppe bei Hämorrhoidalleiden sind Flavonoide, die primär als Venenmittel konzipiert wurden. Genutzt werden vor allem die gefäß- und ödemprotektiven Wirkungen. In einem Review wird der Anwendung dieser Gruppe der sekundären Pflanzenstoffe ein positiver Effekt bei Hämorrhoidalleiden attestiert. In einer weiteren Publikation kommt man zu dem Schluss, dass eine medikamentöse Therapie mit Flavonoiden in der akuten Phase sinnvoll ist und zu einer Linderung der Symptome führt.1 Weiters gelangen abschwellend wirkende Zäpfchen und Tabletten zur Anwendung.

 

Literatur:

1 Joos AK, Arnold R, Borschitz T et al., S3-Leitlinie Hämorrhoidalleiden, Stand 4/2019. AWMF- Registriernummer: 081–007

2 Lohsiriwat V, Hemorrhoids: From basic pathophysiology to clinical management. World J Gastroenterol 2012 May 7; 18(17):2009–2017

3 McDonald E, A hot topic: Are spicy foods healthy or dangerous? UChicago Medicine 2018 Sept 24

4 Altomare DF, Rinaldi M, La Torre F et al., Red hot chili pepper and hemorrhoids: the explosion of a myth: results of a prospective, randomized, placebo-controlled, crossover trial. Dis Colon Rectum 2006 Jul; 49(7):1018-23