„Die OTC-Welt ist wieder in Ordnung“

Apotheker Krone: Im Bereich rezeptfreier Arzneimittel war der Start ins heurige Jahr in den ersten Woche etwas holprig. Wie sehen Ihre Analysen für das erste Quartal aus?

Martin Spatz: Das erste Quartal war insgesamt sensatio­nell. Es gab ein Plus von 7,7 Prozent. Die für den Markt wichtige Erkältungswelle hatte sich heuer verschoben, aber wir können Entwarnung geben: alles ist wieder gut.

Und wie sah das Vorjahr aus?

Der Wertanteil von OTC-Produkten am gesamten öffentlichen Apothekenmarkt lag 2017 bei 16 Prozent, men­genmäßig waren es 30,8 Prozent. Das heißt, fast jedes dritte Produkt, das in Apotheken verkauft wurde, war ein rezept­freies. Der registrierte OTC-Markt zeigte im Kalenderjahr 2017 eine rückläufige Dynamik – das Umsatzplus sank von 3,6 % auf 1,4 %. Insgesamt ist jetzt die OTC-Welt in Öster­reich wieder in Ordnung. International gibt es hingegen im OTC-Markt einen kleinen Durchhänger, während Öster­reich überdurchschnittlich wächst. Man sollte aber auch vorsichtig sein, denn das lässt sich natürlich auch nicht un­endlich steigern.

Ein oft diskutiertes Thema ist der Ver­sandhandel – wie hat sich dieser Markt in Österreich ent­wickelt?

Weltweit deuten ein stetig wachsender OTC-Anteil, vermehrte Digitalisierung und eine steigende Bereitschaft zur Selbstmedikation auf ein Wachstum des Online-Handels hin. In Österreich liegt das Wachstum des Online-Apothe­kenhandels im zweistelligen Bereich. Im deutschen Apothe­ken-Versandhandel werden 90 Prozent der Versandkäufe von nur etwa 30 großen Unternehmen abgedeckt. Seit 2004 haben Online-Apotheken OTC-Marktanteile dazugewon­nen und übertreffen damit den Gesamtmarkt. Husten- und Erkältungsmittel tragen wesentlich zu positiven Ergebnis­sen im Ladenverkauf bei, Produkte zur Gewichtsabnahme verzeichnen sowohl online als auch in der Apotheke hervor­ragende Zuwachsraten. Dr. Google ist bereits ein gefragter Ratgeber – drei Viertel der Deutschen recherchieren Krank­heiten im Internet. Das IQVIA European Thought Leader­ship Team hat in einer Analyse herausgefunden, dass die Informationssuche auf Wikipedia eindeutig mit den Online- Bestellungen korreliert.

Wie wirkt sich das für die Apotheken und die Industrie aus?

Der Versandhandel bringt Bewegung in en Markt durch den Preisdruck nach unten. Hier werden gerade auf die Apotheken noch  Änderungen zukommen. Viele Herstel­ler überlegen sich derzeit, wie sie auf die Veränderungen im Markt reagieren.

Zuletzt kam es zu einer starken Kon­zentration bei OTC-Herstellern – Novartis übergibt alles an GSK, Merck verkauft an Procter & Gamble. Welche Auswirkungen wird das haben?

Hier sehe ich wenig Veränderungen in der Wertigkeit. Das sind ja bereits bestehende Produkte und die Kon­zentration führt auch zu einer Spezialisierung. Ich rechne hier mit einer Aufwertung der Produkte. Der Verkauf an Procter & Gamble ist eine interessante und mutige Entschei­dung. Das wird das Angebot beider Unternehmen schärfen – hier kommen immerhin sich optimal ergänzende Marken wie Nasivin und Wick zusammen. In Österreich wird der Konzern aber einen eigenen Vertrieb aufbauen müssen. Auch das bringt allerdings eine Aufwertung. P&G ist ein Marketingprofi mit viel Know-how im Consumer- und Con­sumer-Health-Bereich. Ich denke, dass das für die Apothe­ken sicherlich interessant wird.

Auch in Österreich gab es einen aktu­elle Deal: Sanova wird künftig Produkte von Ökopharm vertreiben. Wie beurteilen Sie diese Nachrichten?

Das halte ich für einen sehr intelligenten Deal. Sano­va ist ein erfolgreicher Vertriebsspezialist und das bietet die Chance das Portfolio zu heben und auszubauen.

Wie sehen Sie die internationalen Ent­wicklungen?

Die von IQVIA eruierten Markttrends für Consu­mer Health – das sind OTC-Produkte, Homöopathie, Me­dizinalbedarf und Kosmetik – haben für alle Beteiligten einen wesentlichen und unmittelbaren Einfluss auf den Markt. Das OTC-Wachstum bleibt weltweit im einstelli­gen Prozentbereich, während das Pharma-Wachstum hauptsächlich aufgrund des US-amerikanischen Einflus­ses im Sinken begriffen ist. Die Zuwächse im OTC-Be­reich werden dabei insbesondere durch Wachstumsmärkte in der östlichen Hemisphäre vorangetrieben. Weltweit verzeichnen Vitamine und verdauungsfördernde Mittel die höchsten Zuwachsraten.