OP-Management: Freiräume erlaubt?!

Der OP-Bereich ist einer der „neuralgischen Punkte“ im Krankenhaus. Aufgrund seiner zentralen Funktion mit vielen Schnittstellen zu anderen Abteilungen sind Probleme in den Planungs- und Ablaufprozessen so gut wie vorprogrammiert. „Gerade im Spannungsfeld von OP-Routine und Flexibilitätsmanagement müssen die Strukturen perfekt aufeinander abgestimmt sein“, weiß Dr. Cornelia Fock, anästhesiologische Abteilung im AKH Linz. „Kompliziert wird die Situation im OP-Bereich vor allem durch das Notfallgeschehen und die Beteiligung zahlreicher, spezialisierter Berufsgruppen, was zu einer enorm hohen und oftmals unterschätzten Managementkomplexität führt.“
Schnittstellenprobleme bestehen meistens zwischen der Anästhesie und operativ tätigen Abteilungen. Dadurch bedingt entstehen häufig unproduktive Zeiten, wie etwa unnötige Wartezeiten oder Unter- bzw. Überplanung des OP-Saales. Fehlende Patientenunterlagen oder lange, ungeplante Narkoseeinleitungen sind ebenfalls typische Defizite, die einen reibungslosen Ablauf stören. „Spätestens dann sollte nach der Ursache geforscht werden“, meint Fock in ihrer Funktion als OP-Managerin. „Während früher die Verantwortung zwischen den Leitern einzelner Departments hin und her gespielt wurde, ist in den letzten Jahren mehr und mehr das OP-Management gefordert, die Prozesse rund um die OP zu durchleuchten und erforderlichenfalls zu ändern.“

OP-Manager „zieht die Fäden“

„Bei uns rekrutiert sich der OP-Manager aus den Reihen der Anästhesieoberärzte in Personalunion mit der OP-Leitung der Pflegeabteilung“, gibt Fock Einblick. Der Hintergrund: Die Anästhesie ist keine operativ tätige Abteilung und wird somit oft als „neutrale Instanz“ für die OP-Planung gesehen. Der OP-Manager ist der ärztlichen Direktion direkt unterstellt, und die Befugnisse werden in einer Stellenbeschreibung fixiert. Die größte Berufsgruppe im OP wird allerdings durch die OP-Pflegekräfte repräsentiert.
Der Ablauf in Linz folgt einem fixen Schema: Am Vortag werden bis 14 Uhr die geplanten Operationen dem OP-Manager gemeldet. Aufgrund der kritischen Pfade und der Eingriffsklassen jeder Fachabteilung werden die geplanten Operationen auf die einzelnen OP-Säle fachübergreifend zugeteilt. Aufgrund dieser Planung kann nun das vorhandene Personal optimal eingesetzt werden. „Muss ein Patient dringend eingeschoben werden, entscheidet letztlich der OP-Manager, ob, wann und wo dieser Eingriff durchgeführt wird“, sagt Fock.

Abweichungen minimieren

Effiziente OP-Planung setzt voraus, dass Eingriffe und Eingriffsdauer möglichst realistisch geplant und Abweichungen entsprechend gering gehalten werden. Eine wesentliche Unterstützung stellen hier diverse OP-Planungsprogramme dar. Aufgrund der Dateneingabe- und -erfassung basierend auf retrospektiven Vergleichswerten – zum Beispiel Narkose/OP-Protokolle – können OP-Auslastung, Personaleinsatzplan, Erhebung der Operationszeiten je nach Eingriff genau berechnet werden. „Prinzipiell gilt es, natürliche, überflüssige Leerzeiten im OP zu vermeiden und die vorhandenen Ressourcen zu nutzen“, gibt die Anästhesistin zu bedenken. „Eine hundertprozentige Auslastung wird allerdings trotzdem nur schwer zu erreichen sein, da durch Vor- und Nachbereitung das OP-Programm später beginnt bzw. früher beendet wird.“ Eine Arbeitszeitanalyse soll helfen, Schwachstellen in der Ablauforganisation sichtbar zu machen, beispielsweise spätes ­Erscheinen der Operateure oder schlechte Einsatzplanung des Personals. Auch vor- bzw. nachgelagerte Ressourcenengpässe und sogenannte Nadelöhre wie präoperative Vorbereitung, Patienten­transport oder Aufwachraum lassen sich durch entsprechendes Benchmarking optimieren. Ausfälle von operativen Eingriffen sollten durch Früherkennung von Risikopatienten, rechtzeitige Prämedikation, optimierte Verteilung von intensivpflichtigen ­Patienten über die Woche sowie bedarfsgerechtes Material­management und optimierte Bestellvorgänge verhindert werden. Darüber hinaus sind Urlaubspläne und Kongresse langfristig zu planen, um die tatsächliche Präsenz der Operateure transparent abbilden zu können. „Die Supervision all dieser Planungsprozesse hat durch den OP-Manager zu erfolgen“, so Fock.

