Wege aus der Erschöpfung aufzeigen

Alles ist zu viel.“ Diesen Satz hört man nicht selten von Mitmenschen. Die Psychologie hat mittlerweile viele Erkenntnisse gesammelt, was hinter diesem Satz steckt und wie sich die Menschen wirklich fühlen. Zum Beispiel wie Sisyphos, der mit großer Mühe einen Stein auf einen Hügel rollt, um dann sehen zu müssen, wie er wieder nach unten rollt; oder wie eine Marionette, die an vielen Fäden hängt, aber selbst kaum noch gestalten kann; wie jemand, der stets viel investiert, sich aber immer weiter von Zielen und Träumen entfernt. Die erste Empfehlung an die Betroffenen ist stets, diesen Zustand zu akzeptieren. Wer erschöpft und kraftlos ist, der ist nicht „verkehrt“, sondern braucht nur eine Zeit reduzierter Belastung. So wie zum Beispiel Magen und Darm manchmal überlastet sind und eine Phase der Regeneration und etwas Hilfe von außen benötigen, so verhält es sich auch mit dem Einklang von Körper und Geist. Auch dieses System erholt sich in der Regel wieder, wenn man etwas leiser tritt und einem das Umfeld hilft. Die Zusammenfügung von Psyche und Soma wird in diesem Zusammenhang übrigens als psychophysischer Erschöpfungszustand bezeichnet. Der Zustand wird von der jeweiligen Lebenssituation und den damit verbundenen Erwartungen, Befriedigungen und Enttäuschungen sehr individuell geprägt. Abzugrenzen davon sind Erschöpfungszustände, die beispielsweise nach langer oder schwerer Krankheit eintreten. Auch eine lange dauernde Isolation kommt als Ursache infrage. Bei einem erschöpften Kunden sollten daher auf jeden Fall die Lebensumstände und etwaige Krankheitshistorien abgeklärt werden. Auch an einen Nährstoffmangel sollte man denken. Schwierige Lebensumstände kann der Körper mit vollen Nährstoffspeichern besser bewältigen. Gerade bei Stress wird aber oft eine ausgewogene Ernährung hintangestellt. Außerdem erhöht sich der Bedarf an Mikronährstoffen wie Zink und Magnesium.

Während der erschöpfte Kunde versucht, sein Leben ein wenig umzustellen und bestimmte Belastungen abzubauen, kann man ihn mit ausgewählten Pflanzen unterstützen, um wieder auf die Beine zu kommen. Dazu zählt zum Beispiel die Taigawurzel. Diese Pflanze, Eleutherococcus senticosus, hat eine lange Tradition in der Verwendung bei Schwächezuständen. Hauptverbindungen sind Phenylpropane, Lignane und Polysaccharide. Vor allem Liriodendrin (Eleutherosid B) und Syringin (Eleutherosid E) werden als die Wirksamkeit mitbestimmenden Inhaltsstoffe angesehen. Die „Kommission E“ nennt Müdigkeits- und Schwächegefühl sowie nachlassende Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit und Rekonvaleszenz als Anwendungsgebiete.1 Das „Committee on Herbal Medicinal Products“ (HMPC) nennt die traditionelle Anwendung bei Symptomen der Asthenie.2 Humanstudien haben das Potenzial der Pflanze in der Anpassung des Körpers an Stress gezeigt. Allgemein dürfte sich also die Widerstandsfähigkeit gegen äußere und innere Stressoren erhöhen.

Eine bewährte Pflanze ist auch Panax ginseng. Extrakte daraus wirken sich nachweislich auf das Zentralnervensystem und das Immunsystem aus. Festgestellt hat man stimulierende und sogar serotoninähnliche Wirkungen. Als Tonikum bei Müdigkeit und Überanstrengung ist Ginseng daher sehr gut geeignet. Weitere interessante Pflanzen sind der Rosenwurz, aber auch Mate.1

Wie bereits angedeutet können auch Mikronährstoffe den Körper in stressigen und erschöpfenden Phasen unterstützen. Die Vitamine B1, B2, B6 und B12 sind ebenso wichtig für das Nervensystem wie Vitamin C, Biotin, Kalzium, Magnesium und Jod. Außerdem ist es wichtig, neue Elemente ins Leben einzubauen. Meditationen, Entspannungstrainings, Massagen und Achtsamkeitsübungen helfen dabei, Belastungen abzubauen und Stress besser zu verarbeiten. Den Stress selbst zu reduzieren ist nicht immer leicht oder so schnell umsetzbar. Daher ist es wichtig, mit den Belastungen besser umzugehen. Auch Hilfe von anthroposophischen Arzneimitteln kann dabei in Anspruch genommen werden. Dabei wird die Selbstregulation des Körpers in Stresssituationen gefördert, und Begleitsymptome wie Unruhe, Nervosität, Verstimmungen und Angst werden gelindert.

Nicht zu vergessen ist der Faktor Bewegung. Hierzu gibt es eine interessante Richtlinie des britischen „National Institute for Health and Care Excellence“ (NICE). Darin wird Menschen mit chronischem Erschöpfungssyndrom (Chronic Fatigue Syndrome, CFS) eine Bewegungstherapie empfohlen. Eine systematische Übersichtsarbeit deutet ebenfalls darauf hin, dass Bewegung ein vielversprechender Ansatz zur Behandlung der Erschöpfung ist. Es gab positive Auswirkungen auf die körperlichen Aktivitäten des täglichen Lebens, den Schlaf und die Selbsteinschätzung des allgemeinen Gesundheitszustandes. In der Publikation wurde auch klargemacht, dass sich die Erschöpfungssymptome durch Bewegung in keinem Fall verschlimmerten.3 Gibt man sich also einen Ruck, profitieren Körper und Geist bereits kurzfristig davon.

 

Literatur:

1 Fintelmann V et al., Haug Verlag 2017

2 Community herbal monograph on Eleutherococcus senticosus (Rupr. et Maxim.) Maxim., radix EMA/HMPC/680618/2013

3 Larun L et al., Cochrane Common Mental Disorders Group 2016