Nahrungs-stimulierte Hormone – Game Changers bei Adipositas

Während es der in den letzten Jahren gelungen ist, die Gewichtsreduktion bei Menschen mit Übergewicht oder Adipositas durch medikamentöse Therapien zu unterstützen, besteht noch immer ein „Treatment Gap“ im Vergleich zur Effektivität der bariatrischen Chirurgie. Um den Erfolg der Nahrungs-stimulierten Hormone (engl. Nutrient-stimulated hormones, NuSHs) fortzusetzen, werden neue Hormone bzw deren Analoga sowie Kombinationen der NuSHs hinsichtlich ihres gewichtsreduzierenden Potenzials untersucht.
Amylin-Analoga, vor allem in Kombination mit GLP-1-RA, sind potenzielle Kandidaten für diesen Ansatz. Das humane Amylin wird mit Insulin co-sezerniert und unterdrückt die Glukagon-Freisetzung sowie die Nahrungsaufnahme. Bereits die Monosubstanz Pramlintide, die in den USA zugelassen ist, führt zu einer Gewichtsreduktion von 7 %. Cagrilintide ist ein lang-wirksames Amylin-Analogon, das vor allem in der Kombination mit Semaglutid überzeugt. So führt die Kombination aus Cagrilintide 2,4 mg und Semaglutid 2,4 mg zu einer Gewichtsreduktion von 17 %; auch bei Menschen mit Typ-2-Diabetes, bei denen die Gewichtsreduktion unter GLP-1-RA meist weniger ausgeprägt ist, konnten – 15 % Gewichtsreduktion erreicht werden. Der Mechanismus dahinter ist vor allem die Appetithemmung, was auch die Nebenwirkungen wie Übelkeit und Erbrechen erklärt. Aktuell läuft das Phase-III-Programm unter dem Namen REDEFINE.

Der Haupteffekt der Gewichtsreduktion nach bariatrischer OP scheint der Anstieg der endogenen NuSHs zu sein; neben GLP-1 kommt es auch zum Anstieg von Oxyntomodulin und PYY. Letzteres wird als Analogon in der Kombination mit GLP-1-RA getestet und führt ebenfalls zu einer Verminderung der Nahrungsaufnahme.

Last but not least wurden beim ADA die Ergebnisse der Phase-II-Studien zu Retatrutide, einem GLP-1/GIP/Glukagon-Rezeptor-Agonisten, kurz Triple-Agonisten, gezeigt. Hierunter kam es zu einer Gewichtsreduktion von 24 % innerhalb von 48 Wochen mit zusätzlichen positiven kardiometabolischen Effekten.

Neben der Effektivität scheint jedoch auch die Anwendung eine wichtige Rolle zu spielen, weswegen neben den klassischen einmal wöchentlichen Injektionstherapien auch orale Präparate sowie einmal monatliche Injektionen in Entwicklung sind.

Fazit: Die Anti-Adipositas-Therapie wird zukünftig sehr individuell ausfallen, da auch die Effektivität der einzelnen Substanzen von Mensch zu Mensch unterschiedlich ist; zwar gibt es noch keine Biomarker um die unterschiedlichen Formen der Adipositas zu unterscheiden, aber die Breite an Substanzen wird eine personalisierte Adipositastherapie ermöglichen.