Uhr an Knie: Bitte strecken!

Der Prototyp einer digitalen Funksteuerung für Prothesen ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit der Fachhochschule St. Pölten mit der Otto Bock Healthcare Products GmbH Wien. Eine der wesentlichen Aufgaben der innovativen Fernsteuerung ist die Aktivierung spezieller Bewegungsprogramme, wie zum Beispiel Radfahren. Bisher wurde diese Auswahl über eine unidirektionale Funkverbindung durchgeführt, was aber verschiedene Nachteile mit sich bringt. Die Idee, das digitale Funksystem einer Armbanduhr zu nutzen, wurde nun von einem Studierenden des Studiengangs „Industrial Simulation“ evaluiert und adaptiert. Das Resultat: Die Steuerung ist nun benutzerfreundlicher, vielseitiger und weniger störanfällig.

Armbanduhr steuert Prothese

Moderne Beinprothesen sind Hightechprodukte, die auf die Bewegungen des Trägers intelligent reagieren. Sogar sportliche Aktivitäten wie Radfahren, Inline-Skaten, Langlaufen oder Skifahren sind mit ihnen möglich. Dafür kann über eine Fernbedienung ein entsprechendes Spezialprogramm aktiviert werden. Ein Klick auf einen Handsender übermittelt die Auswahl per Funksignal an die Prothese, ein Akustik- und Vibrationssignal bestätigt, dass die Wahl von der Prothese übernommen wurde, und los geht’s! Doch das Feedback in Form von akustischen und mechanischen Signalen beschränkt dessen Informationsgehalt. Hier setzte Philipp Pfaffeneder mit der Entwicklung einer neuen Idee an: Er adaptierte das frei programmierbare Funkmodul einer Standard-Armbanduhr so, dass das Feedback der Prothese nun als visuelles Signal am Display der Uhr ablesbar ist.

Informationsfluss gesichert

Der Schlüssel zur verbesserten Lebensqualität der Betroffenen liegt in der Fähigkeit des Systems Signale nicht nur zu senden, sondern auch komplexe Information zu empfangen. Das erlaubt es nun, die Steuerung auch zum Monitoring einzusetzen: Neben der eigentlichen Steuerung von Bewegungsabläufen können auch Daten über den Zustand der Prothese abgerufen werden. Dieser Informationsfluss ist in vielerlei Hinsicht zentral: Die Prothese ist dank ihres Akkus – innerhalb der gewählten Bewegungsmodi – ein autonom agierendes Hightechprodukt. So wird der Ladungszustand des Akkus zu einer wichtigen Größe, über die der Patient jederzeit informiert sein muss. Ebenso ist die Temperatur des Hydrauliköls für den Nutzer wichtig zu kennen. Denn die Leistungsfähigkeit der Prothese erlaubt intensive Sportaktivitäten, die zu einer sehr starken Erhitzung einiger Bestandteile führen. Dank der Arbeit von Pfaffeneder kann diese Form von Informationen nun leicht verständlich und erkennbar auf dem Uhrendisplay dargestellt werden. Die bisher notwendige Interpretation diverser akustischer Signale wird damit obsolet.

Verbesserte Heilungsaussichten nach einer Fraktur

Besonders ältere Menschen haben nach einer Fraktur eine oft sehr lange Leidenszeit vor sich, bis der Bruch geheilt ist. Bisher gab es keine therapeutischen Methoden, um die Heilungsdauer zu beeinflussen oder zu beschleunigen.

Kürzlich hat eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe unter der Leitung von Dr. Gerold Holzer von der Universitätsklinik für Orthopädie an der Medizinischen Universität im AKH Wien herausgefunden, dass eine sogenannte systemische Parathormon-Therapie die Dauer der Heilung deutlich verkürzt, die Schmerzen mindert, frühere Mobilität ermöglicht und auch neue Behandlungsaussichten für jüngere Menschen eröffnet. Nachgewiesen wurde das in einer prospektiven Studie an einer Gruppe von 65 älteren Frauen mit Osteoporose, die Frakturen des Beckens erlitten hatten, bei denen aber kein chirurgischer Eingriff notwendig war. Das Ergebnis: Die Therapie mit Parathormon 1-84 einmal täglich verkürzt die Heilungsdauer in der Behandlungsgruppe – sowohl mittels Computertomografie nachgewiesen als auch anhand geringerer Schmerzen und früherer Mobilität – um durchschnittlich fünf Wochen. In der Behandlungsgruppe dauerte die Heilung der Beckenfrakturen sieben bis acht Wochen, normalerweise sind es rund 13 Wochen.
Die Hauptursachen für Frakturen bei älteren Menschen sind Stürze und Osteoporose. Diese sind mit einer hohen Morbidität und Mortalität verbunden. Während bei jüngeren Menschen die Frakturheilung nach wenigen Wochen erfolgt, dauert sie bei älteren Patienten mit schlechtem Allgemeinzustand und schlechter Knochenqualität wegen Osteoporose oft sehr viel länger. Das bedeutet für ältere Menschen für lange Zeit eine enorme Einschränkung ihrer Lebensqualität.
Die Resultate der Studie, an der sich Dr. Gerold Holzer von der MedUni Wien, Dr. Peter Peichl und Dr. Lukas Holzer vom Evangelischen Krankenhaus Wien und Richard Maier vom Thermenklinikum Baden bei Wien beteiligten, könnten ganz neue Möglichkeiten in der Frakturbehandlung an sich, nicht nur bei Osteoporose, bedeuten.

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