Martin Munte ist neuer Präsident der Pharmaindustrie

Apotheker Krone: Wo werden Sie die Schwerpunkte Ihrer Präsidentschaft setzen? Was sind Ihre Pläne?
Martin Munte: Ein brennendes Thema ist sicherlich die Transparenz. Der Begriff wird im Gesundheitswesen oft verwendet, aber ich meine damit, dass die Pharmabranche Wert darauf legt in dieser reglementierten Branche die Leistungen und Geschäftsbeziehungen künftig wirklich transparent darzustellen. Spätestens ab erstem Juli werden wir nach den Richtlinien des europäischen Verbandes unsere Geschäftsbeziehungen mit Angehörigen und Institutionen der Fachkreise in Österreich veröffentlichen. Damit wollen wir auch sagen, dass wir durchaus dazu stehen, wofür wir Geld ausgeben. Wir wollen aber eben auch genau zeigen, wofür es ausgegeben wird. Dafür arbeiten wir ja auch mit der Ärztekammer zusammen.

Welches Ziel verfolgen Sie damit?
Munte: Wir wollen auch Transparenz dahingehend, dass wir die Leistungen der Pharmawirtschaft darstellen. Das bedeutet eben auch Transparenz in Richtung Innovationen. Pharmazeutische Forschung ist ja auch ein großes Risiko. Das wollen wir aufzeigen. Wir wollen aber auch klar zeigen, welchen Nutzen neue Medikamente bringen. Gleichzeitig ist es uns ein Anliegen, dass Transparenz auch auf Seiten der Kostenträger erfolgt.

Das wird oft gefordert. Die Krankenkassen argumentieren mit steigenden Ausgaben. Wo liegt hier der Kompromiss?
Munte: Wir müssen hier von einer reinen Betrachtung der Kosten wegkommen und hin zu einer gesamthaften Betrachtung von Therapien. Tatsächlich machen die Arzneimittelkosten ja nur 12,2 Prozent der Gesundheitsausgaben aus. Bei den Krankenhäusern sind etwa die Kosten und vor allem die Ineffizienzen viel höher. Auch deshalb braucht es Transparenz und eine Diskussion über die Fakten.

Wie sehen die Fakten für Sie aus?
Munte: Beim Rahmen-Pharmavertrag zahlen wir heuer 125 Millionen Euro als Solidarbeitrag ein. Auch um planbare und partnerschaftliche Rahmenbedingungen zu haben. Wir pochen aber eben auf die Fakten: Im Vorfeld der Gespräche über den neuen Vertrag wurde viel von Kostenexplosionen im Arzneimittelbereich und über teure Medikamente gesprochen. Jetzt liegen die Zahlen für das Vorjahr vor, und wir sehen, dass die Kosten nicht explodiert sind. Es gab ein Plus von 5,4 Prozent, wir lagen aber in den vergangenen Jahren insgesamt im vereinbarten Korridor der Ausgabensteigerungen. Im ersten Quartal 2016 gibt es sogar nur ein Plus von knapp über Prozent. Wir wissen, dass es auch individuelle Rabattverträge zwischen Firmen und Kassen gibt. Auch wenn uns die Höhe nicht bekannt ist, vermutlich gibt es insgesamt sogar ein Minus am Markt.

Was sind hier dann die konkreten Forderungen der Industrie?
Munte: Es braucht eben Transparenz. Alle Rabatte müssen eingerechnet werden. Das ist vor allem wichtig, weil jetzt auch über eine Neugestaltung des Erstattungskodex verhandelt wird. Wenn wir die Fakten auf dem Tisch haben, dann sind wir auch bereit, den Kassen in allen Bereichen entgegenzukommen und Kompromisse zu suchen.

Die Kassen kritisieren die Industrie aufgrund hoher Preise für neue Produkte. Wie wollen Sie hier gegenargumentieren?
Munte: Natürlich hätte man die Diskussion von Seiten der Industrie positiver führen und zeigen können, dass eben die neuen Tabletten auch viele andere teure und belastende Behandlungen verhindern.

Der Vorwurf ist aber ja, dass Anleger und Investoren die Industrie zu den hohen Preisen drängen, um rasch Renditen zu erzielen.
Munte: Viele Unternehmen sind börsennotiert und haben klare Finanzziele. Das hohe Risiko der Forschung bedingt auch, dass Investoren eine Verzinsung ihrer Beteiligungen wünschen. Gleichzeitig belebt aber auch die Konkurrenz das Geschäft. Wir sind aber gefordert, bei hochpreisigen, innovativen Produkten mehr zu kommunizieren. Das Beispiel und die Folgen von Hepatitis C sind in vielen Chefetagen verstanden worden. Aber wir müssen auch zeigen, dass die Entwicklung eben nicht dazu geführt hat, dass die Kassen an den Rand gebracht worden sind. Wir wollen hier Transparenz, aber keine Polemik.

Welche Lehren ziehen Sie?
Munte: Es ist allen bewusst, dass man auch das Gesamtsystem im Blick haben muss. Wir wollen es ja nicht zerstören oder an den Abgrund führen. Wir wollen aber auch einen Zugang für unsere Produkte zum Markt und zu den Patienten. Denn diesen wollen wir sie ja zur Verfügung stellen.