Interventionelle Radiologie – die „schonendere“ Chirurgie?

Neben der Möglichkeit, in vielen Bereichen sehr „punktgenau“ zu arbeiten, haben die meisten Verfahren der Interventionellen Radiologie (IR) in der Regel den Vorteil, entweder den Betroffenen insgesamt oder gesunde Gewebeteile weitestgehend zu schonen. Univ.-Prof. Dr. Johannes Lammer von der Abteilung für Kardiovaskuläre und Interventionelle Radiologie am AKH Wien gibt einen ausgewählten Einblick in das breite Behandlungsspektrum von heute.

Bauchorgane

Portale Hypertension – dabei kommt es im Rahmen von Lebererkrankungen wie etwa Leberzirrhose zu einer Verlangsamung oder Blockade des Blutflusses in der Pfortader mit lebensbedrohlichen Komplikationen. Der durchgeführte Eingriff nennt sich TIPS (transjugularer intrahepatischer portosystemischer Shunt). Über die Jugularvene wird in die Leber vorgedrungen und dort ein Stent gesetzt, um den regulären Blutfluss wieder zu gewährleisten.
Leberkarzinom – kommt es in der Leber zu Primär- oder Sekundärkarzinomen (Metastasen), kann palliativ das Verfahren der Chemoembolisation zum Einsatz kommen. Dabei wird in einer Angiografie die Gabe eines Chemotherapeutikums mit der gleichzeitigen gezielten Verstopfung (Embolisation) von Arterien mittels kleiner Teilchen kombiniert. Ziel ist es, lokal begrenzt hohe Zytostatikadosen bei gleichzeitig möglichst geringer Nebenwirkungsrate anzuwenden. Bei der Tumorablation wird der Herd über eine dünne Nadel verkocht. Bei Leberzirrhose oder Verletzungen der Leber kann es zu Verengungen der anführenden Gallenwege kommen, die ebenfalls durch das Legen eines Stents in den Gallengang wieder durchgängig gemacht werden. Nierenkarzinom – hier kann die sogenannte Kryotherapie eingesetzt werden. Dabei werden mittels einer dünnen Sonde Karzinomzellen mittels extremer Kälte (-40 Grad Celsius) abgetötet.

Brustraum

Bei Mammakarzinomen übernimmt die IR die Durchführung von Nadelbiopsien, um verdächtige Gewebe zu gewinnen und einer histologischen Diagnostik zuzuführen. Bei Lungenkrebs und Metastasen kann die Radiofrequenzablation zum Einsatz kommen. Dabei handelt es sich um ein hitzegestütztes mikroinvasives Verfahren, mit dem bösartiges Gewebe bei gleichzeitiger Schonung umliegender Strukturen zerstört wird. In der Akutversorgung von Herzinfarkten werden verschiedenartige Stents mit oder ohne Beladung von wirksamen Substanzen gesetzt, um die ausreichende Blutversorgung des Herzmuskels wieder zu gewährleisten.

Peripheres Gefäßsystem

Der Interventionelle Radiologe kann mit Ballonen und Stents verengte und verschlossene Gefäße wieder eröffnen, sodass der Patient wieder normal gehen kann. Dieser Eingriff erfolgt in lokaler Betäubung. Bei Aortenaneurysmen wird durch Einsetzen eines beschichteten Stents das Platzen verhindert.

Urogenitaltrakt

Beim Auftreten von Uterusmyomen – der häufigsten gutartigen Tumorbildung in der Gebärmutter – kann durch eine künstliche Verlegung (Embolisation) der versorgenden Arterie der Tumor zur Verkleinerung gebracht werden. Mit der Uterusmyomembolisation werden je nach Myomtyp und präinterventioneller Symptome 78 bis 94 Prozent der so behandelten Frauen symptomfrei. Wenngleich dieser Überblick keinen Anspruch auf Vollständigkeit stellen kann und aus Platzgründen keinen detaillierten Einblick geben kann, so ist er dennoch in der Lage zu skizzieren, in welch großer Breite die IR mittels minimalinvasiver Eingriffe, Leistungen von hoher medizinischer Bedeutung zu leisten in der Lage ist. Neben der Möglichkeit in vielen Bereichen sehr „punktgenau“ zu arbeiten, haben die meisten Verfahren in der Regel den Vorteil, entweder den Betroffenen insgesamt oder gesunde Gewebeteile weitestgehend zu schonen.

 

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IROS 201416.-18.1.2014
Salzburg Congress
Info und Anmeldung: www.irosonline.org