Herausforderung Photodermatose

Die ultraviolette Strahlung (UV-Strahlung) gilt als die wichtigste Umweltnoxe für Mensch und Tier. Haut und Augen sind die Erfolgsorgane der UV-Strahlung, wobei die Haut schon aufgrund ihrer flächenmäßigen Ausdehnung berechtigterweise an erster Stelle genannt werden muss. Unter Photodermatosen versteht man alle Erkrankungen der Haut, die sich durch die Interaktion optischer Strahlung mit dem biologischen Gewebe entwickeln (photoinduzierte Dermatosen) bzw. verschlechtern (photoaggravierte Dermatosen) (siehe Tab.).

 

Tab.: Photodermatosen
Idiopathische Photodermatosen
  • Polymorphe Lichtdermatose
  • Hydroa vacciniforme
  • Aktinische Prurigo
  • Solare Urtikaria
  • Chronische aktinische Dermatitis
Phototoxische und -allergische Reaktionen
  • Medikamente, Kosmetika, Pflanzeninhaltsstoffe
Photoaggravierte Dermatosen
  • Lupus erythematodes
  • Autoimmunbullöse Dermatosen
  • Dermatomyositis
  • Rosacea, Akne
  • (photosensitive Variante jeder beliebigen Dermatose)
Stoffwechselerkrankung
  • Porphyrien
  • Pellagra

 

Im Reigen der Photodermatosen nehmen die idiopathischen Photodermatosen (IPD) eine Sonderstellung ein, da ihre kausale Pathogenese noch nicht vollständig geklärt wurde und sie aufgrund ihrer Epidemiologie und formalen Pathogenese insgesamt ein sehr spannendes Teilkapitel der Photodermatologie darstellen.

Polymorphe Lichtdermatose

Die korrekte Bezeichnung für die mit Abstand häufigste idiopathische Photodermatose (IPD) lautet polymorphe Lichtdermatose (PLD) oder polymorphe Lichteruption (PLD). Sie kommt zwar weltweit vor, zeigt aber ein deutliches Nord-Süd-Gefälle mit der höchsten Inzidenz in Skandinavien. Obwohl die PLD auch bei Bevölkerungen mit hohem Hautphototyp zu finden ist, sind vor allem hellhäutige Menschen davon betroffen. Bei Frauen tritt die PLD zwei- bis dreimal so häufig auf wie bei Männern. Darüber hinaus besteht eine gewisse familiäre Disposition.
Der klinische Verlauf der PLD ist sehr charakteristisch: Die Patienten berichten, dass es nach zwei bis drei Tagen mit Sonnenexposition an bestimmten Hautarealen zu einem heftig juckenden Hautausschlag kommt, der mit jeder weiteren UV-Bestrahlung stärker wird und sich bis zur Unerträglichkeit steigern kann. Die Prädilektionsstellen sind das Dekolletee (Abb. 1), die Streckseiten der Unterarme und der Oberarme, die Streckseiten der Unterschenkel und die Fußrücken, die Ohren und die Retroaurikularregion (bei Kurzhaarfrisur und Sonnenexposition von hinten). Die Effloreszenzen reichen von hellroten Maculae über Papeln und Bläschen/Blasen (Abb. 2) bis zu follikulär angeordneten Pusteln.

 

 

 

Das Erscheinungsbild variiert von Patient zu Patient – daher kommt die Bezeichnung „polymorph“ –, kann sich aber auch beim einzelnen Patienten im Laufe des Bestehens der Erkrankung wandeln. Zumindest zu Beginn ist die PLD streng auf die UV-exponierten Areale beschränkt. Die meisten Betroffenen entwickeln den ersten Schub zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr. Die PLD bleibt dann mehrere Jahrzehnte aktiv und erlischt sehr häufig um das 60. Lebensjahr. Für die Patienten ist das ein schwacher Trost, da das Gros der Sommer-Sonnenurlaube in diesen Lebensabschnitt fällt. Sonderformen sind die Mallorca-Akne (Abb. 3) und die aktinische Purpura. Bei der Mallorca-Akne treten bei Patienten mit zu Akne neigender Haut bei Anwendung von fettigen Sonnenschutzmitteln an den genannten Prädilektionsstellen follikuläre Pusteln auf.

 

 

Aufgrund des zur Bestrahlung verzögerten Auftretens der Hauterscheinungen liegt eine Hautreaktion nach dem Muster der Typ-IV-allergischen Reaktion auf ein noch nicht näher definiertes, photoaktiviertes Allergen nahe. Die histopathologischen Untersuchungen läsionaler Haut zeigen ein beträchtliches perivaskuläres Rundzellinfiltrat und damit eine starke vaskuläre Komponente. Diese kommt besonders deutlich bei der so genannten solaren Purpura zum Tragen, bei der es – streng auf die bestrahlten Areale beschränkt – zu petechialen Blutungen kommt.
Die Behandlung des bestehenden Exanthems umfasst neben antipruriginösen Maßnahmen (Kühlsalben, Schüttelmixturen, Antihistaminika) die Verordnung von topischen/systemischen Steroiden sowie die Einhaltung einer konsequenten Sonnenkarenz. Dabei ist der textile Sonnenschutz vor Sonnenschutzmitteln mit sehr hohem UV-Schutz (SPF 50+) zu nennen. Bei UV-Karenz heilt die PLD auch ohne aktive Therapie spontan innerhalb von eineinhalb bis zwei Wochen vollständig und narbenfrei ab.

Prophylaktische Behandlung

Im Zusammenhang mit der PLD ist die prophylaktische Therapie von großer Bedeutung, soll sie doch ein ungestörtes Urlaubsvergnügen gewährleisten. Als effizienteste und zugleich eleganteste Methode gilt das so genannte Photo-Hardening. Darunter versteht man die vorbeugende UV-B-Schmalband-Monophototherapie, die Hochdosis-UV-A1-Monophototherapie sowie die Photochemotherapie mit Oxsoralen und Breitband-UV-A (8-MOP PUVA). 12–15 Bestrahlungen, beginnend mit signifikant suberythematogenen Dosen im Spätwinter bis Frühjahr, gewährleisten Erscheinungsfreiheit während der gesamten Sommer- und Herbstsaison. Wichtig ist das sehr langsame Steigern der Dosis im Laufe der Therapie, bei dem sich der behandelnde Arzt einfühlsam an den Angaben des Patienten über eventuelle Symptome orientieren muss.
Alle anderen Methoden wie Chloroquin oder Hydroxychloroquin sind von untergeordneter Bedeutung und studienmäßig schlecht abgesichert. Das viel gepriesene Betacarotin ist bei der PLD – im Unterschied zur erythropoetischen Protoporphyrie – vollkommen nutzlos. Unter den Antioxidanzien spielt lediglich der Extrakt aus dem mittelamerikanischen Farn Polypodium leucotomos eine gewisse Rolle. Die intramuskuläre Gabe eines Depotsteroids vor Urlaubsantritt halte ich persönlich für eine „Verzweiflungstat“. Aber auch für alle anderen Therapieoptionen muss eine nüchterne Nutzen-Schaden-Abwägung stattfinden und eine entsprechende Aufklärung des Patienten erfolgen.

 

© Abb. 1 und 2: H. Maier
© Abb. 3: Universitätsklinik Dermatologie Wien