Venenleiden ernst nehmen, Teil 2

Venenprobleme treten in der Bevölkerung recht häufig auf und verschlechtern sich nicht nur in den wärmeren Sommermonaten, sondern auch mit zunehmendem Alter. Als Risikofaktoren für Besenreißer, Krampfadern und chronisch venöse Insuffizienz gelten, neben den bekannten Auslösern – Übergewicht, Rauchen, orale Kontrazeptiva, einseitige Belastungen, wie langes Stehen oder Sitzen – auch genetische Veranlagung, Bindegewebsschwäche, weibliches Geschlecht und Lebensalter. Die anfangs harmlos erscheinenden Besenreißer sind allerdings erste Anzeichen für eine beginnende Venenschwäche. In weiterer Folge können Krampfadern entstehen, die unbehandelt Folgeerkrankungen, wie die chronisch venöse Insuffizienz mit dem Risiko eines Ulcus cruris (offenes Bein), nach sich ziehen.

In erster Linie sollten immer wiederkehrende Beschwerden in den Beinen wie Schwellungen, Schmerzen, Brennen und Schweregefühl ernst genommen und therapiert werden. Hierzu zählen natürlich die Reduktion von etwaigem Überwicht und der Verzicht – oder zumindest die Einschränkung – von Nikotin. Auch wenn es nur wenige wissenschaftliche Beweise für die tatsächliche Wirkung bestimmter Sportarten auf die venöse Schwäche gibt, so hilft sportliche Betätigung jedenfalls, den Blutfluss anzuregen und die Muskelpumpe zu aktivieren. Speziell das Schwimmen soll sich in dieser Hinsicht positiv auswirken, da neben der Ganzkörperbewegung und Druckentlastung auch eine leichte Lymphdrainage aufgrund der Massagewirkung des Wassers hinzukommt. Nach langem Stehen oder Sitzen kann der Rückfluss des Blutes durch Hochlagern der Beine unterstützt werden. Auch das Tragen (zu) enger, einschnürender Kleidung (z. B. Skinny Jeans) sollte vermieden werden. Wechselduschen und kalte Kneipp-Güsse regen die Durchblutung an und helfen, Krampfadern vorzubeugen. Laut S2k-Leitlinie1 gliedert sich die Therapie von Varikosen in konservative Methoden (Kompressionstherapie, physikalische und medikamentöse Therapie), operative Verfahren und endovenöse thermische und chemische Verfahren (z. B. Lasertherapie und Sklerosierung). Als medikamentöse Therapie stehen in Österreich Flavonoide wie Diosmin, Rutoside, Rosskastanien- und Weinlaubextrakte zur Verfügung. Die Wirkung beruht auf einer Verringerung der erhöhten Kapillarpermeabilität und einer verminderten Dehnbarkeit der Venenwände. Als Wirkmechanismus werden die Wechselwirkung mit Phospholipiden in der Zellmembran und eine Hemmung der Prostaglandinfreisetzung angenommen. Symptome wie Ödembildung, Schmerzen und Schwellungen werden gemildert. Die Behandlung sollte allerdings über einen längeren Zeitraum erfolgen, denn die Wirkung setzt üblicherweise erst nach 2–4 Wochen konsequenter Einnahme ein. Besonders sinnvoll zur Unterstützung des venösen Systems erscheint die Kombination von systemischer medikamentöser Therapie und Kompressionstherapie.
Neben der Einnahme verschiedener venenstärkender Arzneimittel bringt die topische Anwendung ausgewählter Wirkstoffe rasche Linderung bei Schweregefühl, Schmerzen und Schwellungen. Heparinoide, wie zum Beispiel Mucopolysaccharidpolyschwefelsäureester, wirken außerdem entzündungshemmend und werden ebenso bei stumpfen Traumata, Hämatomen und bei Entzündungen oberflächlicher Venen verwendet. Um den kühlenden Effekt zu verstärken, eignen sich Zubereitungen als Gel oder Spray. Hier sollte nur beachtet werden, dass Gele und alkoholhaltige topische Arzneiformen die Haut austrocknen und – speziell empfindliche Haut – reizen können. Zusätze wie Menthol und Kampfer verlängern die kühlende Wirkung, entspannen und lockern die Wadenmuskulatur. Aufgetragen werden sollten topische Arzneiformen immer vom Knöchel hinauf in Richtung Kniegelenk, wodurch der venöse Rückfluss durch die Massagewirkung beim Eincremen verbessert wird. Abschließend ist es wichtig, zu erwähnen, dass sich operative Verfahren, Kompression und medikamentöse Therapie ergänzen und nicht als einzelne Ansätze gesehen werden sollten.


Literaturverweis:

S2k-Leitlinie „Diagnostik und Therapie der Varikose“. AWMF online, 03/2019