Benchmark-Orientierung

Nichtsdestotrotz müssen auch kurzfristige Änderungen im OP-Plan effizient gehandelt, entsprechende Kapazitäten rasch bereitgestellt werden. Dauert beispielsweise die Narkoseeinleitung unerwartet lange, wird ein erfahrener Anästhesist aus dem Pool herangezogen, der innerhalb von wenigen Minuten assistieren und so den Zeitverlust einigermaßen kompensieren kann.
Als Steuerungsinstrument haben sich vor allem Kennzahlensysteme bewährt. Die Aufbau- und Ablauforganisation muss im Detail geregelt sein, ohne jedoch unübersichtlich zu werden. „Um all diese Abläufe effizient zu gestalten“, so OP-Managerin Fock, „greift man auch auf Vergleichsdaten von anderen Krankenhäusern zurück.“ Ein weiteres effizientes Steuerungsinstrument ist ein monatliches, idealerweise wöchentliches Berichtwesen mit den wesentlichen Kennzahlen auf Abteilungsebene.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Kapazitätsverteilung über die Wochentage. In vielen Krankenhäusern existiert zum Beispiel eine gewachsene „Mittwoch-/Donnerstagsspitze“. Durch effiziente OP-Planung erfolgt die Reallokation der wirklich benötigten Kapazitäten über die Wochentage. Elektive Eingriffe können somit vermehrt zum Wochenbeginn geplant werden, sodass ab Wochenmitte Kapazitäten für dringliche Eingriffe und Notfälle zur Verfügung stehen.

Flexibilitätsmanagement gefragt

Um das benötigte Personal möglichst flexibel einsetzen zu ­können, sind sowohl neue Dienstzeitmodelle als auch ein ­Qualifikationsprogramm notwendig, das einen breiteren ­Arbeitseinsatz ermöglicht. Dadurch soll jeder Mitarbeiter der OP-Pflege dazu befähigt sein, fachübergreifend als Springer eingesetzt zu werden. Neben einer theoretischen Weiterbildung ­bieten sich Rotationsmodelle an, über mehrere Wochen in jeder Fachabteilung die notwendigen Fachkenntnisse zu erlangen.
Gutes OP-Management zeichnet sich aber auch dadurch aus, flexibel zu reagieren und Raum für ein gewisses Maß an Improvisation zu bieten. Denn die beste OP-Planung führt sich ad absurdum, wenn plötzlich Mitarbeiter erkranken, technische Störungen oder ein Notfall auftreten. Fock: „Es kommt auch vor, dass ein bereits narkotisierter Patient wieder herausgefahren werden muss, weil eine unaufschiebbare Operation nachgemeldet wird. Diese letzte Entscheidung trägt dann – natürlich in Absprache mit dem Operateur – der OP-Manager.“ Gerade in Akutsituationen müssen Pläne und Entscheidungen auch einmal revidiert werden können und freie Kapazitäten müssen vorgehalten werden.

 

Typische Defizite im OP

  • Verspäteter Abruf
  • Unzureichende Planung der Transportzeit
  • Schleusenengpässe
  • Fehlende Patientenunterlagen
  • Lange, ungeplante Narkoseeinleitungen
  • Fehlende Lagerungsstandards
  • Verspätete Ankunft des Operateurs
  • Aufwendige (nicht geplante) Verbände
  • Engpässe im Aufwachraum