Evidenzbasierte Argumente für das Impfen

Der Bericht „Reaktionen und Nebenwirkungen nach Impfungen: Erläuterungen und Definitionen in Ergänzung zum Österreichischen Impfplan“ will einem Phänomen entgegenwirken, das in entwickelten Industrieländern insgesamt – in Österreich jedoch nochmals verstärkt – zu beobachten ist: Erfolgreiche Impfkampagnen und ein damit verbundener Rückgang der Morbidität bei vielen Krankheitsbildern hätten zu einer „verminderten Wahrnehmung der Risiken durch die Erkrankungen“ geführt und das Hauptaugenmerk auf die Nebenwirkungen“ gelenkt, schreiben die Experten in der Einleitung des Berichts: „Die durch Impfskeptiker und Impfgegner ausschließlich emotionalisiert geführten Diskussionen um Impfungen mit nicht evidenzbasierten Berichten haben dazu geführt, dass Impfungen von der Bevölkerung kontroversiell wahrgenommen werden.“
Der Expertenbericht wurde unter Federführung des Instituts für Spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin der MedUni Wien gemeinsam mit den Mitgliedern des Nationalen Impfgremiums unter deutscher Beteiligung, der Patientenanwaltschaft und in Kooperation mit dem Gesundheitsministerium erstellt. Er soll, so die Intention der Autoren, einen Beitrag leisten, um dem beschriebenen Phänomen auf sachlicher Ebene entgegenzuwirken. Dazu stellte die Broschüre auf 20 Seiten die wesentlichsten Informationen zu Positiva und Impfreaktionen, Nebenwirkungen und wichtigen wissenschaftlichen Studien zusammen, erläutert Prof. Dr. Ursula Wiedermann-Schmidt, als Leiterin des Instituts und Mitglied des Nationalen Impfgremiums wesentlich in die Erstellung involviert, und betont die Unabhängigkeit des eigenfinanzierten Berichts: „Es gab keine Unterstützung der pharmazeutischen Industrie.“

Großer Nutzen, geringes Risiko

Die wissenschaftlichen Studien zur Impfstoffsicherheit, die in den letzten Jahren vermehrt durchgeführt wurden, würden „mit zunehmend robuster Datenlage klar aufzeigen“, schreiben die Autoren, dass die Nutzen-Risiko-Relation von Impfungen sowohl für den Einzelnen als auch für die Gesamtpopulation eindeutig zugunsten der Impfungen zu bewerten sei. Diese positive Nutzen-Risiko-Relation sei durch das Zulassungsverfahren und laufende Überwachung auch für alle im österreichischen Impfplan empfohlenen Impfungen belegt. Grundsätzlich gelte für alle empfohlenen Impfungen, dass das Verhältnis von Nutzen und Risiko zu den günstigsten in der Medizin überhaupt zählt. So sei etwa das Risiko für eine Masernenzephalitis eins zu 1.000, während das Risiko einer Enzephalitis nach Masernimpfung bei eins zu einer Million liegt, „also Faktor 1.000-mal niedriger“, so die Experten.
Ein Zusammenhang zwischen Impfung und Entstehung von bestimmten Erkrankungen werde durch das Datenmaterial klar widerlegt, sagt Wiedermann-Schmidt: „Die wissenschaftlichen Studien sprechen einfach dagegen. Dass eine Impfung direkt ein solches Problem auslösen kann, stimmt nicht.“ Vielmehr handle es sich dabei um immunologisch sehr komplexe Geschehen, die nicht auf eine Ursache zurückgeführt werden könnten.

Neue Nomenklatur

Die Broschüre erläutert zudem die neue, international gültige Begrifflichkeit im Zusammenhang mit möglichen Nebenwirkungen von Impfungen, die von der CIOMS-Arbeitsgruppe für Impfstoff-sicherheit der WHO festgelegt wurde: „Adverse Events Following Immunization“ (AEFI).
Ein AEFI ist jegliches unerwünschte gesundheitliche Ereignis nach einer Impfung, unabhängig von einem kausalen Zusammenhang. Es kann sich dabei um ein Symptom, einen veränderten Laborbefund oder das Auftreten einer Erkrankung handeln. Zusätzlich existiert noch eine Definition des „schweren unerwünschten Ereignisses“ („Serious Adverse Event“ – SAE). Bezogen auf AEFI ist ein schweres Ereignis eines, das zum Tod oder zu einem lebensbedrohenden Zustand führt, eine bestehende Hospitalisierung verlängert, zu bleibender oder signifikanter Behinderung oder zu einem kongenitalen Defekt führt. Weiters sollten auch ­andere wichtige medizinische Ereignisse, die den Patienten ­einschränken oder eine Intervention erfordern, um ein schweres Ereignis zu verhindern, nach individueller medizinisch-wissenschaftlicher Beurteilung als schwer betrachtet werden.
Laut WHO gibt es fünf Kriterien zur Kausalitätsbeurteilung einer AEFI, wobei für die Zuordnung des Kausalbezugs nicht alle fünf erfüllt sein müssen:

  • Vereinbarkeit, Folgerichtigkeit: Der Zusammenhang des Ereignisses mit der Verabreichung eines Impfstoffes sollte gleichbleibend sein, das heißt wiederholbar an verschiedenen Orten, durch verschiedene Untersucher, durch verschiedene Untersuchungsmethoden, und zur gleichen Schlussfolgerung führen.
  • Stärke des Zusammenhangs
  • Spezifität: Der Zusammenhang des Ereignisses mit der Verabreichung eines Impfstoffes sollte unverwechselbar mit dem Impfstoff sein und nicht häufig, spontan oder allgemein im Zusammenhang mit anderen Reizen oder Umständen vorkommen.
  • Zeitliche Beziehung zwischen dem Ereignis und der Verabreichung eines Impfstoffes
  • Biologische Plausibilität

Der Expertenbericht ist als Download auf der Website des Gesundheitsministeriums oder auf der Website der Österreichischen Gesellschaft für Infektionskrankheiten und Tropenmedizin (ÖGIT) zu finden.

 

 

Terminankündigung

8. Österreichischer Infektionskongress:
Organbezogene Infektionen 2. bis 5. April 2014, Saalfelden, Hotel Gut Brandlhof

„Der diesjährige Kongress steht ganz im Zeichen der Organinfektionen, von der Meningitis bis zum diabetischen Fuß“, sagt Kongressleiter Prof. Dr. Florian Thalhammer. „Es ist uns auch heuer wieder gelungen, namhafte Referentinnen und Referenten zu wichtigen Themen zu gewinnen.“ Der Eröffnungsvortrag wird etwa von Prof. Dr. Wolfgang Graninger gehalten, der sich mit den „Auswirkungen von Infektionen auf den Lauf der Geschichte“ auseinandersetzen wird.
Auch die Wissenschaft soll nicht zu kurz kommen. Geplant sind eine Posterausstellung sowie Kurzpräsentationen der besten Abstracts und Fallberichte.
Veranstalter ist die Österreichische Gesellschaft für Infektionskrankheiten und Tropenmedizin (ÖGIT). Als Kooperationspartner fungieren die Österreichische Gesellschaft für Hygiene, Mikrobiologie und Präventivmedizin (ÖGHMP), die Österreichische Gesellschaft für Medizinische Mykologie (ÖGMM) und die Österreichische Gesellschaft für Tropenmedizin, Parasitologie und Migrationsmedizin (ÖGTPM). Für den Kongress werden 18 Fortbildungspunkte im Rahmen der Diplomfortbildung der ÖÄK anerkannt.

 Detailinformationen, Anmeldung unter www.oegit.eu/kongress_2014.htm