Das Schlusswort: Gesundheitsreform: Geld folgt Leistung?

Mitte 2012 präsentierten Vertreter von Bund, Ländern und der Sozialversicherung das Papier zur Gesundheitsreform. Im April dieses Jahres wurde die Reform im Nationalrat abgesegnet, festgelegt ist sie in zwei 15a-Vereinbarungen zwischen Bund und Ländern. Die Basis für die Umsetzung der Reform bildet der sogenannte Bundeszielsteuerungsvertrag, auf den sich Ende Juni Bund, Länder und Krankenkassen nach zähen Verhandlungen geeinigt haben.
Die Zielsetzungen der Reform: Die Versorgung soll patientenfreundlicher, besser und kostengünstiger, die Leistungen in Zukunft am „Best Point of Service“ erbracht werden. Es soll eine sukzessive Verlagerung von stationärer hin zu ambulanter Behandlung erfolgen. Dazu werden das Angebot der niedergelassenen Ärzte verbessert und Ordinationen auch an den Wochenenden oder Abenden geöffnet. Gelingen soll das durch den Ausbau von Gruppenpraxen und durch Zentren, in denen verschiedene Gesundheitsdienstleister zusammenarbeiten.
Für unsere Medizinprodukte-Unternehmen bedeutet diese Marktverlagerung eine große Herausforderung. Unternehmen, die bisher vorwiegend im stationären Bereich tätig waren, müssen mitunter zukünftig auch vermehrt den niedergelassenen Bereich bearbeiten. Neue Zielgruppen treten plötzlich auf den Plan. Das erfordert neue Marketingansätze und eine geänderte Vertriebsorganisation. Ob der Vertrieb von Medizinprodukten im niedergelassenen Bereich günstiger zu bewerkstelligen ist als im stationären, wage ich zu bezweifeln. Es macht sicher einen Unterschied, ob ein Zentraleinkauf eines Klinikverbundes besucht wird oder viele einzelne Arztordinationen. Auch Überleitungsmanagement und Case Management gewinnen für unsere Unternehmen an Bedeutung. Diese Dienstleistungen sind aber per se sehr personalintensiv. Generell wird auch der administrative Aufwand steigen. Die geplanten Nachfragekonzentrationen im niedergelassenen Bereich werden diese Kostentreiber für das System nur bedingt abfedern.
Vor diesem Hintergrund wird die tatsächliche Verlagerung der Finanzmittel vom stationären in den ambulanten Bereich interessant. Zu befürchten ist, dass einerseits die Einsparungen im stationären Sektor nicht im notwendigen Ausmaß für den Aufbau der ambulanten Versorgung verwendet werden bzw. andererseits zu wenig Einsparung im stationären Bereich zu einer Unterfinanzierung der ambulanten Versorgung führt, die jetzt mehr Patienten aufnehmen muss. Die Verhandlungen zwischen den Systempartnern werden also spannend, denn wer sich zuerst bewegt, verliert.
Hinzu kommen nun die in der Reform festgeschriebenen Ausgabenobergrenzen, die von AUSTROMED von Anfang an kritisiert wurden. Es gilt zu bedenken, dass diese geplante Deckelung bei gleichzeitiger Mengenausweitung aufgrund der demografischen Entwicklung zwangsläufig zu Leistungskürzungen führt. Auch der medizinische Fortschritt wird gehemmt und weniger Innovationen kommen beim Patienten an.
Das ist gesundheitspolitisch und gesamtwirtschaftlich bedenklich. Eine Gesundheitsreform, die gedeckelte Budgets und Ausgabendämpfung als zentrale Elemente hat, läuft Gefahr, eine der wenigen Branchen, die konjunkturbelebend wirkt, zu schwächen. Die Gesundheitswirtschaft und speziell die Medizinprodukte-Unternehmen sind ein wichtiger Wachstumsmotor und die gesamtwirtschaftliche Bedeutung beachtlich. AUSTROMED wird dazu im Herbst eine Studie veröffentlicht.

Ihr

Mag. Friedrich Thomasberger