Schwindel: Einordnung, Ursachen, symptomatische Behandlung

Per definitionem wird unter Schwindel ein Verlust der Orientierung im Raum bzw. die Wahrnehmung einer gestörten räumlichen Orientierung und eine damit einhergehende Unsicherheit im Raum verstanden. Zu diesem subjektiven Gefühl kommt es, wenn eine Inkonsistenz zwischen den Impulsen der gleichgewichtsverarbeitenden Systeme vorliegt. Verschiedene Informationen zur Lage im Raum – vermittelt über das vestibuläre System, das visuelle System, Muskel- und Gelenkrezeptoren etc. – passen dann nicht zusammen und widersprechen sich. Auf allen Ebenen sind Störungen möglich. Ursächlich kommen dementsprechend sowohl die peripheren als auch die zentralen Informationsorgane (Gehirn und Psyche) oder eine Kombination in Frage. Als unliebsames Ergebnis daraus entsteht schließlich der Schwindel in verschiedenen Ausprägungen: Drehen, Schwanken, Gangunsicherheit, Schwarzwerden vor Augen, Bewegungsillusion. Zusätzlich können Hörstörungen, Erbrechen und andere Begleitsymptome auftreten.1, 2

Klassifikation und Ursachen

Die verschiedenen Schwindelsituationen der Betroffenen lassen sich grob in Gruppen einteilen. Die häufig auftretende Bewegungskrankheit sowie der Höhenschwindel zählen beispielsweise zum physiologischen Schwindel. Auch bei psychischen Erkrankungen kann Schwindel als Begleitsymptom auftreten – beim sogenannten „phobischen“ oder „psychogenen Schwindel“. Die Personen leiden oft zusätzlich an Ängstlichkeit; Panikattacken und andere belastende Situationen können mögliche Auslöser sein.

Störungen im vestibulären System können sich als benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel äußern. Dabei kommt es zu kurzen Attacken mit Drehschwindel, meist durch Kopfdrehung ausgelöst. Als Ursache sind hier Ablagerungen im Vestibularorgan zu nennen. Zum Einsatz kommen physikalische Lagerungsmanöver, möglich ist aber auch eine Spontanheilung. Zu dieser Gruppe des Vertigo gehören weiters Schwindel bei Migräne oder Morbus Menière – dabei handelt es sich um eine Erkrankung des Innenohres, die in der Regel auch mit Hörminderung und Tinnitus einhergeht.

Zerebrale Hypoxämie kann ebenfalls Auslöser für Schwindel sein. Die Betroffenen beschreiben vor allem einen Schwankschwindel, Benommenheit und Schwarzwerden vor Augen. Als Ursachen kommen hier u. a. eine orthostatische Hypotonie durch Volumenmangel, eine Vasodilatation (eventuell durch Antihypertensiva ausgelöst), kardiale Probleme wie eine Aortenstenose und Herzrhythmusstörungen in Frage.

Im Alter tritt häufig ein Komplex aus leichteren Störungen der Organsysteme, die zur räumlichen Orientierung nötig sind, auf – beispielsweise Seh- und Hörstörungen, Muskelschwäche und Gelenkprobleme, Polyneuropathie. Dadurch kann es ebenfalls zu Schwindel kommen. Therapeutisch ist es wichtig, auch auf das Gesamtbild zu achten und möglicherweise einen Hinweis zu einer benötigten Brille oder einem Hörgerät zu geben. Zusätzlich sollte auf eventuelle medikamentöse Nebenwirkungen geachtet werden.

Als weitere Ursachen sind degenerative Veränderungen oder muskuläre Verspannungen im Bereich der Halswirbelsäule zu nennen – dieser sogenannte „zervikogene Schwindel“ wird vor allem bei Kopfbewegungen ausgelöst bzw. verstärkt. Bereits erwähnt wurden Medikamente als Auslöser, insbesondere Antihypertensiva, Antiarrhythmika und Sedativa.1, 2

Zur symptomatischen Behandlung des Schwindels können Antivertiginosa zum Einsatz kommen. Sie sollten jedoch zeitlich beschränkt angewendet werden. Alternativ sind Homöopathika oder Ginkgo-Präparate eine gute Wahl. Für ein spezielles Ginkgo-biloba-Extrakt wurde in einer Metaanalyse von fünf Studien gezeigt, dass Schwindel und Tinnitus bei Demenzpatienten gebessert wurden.3


Literatur:

  1. Berger O, Das Symptom Schwindel. psychopraxis. neuropraxis. 2019; 22:160–166
  2. S3-Leitlinie 053-018, Schwindel, akut in der Hausarztpraxis. https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/053-018.html
  3. Spiegel R, Kalla R, Mantokoudis G et al., Ginkgo biloba extract EGb 761® alleviates neurosensory symptoms in patients with dementia: a meta-analysis of treatment effects on tinnitus and dizziness in randomized, placebo-controlled trials, Clin Interv Aging. 2018 Jun 13; 13:1121–1127