„Fortbildung soll bald zur Pflicht werden“

Apotheker Krone: Spardruck im Gesundheitswesen, Liberalisierungsklagen, Versandhandel, eine Aufhebung der Pflichtmitgliedschaft in Kammern und wahrscheinliche Kassenfusionen inklusive neuer Selbstbehalte durch eine Neuauflage von Schwarz-Blau – das Gesundheitswesen ist im Umbruch, der Druck auf Apotheken steigt. Wie sehen Ihre Rezepte aus?

Raimund Podroschko: Der Hauptverband der Sozialversicherungsträger hat durch Spannenkürzungen und die jüngsten Preissenkungen bei Generika eine Situation geschaffen, die zu einem ernsthaften Problem für die Apotheken wird. Wir fordern vonseiten der Angestellten seit Jahren eine Änderung des Refundierungssystems, wie ich höre, sehen mittlerweile auch der Apothekerverband und die Selbstständigenseite so. Das Ziel sollte unserer Ansicht nach ein Beratungsaufschlag sein. Das ist für mich alternativlos. Es spiegelt einfach wider, wie wir arbeiten.

Apotheker Krone: Die Gesundheitspolitik sehe das allerdings anders, sagt der Apothekerverband; man sehe die Apotheker nur noch als Logistiker, die bei bis zu 600 Kundenkontakten pro Tag auch gar keine Zeit für Beratung hätten.

Podroschko: Diese Einschätzung der Gesundheitspolitik teile ich nicht. Wir waren vor einem Monat im Ministerium, und da wurde uns große Wertschätzung entgegengebracht. Man sieht die Arbeit der Apothekerinnen und Apotheker sogar als sehr bedeutsam an. Dass keine Zeit ist für Beratung, sehe ich nicht so. Statistisch habe ich etwa bei einem Acht-Stunden-Dienst 120 bis 130 Kundenkontakte. Da geht sich jeweils eine ausreichende Beratung gut aus. In jedem Fall müssen wir aber aus der Spannendiskussion rauskommen.

Apotheker Krone: Wie genau soll das funktionieren?

Podroschko: Wir versuchen derzeit auf den verschiedensten Ebenen, unsere Forderungen und Ideen auch in ein kommendes Regierungsprogramm zu bringen. Dazu gibt es zahlreiche Gespräche mit der Politik. Ob das funktioniert, werden wir sehen. Wir sind aber alle mit vollem Enthusiasmus dabei und freuen uns, wenn uns einige Dinge gelingen. Wichtig ist in jedem Fall eine Situation, die die Apotheken wirtschaftlich absichert. Die Bedarfsprüfung muss nicht zuletzt deshalb aufrecht bleiben. Das wissen auch die Politiker. Immerhin sichert dieses System die flächendeckende Versorgung mit Medikamenten in Österreich.

Apotheker Krone: Stichwort Verfassungsklage der Drogeriekette dm – der Druck zur Marktöffnung wurde erneut wegen Formfehlern von den Verfassungsrichtern zurückgewiesen. dm kündigt weitere Schritte an.

Podroschko: Diese Entwicklungen geben einen schmalen Grat vor und zeigen das Spannungsfeld, in dem wir uns bewegen. Möglicherweise spielt man bei dm auf Zeit, will das Thema am Kochen halten und hofft auf liberalere Richter, weil ÖVP und FPÖ im Laufe der kommenden Jahre einige Richter pensionsbedingt nachbesetzen. In jedem Fall ist das Thema nicht vom Tisch.

Apotheker Krone: Bei den selbstständigen Apothekern gibt es Überlegungen, die Fortbildung für Pharmazeuten zu reformieren und auszubauen. Auch eine Verpflichtung steht im Raum. Was sagen Sie dazu?

Podroschko: Das fordern wir schon lange, und es wird auch kommen. In der Akkreditierungskommission, die Punkte für Fortbildungen festlegt, war das schon vor einigen Jahren Thema. Zuletzt wurde es dort auch fixiert und ein Antrag an das Präsidium der Apothekerkammer gestellt. Von dort geht es in den Vorstand und dann in die Delegiertenversammlung. Unser Ziel ist, dass die verpflichtende Fortbildung noch im Laufe des kommenden Jahres eingeführt wird. Das Thema wird aber auch in den Kollektivverhandlungen Niederschlag finden müssen, die in den kommenden Wochen beginnen.

Apotheker Krone: Werden Sie wie die Metallgewerkschafter auch eine Gehaltserhöhung von vier Prozent fordern?

Podroschko: Dazu werde ich jetzt sicherlich nichts sagen. Wir wissen aber, wie es um die Situation der Apotheken bestellt ist und werden unsere Forderungen sicherlich nicht übertreiben. Wir sollten auch über Rahmenbedingungen reden. Vorerst sind jedenfalls drei Verhandlungstermine angesetzt.

Apotheker Krone: Sie wollen die Qualität der Angebote in den Apotheken ausbauen – woran denken Sie da genau?

Podroschko: Es geht darum, auch neue Leistungen für die Gesundheitsversorgung anzubieten. So wird es künftig etwa ein neues Masterstudium für den klinischen Apotheker geben. Das gefällt auch den Sozialversicherungen gut. Diese Leute sollen etwa in die neuen Primärversorgungseinheiten sowie in Pflegeheime gehen, dort beratend helfen und die Medikation analysieren. Das sind quasi intramural angestellte Apotheker, die extramural tätig sind.

Apotheker Krone: Bedeutet das auch eine engere Zusammenarbeit mit Ärzten? Werden diese da mitgehen oder sehen sie das als Konkurrenz?

Podroschko: Es geht nicht um Konkurrenz. Ich denke, dass sich kein Arzt gegen Unterstützung von professionell ausgebildeten Apothekern wehren wird.

Apotheker Krone: Wird es damit zu einer Konkurrenz zum Medikationsmanagement kommen? Der Apothekerverband hat das zuletzt ja bereits als Auslaufmodell bezeichnet.

Podroschko: Nein, das Medikationsmanagement ist etwas anderes. Hier geht es um Beratung von Patienten. Ich verstehe auch die Haltung des Apothekerverbandes nicht und habe hier auch noch keine offizielle Position gehört. Das kommt für mich überraschend. Wir haben es in jedem Fall immer unterstützt und werden das auch weiterhin tun.

Zu Gast in der Apotheker Krone

Mag. pharm. Raimund Podroschko (44) ist Erster Vizepräsident der Österreichischen Apothekerkammer. Er ist seit 2004 in der Standespolitik aktiv und war bereits in der vergangenen Funktionsperiode (2012–2017) Vizepräsident der Österreichischen Apothekerkammer. Seit 2016 ist Podroschko Präsident des Verbandes der Angestellten Apothekerinnen und Apotheker Österreichs (VAAÖ). Er ist Leiter der Kollektivvertragsverhandlungen auf Angestelltenseite. Podroschko hat sich sehr für die Reform des Studiums, die große Reform der Ausbildung der Aspiranten (angehende Apotheker im Praxisjahr) und den Themenbereich „Internationales“ eingesetzt.