CLL: Von Standardtherapie zur Individualisierung: Limitiert vs. Kontinuum – was passt für wen?

Die enormen Fortschritte, die es in der Therapie der chronisch lymphatischen Leukämie (CLL) in den letzten Jahren gab, spiegeln sich auch in einer Vielzahl an Updates großer Phase-III-Studien wider, die am letzten ASH präsentiert wurden. Durch die große Palette neuer, innovativer Therapiemöglichkeiten stellt sich nunmehr die Frage einer Individualisierung der Therapie.
Aktuell ist bei jedem Therapiestart die Abwägung zwischen limitierter oder kontinuierlicher Medikamentenapplikation zu treffen. Da ein Head-to-Head-Vergleich aktuell jedoch noch fehlt, ist eine individuelle Entscheidung anhand von krankheits- bzw. patientenspezifischen Parametern erforderlich. Eine „maßgeschneiderte“ Behandlung erfordert einerseits die Kategorisierung der Patienten in eine Hochrisiko-Kohorte (Vorliegen einer del17p, einer TP53-Mutation oder eines unmutierten IGHV-Status) und andererseits die Erfassung der Komorbiditäten, welche über eine potenzielle Toxizität entscheiden. Die Subgruppenanalysen der derzeit vorliegenden Phase-III-Studien favorisieren aktuell für die Hochrisiko-Patienten den Einsatz einer längerfristigen Therapie, wenn patientenspezifisch vertretbar. Jedoch profitieren diese Patienten auch von der Kombinationsmöglichkeit Ibrutinib und Venetoclax.
Der Einsatz eines Bruton’schen Tyrosinkinase (BTK)-Inhibitors der ersten (Ibrutinib) oder der zweiten (Acalabrutinib, Zanubrutinib) Generation bietet den Vorteil der verfügbaren Langzeitdaten (Ibrutinib) bei relativ unkomplizierter ambulanter Anwendung zum Nachteil einer dauerhaften Therapienotwendigkeit. Viele Patienten favorisieren eine zeitlich begrenzte Therapie, welche mit der Kombination des bcl2-Inhibitors Venetoclax und eines Anti-CD20-Antikörpers verfügbar ist, die allerdings gerade zu Beginn aufwendiger erscheinen mag.
Im Relaps entscheiden die stattgehabten Vortherapien über die weitere Therapiesequenz, auch hier gibt es mit einem nicht-kovalenten BTK-Inhibitor eine Erweiterung des Spektrums, insbesondere bei Vorliegen einer BTK-Mutation.
Da mit den verfügbaren Möglichkeiten die Ansprechraten ein ausgezeichnetes Niveau erreicht haben, ist eine Vermeidung erhöhter Toxizität vorrangiges Ziel. Auch hier weisen Langzeitdaten den Weg, für welche Patientengruppe beispielsweise der Einsatz von Ibrutinib ein übermäßiges Risiko von kardialen Ereignissen beinhaltet und diese daher einer Alternativtherapie zugeführt werden sollte.