Dünndarm und Dickdarm – Mikro­biom, CED und ­COVID-19

Darmmikrobiom abseits des Dickdarms

Obwohl die Besiedlung mit Bakterien im Dickdarm am höchsten ist, findet sich in auch in allen anderen Teilen des Gastrointestinaltrakts eine relevante Dichte an Mikroben. Eine fäkale Mikrobiota-Transplantation (FMT) mit duodenaler Applikation verbesserte Symptome des metabolischen Syndroms oder bestimmter Autoimmunerkrankungen. Lactobazillen scheinen bei der Modulation des Immunsystems in diesem Zusammenhang eine besondere Bedeutung zu haben. Bei Patient:innen mit metabolischem Syndrom führte die einmalige Behandlung mit Anaerobutyricum soengenii zu einer Steigerung der duodenalen Expression des „regenerating islet-derived protein 1B“, der GLP-1-Spiegel und der Bildung von sekundären Gallensalzen.

G-Protein-gekoppelte Rezeptoren im GI-Trakt

Odoribacter splanchnicus kann bei Patient:innen mit Colitis ulcerosa (CU) erfolgreich im Rahmen einer FMT angewendet werden und verhindert im Tiermodel eine Colitis. Die Wirkung basiert auf der gesteigerten Produktion von kurzkettigen Fettsäuren, die durch Aktivierung der G-Protein-gekoppelten Rezeptoren (GPR) 109a und 43 zu einer gesteigerten Expression von IL-10 führen. Die Aktivierung von GPR120 in Makrophagen hemmt die Produktion von TNF und IL-6 und korreliert im menschlichen Dickdarm mit der Expression von IL-10. Das oral eingenommene, auf Firmicuten-Sporen basierende Mikrobiom-Therapeutikum SER-287, das bereits für die Behandlung von Clostridien zugelassen ist, führte bei 40 % der CU-Patient:innen zu einer klinischen Remission.

Ernährung und chronisch entzündliche Darmerkrankungen

Eine fettarme, ballaststoffreiche Diät führt im Vergleich zu einer westlichen Ernährung bei Patient:innen mit CU zu einer signifikanten Verbesserung des Mayo-Scores. Die Vermehrung von Faecalibacterium prausnitzii könnte eine Erklärung hierfür sein. Mehrfach ungesättigte Fettsäuren können eine Darmentzündung bei Patient:innen mit Morbus Crohn verursachen und den klinischen Verlauf verschlechtern. Eine Exklusions-Diät (regulierte und definierte Zufuhr von Nahrungsmitteln) bei Biologika-naiven Patient:innen mit Morbus Crohn kann zu einer langfristigen klinischen und endoskopischen Remission führen.

CED: Therapie-Update

Neben dem unspezifischen JAK-Inhibitor Tofacitinib können die JAK1-spezifischen Inhibitoren Filgotinib und Upadacitinib für die Behandlung der CU eingesetzt werden. Für Upadacitinib konnte mittlerweile eine Wirksamkeit bei der Behandlung von Morbus Crohn für 30 Monate nachgewiesen werden. Sphingosin-1-Phosphat-Rezeptor-Modulatoren wie Ozanimod werden seit Jahren bei Multipler Sklerose eingesetzt. Ozanimod, das jetzt auch für die Behandlung der CU zur Verfügung steht, verhindert die Migration von Lymphozyten aus den Lymphknoten und wirkt dadurch immunsuppressiv.

Nachsorge von CU-Patient:innen

Die American Gastroenterological Association hat 2022 eine Empfehlung hinsichtlich der endoskopischen Nachsorge von Patient:innen mit CU veröffentlicht. Diese gibt klare Hinweise zu Zeitintervallen, Art der Koloskopie, Biopsien und Detektion von Dysplasien.

COVID-19 und gastrointestinale Beschwerden

Fast ein Drittel der COVID-19-Patient:innen hat auch 6 Monate nach der Infektion gastrointestinale Beschwerden, wobei Patient:innen mit psychischen Problemen vor der COVID-19-Erkrankung häufiger gastrointestinale Beschwerden entwickelten. Bei 70 % der Patient:innen konnte SARS-CoV-2-Virus-Antigen in Epithelzellen des Duodenums, Iliums und Colons noch nach mehreren Monaten nachgewiesen werden. Die virale Persistenz im Gastrointestinaltrakt war mit dem Vorliegen von Long-Covid-Symptomen assoziiert.

Quelle: basierend auf einem Vortrag von Ludwig Kramer (Wien) im Rahmen der 55. Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Gastroenterologie und Hepatologie (ÖGGH), Sitzung 6: 12 Monate in 90 Minuten: Was haben wir im vergangenen Jahr an klinisch Relevantem dazugelernt?; 9. 9. 2022