So schläft Österreich in der Krise

Ein Großteil der Österreicher schläft auch während der Coronakrise gut, wie die Universität Wien jüngst berichtete. Demnach wirkt sich diese Zeit bei 64 % (von 1.496 befragten Personen) nicht auf das Schlafverhalten und auf die gefühlte Schlafqualität aus. Identifiziert werden konnten allerdings bestimmte Kollektive, die es schwer haben, mit der aktuellen Situation und den Geschehnissen der vergangenen Wochen umzugehen. Dazu zählen Menschen, die sich einsam fühlen – unter ihnen geben 26 % an, schlecht oder sehr schlecht zu schlafen. Jene Personen, die eine wirtschaftliche Gefahr wahrnehmen, leiden ebenfalls häufiger an Schlafproblemen. 16 % geben an, sehr schlecht oder schlecht zu schlafen. Hier zeigt sich, dass Unterschiede in der Schlafqualität sowohl durch subjektive Sorgen als auch durch objektive Lebensumstände zustande kommen. Die Gegenüberstellung der Mittelwerte einzelner Erwerbsgruppen verdeutlicht dies. Im Vergleich zum Durchschnitt haben Pensionisten eine signifikant höhere Schlafqualität. Deutlich niedriger ist diese jedoch bei Personen außerhalb von Erwerbsarbeit (wie haushaltsführenden Personen und Karenzierte). Am schlechtesten schlafen arbeitslose Menschen. Ausblick und Erwartungen haben großen Einfluss auf das Schlafverhalten. Je besser die persönlichen Lebensumstände in fünf Jahren eingeschätzt werden, desto besser ist auch die Schlafqualität. Der Zeithorizont des aktuellen Zustands (Stichwort „neue Normalität“) scheint hingegen eine untergeordnete Rolle zu spielen. Die Einschätzung zur Dauer der Coronakrise hat sich als nichtrelevant im Hinblick auf die aktuelle Schlafqualität erwiesen.1

In ihrem Fazit zu den Ergebnissen der Befragung weisen die Autoren darauf hin, dass ein Grund für die hohe Schlafqualität in einem beträchtlichen Teil der Bevölkerung an der aufgezwungenen Entschleunigung liegen könnte. Hier hätte sich die Möglichkeit geboten, mehr zur Ruhe zu kommen, als dies vor der Krise möglich war. Allerdings weichen auch viele Menschen von diesem Trend ab, besonders jene, die durch die Krise vermehrtem Stress ausgesetzt sind. Schlechter Schlaf fördert den Stress zusätzlich, wodurch sich ein Teufelskreis ergibt. Auch Zusammenhänge mit Genussmittelkonsum werden vermutet – in den gestressten Gruppen wurde ein höherer Alkoholkonsum ermittelt, als es dem Durchschnitt entspricht.1

Stufenweises Vorgehen

Eine Schlafanamnese hilft dabei, Optimierungen in der Schlafarchitektur und Verhaltensanpassungen durchzuführen. Dabei stehen die Schlafzeiten, die Schlafumgebung, Tätigkeiten und Gespräche vor der Nachtruhe sowie Einschlafassoziationen im Blickpunkt.2 Antihistaminika der ersten Generation wie Doxylamin und Diphenhydramin eignen sich zur Kurzzeitbehandlung von Schlafstörungen. Bewährte Optionen bietet auch die Pflanzenwelt: Baldrianwurzel, Melissenblätter, Hopfenzapfen und Passionsblume helfen bei Schlafproblemen aufgrund von Unruhezuständen. Melatonin hilft dabei, den Tag-Nacht-Rhythmus zu steuern und verkürzt die Einschlafzeit.

Regeln für einen gesunden Schlaf umfassen auch eine Rhythmussteuerung des Alltags, die Vermeidung schwerer Mahlzeiten am Abend und den weitgehenden Verzicht auf Alkohol. Eine angenehme Atmosphäre im (gut abgedunkelten) Schlafzimmer und regelmäßige körperliche Aktivität wirken unterstützend auf die Schlafqualität. Empfohlen wird körperliche Entspannung, etwa durch progressive Muskelrelaxation, sowie gedankliche Entspannung durch Achtsamkeitstrainings und die Entwicklung von Ruhebildern

 

Literatur:

1 Universität Wien: Wen die Krise bis in den Schlaf verfolgt: Ein Einblick in die Schlafqualität in Österreich.

2 Riemann E, Baum E, Cohrs S et al., S3-Leitlinie Nicht erholsamer Schlaf/Schlafstörungen. Somnologie 2017; 21:2–44