Ursachen und Folgen des Medikamentenmangels in Europa

In Österreich beträgt die Anzahl der nicht verfügbaren Arzneimittel derzeit  343 (Stand: 24. 3. 2023), inklusive der eingeschränkt lieferbaren Arzneimittel sind es derzeit etwa 600. Bei über 16.000 zugelassenen Arzneimitteln entspricht dies einem Anteil von ca. 2 %. Betroffen sind vor allem Medikamente zur Bekämpfung von Atemwegserkrankungen, Schmerzmittel, Antidepressiva, Blutdrucksenker und Antibiotika. Nur vereinzelt sind Krebsmedikamente darunter.

Ein Medikamentenmangel bzw. Lieferengpass tritt dann ein, wenn ein Arzneimittel nicht in der erforderlichen Menge oder nicht zum erforderlichen Zeitpunkt verfügbar gemacht werden kann.

Die Ursachen für Lieferengpässe sind mannigfaltig:

  • Knappheit bei Wirkstoffen. So liegen die Zertifikate für Wirkstoffherstellung zu 63 % bei asiatischen und nur zu 33 % bei europäischen Herstellern.
  • Längere Lieferzeiten bei Bestandteilen, die im Fertigungsprozess benötigt werden (z.B. Lösungsmittel und Beschichtungen, Papier, Verschlüsse, Kunststoff- und Glasbehälter)
  • Probleme im Vertrieb (geschlossene Grenzen, usw.)
  • Unerwarteter Mehrbedarf (z.B. durch COVID-19, Influenza, RSV)
  • Anhaltender Fachkräftemangel und Personalausfälle
  • Steigende Qualitätsanforderungen und regulatorische Anforderungen verteuern die Produktion, wodurch es zu einer Konzentration bei den Herstellern kommt.
  • Parallelhandel durch unterschiedliche Preisgestaltung in Europa

Was wird gegen den Medikamentenmangel getan bzw. kann getan werden:

  • Zusammenarbeit der pharmazeutischen Industrie, Apotheken und Behörden, wie beim Vertriebseinschränkungsregister auf EU-Ebene und in Österreich (inkl. Parallelhandel-Verbot bei Bedarf).
  • Preispolitik: mehr Produktion und Forschung in Europa bedeutet auch eine Abkehr von einer Preispolitik, die nur Kosteinsparungen als Ziel hat.
  • Ausbau der Produktion in der EU und in Österreich (Re-Shoring). Allerdings ist es unrealistisch zu glauben, dass eine europäische Produktion vollkommen unabhängig von globalen Lieferketten sein kann. Zudem dauert der Aufbau einer neuen Fertigungsanlage ca. 5 Jahre.
  • Erhebung und Nutzung von Daten, um Lieferketten transparent zu machen, Parallelimporte darzustellen und Fälschungen zu erkennen; aber auch für epidemiologische Daten, um Krankheitsverläufe und Pandemien besser einschätzen zu können.
  • Forschungsstandort fördern: Ein exzellenter Forschungsstandort hilft, Krisen schneller zu bewältigen. Auch ein funktionierender, regulatorischer Rahmen und schnellere Genehmigungsverfahren helfen, den Zugang zu verbessern.