IPSS-M: Molecular International Prognosis Scoring System

Seit 2012 ist der durch verfeinerte Zytogenetik entwickelte IPSS-R Goldstandard zur Prognoseabschätzung bei MDS. Genmutationen wurden bisher darin nicht berücksichtigt. Daten von fast 3000 MDS-Patienten (<20% Knochenmarksblasten) wurden nunmehr zur Entwicklung eines neuen Scores, IPSS-M, unter Verwendung molekularer Daten verwendet. Zusätzlich zu bisherigen prognostischen Parameter wurden 156 Treibergene untersucht.

Letztlich in den neuen Score eingeschlossene Variable umfassen Hämoglobin, Thrombozyten, Knochenmarksblasten, zytogenetische Kategorie laut IPSS-R, binärer Mutationsstatus von 22 prädiktiven Genen (außer p53-Allelic State und SF3B1-Komutationen) sowie Zahl der Mutationen aus einer Gruppe von 17 Genen. Eine App zur Berechnung wird entwickelt, die auch eine Strategie zum Umgang mit fehlenden Daten bieten soll. Sechs statt bisher fünf Prognosegruppen können unterschieden werden, eine Verbesserung des Prognosewerts gegenüber dem IPSS-R wurde erzielt. 46% der Patienten wurden restratifiziert. Der vorgeschlagene Score kann auch bei sekundärem und therapieassoziiertem MDS angewendet werden.

Bedeutung für die Praxis

Prinzipiell ist die Weiterentwicklung von Prognosescores zu begrüßen. Trotz der hohen Fallzahl ist bei der Heterogenität der molekularen Muster eine weitere externe Validierung notwendig sowie der Vergleich mit weiteren im Jahr 2021 vorgeschlagenen Systemen, die unter anderem auf „Machine learning“-Algorithmen beruhen, erforderlich. Während der Prognosewert für die Scoregruppen etwas verbessert wurde, bleibt die individuelle Prognose schwierig. Bei der Restratifizierung der Patienten stellt sich die Frage, für wie viele davon sich Änderungen in der Therapieentscheidung oder für den Einschluss in Studien ergeben, die ja in Einschlusskriterien nach wie vor nur nach Hoch- und Niedrigrisiko-MDS unterscheiden. Viel interessanter ist der Plan, die Daten zur Entwicklung einer molekularen Klassifikation zu verwenden, MDS-Entitäten auf molekularer Basis zu identifizieren bzw. ausgehend von den Daten neue Therapiekonzepte zu entwickeln.

 

Elsa Bernard et al., ASH 2021, abstr. 61; Molecular International Prognosis Scoring System for Myelodysplastic Syndromes