Jahresversammlung der DGHNO: Nanopartikel revolutionieren die HNO-Heilkunde

Die Nanotechnologie gilt als eine der Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts. Neuartige Materialien, Werkstoffe und Beschichtungen, die mithilfe nanotechnologischer Methoden in der Industrie hergestellt werden, helfen auch in der Medizin. So können Forscher beispielsweise die Krebstherapie und die Implantatversorgung wesentlich verbessern. Der Einsatz von Nanopartikeln in der Therapie steht noch am Anfang. Bereits etabliert sind entzündungshemmende Beschichtungen von Implantaten, wie etwa künstlichen Hüftgelenken. „Wir gehen davon aus, dass derartige Beschichtungen auch bald dazu beitragen werden, Innenohr-Implantate, sogenannte Cochlea-Implantate, besser verträglich zu machen“, erläutert Dr. Christoph Alexiou, Oberarzt an der HNO-Klinik Erlangen und Leiter der Sektion für Experimentelle Onkologie und Nanomedizin (SEON).

Einsatz in der Tumortherapie

Besonders vielversprechend ist der Einsatz von Nanopartikeln in der Therapie von Krebspatienten, wo mithilfe von Drug-Delivery-Systemen Wirkstoffe direkt zum Tumorherd transportiert werden können. Dieser Therapieansatz profitiert von Nanopartikeln, die bis zu einem Millionstel Millimeter klein sind. Dadurch haben sie die physikalische Eigenschaft, besonders reaktionsfreudig zu sein und die Zellmembran passieren zu können. Bindet man einen Wirkstoff – beispielsweise ein Chemotherapeutikum – an Nano­partikel, kann er in die Zelle eindringen und dort wirken. In Tierversuchen konnte Alexiou nachweisen, dass sich ein Chemotherapeutikum mithilfe der Magnetsteuerung im Tumorgewebe 114-mal stärker anreichern lässt als bei konventionellen Chemotherapien.

Nebenwirkungen noch unklar

Vielversprechende Anwendungen finden sich gerade in der HNO-Heilkunde, denn hier liegen Tumoren häufig an Orten, die schwer zugänglich sind und damit keine oder keine vollständige operative Entfernung erlauben. „Vor einer breiten Anwendung sind aber noch Tests zur Sicherheit der verwendeten Substanzen erforderlich“, betont Alexiou.

www.hno.org

 

Nachgefragt bei …

… Univ.-Prof. Dr. Heinz Stammberger, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für HNO-Heilkunde, Kopf- und Halschirurgie
Warum wurde die Interdisziplinarität als zentrales Thema des diesjährigen HNO-Kongresses gewählt?
Einerseits war es uns wichtig, dass wir die enorme „Bandbreite“ der HNO-Heilkunde zeigen. Der Hauptgrund ist jedoch, dass die Zeichen der Zeit deutlich in diese Richtung weisen. Unser Fachbereich hat eine Schlüsselstelle zwischen vielen Disziplinen, das reicht von der Neurochirurgie bis zur Gastroenterologie, von der Orthopädie bis zur Kieferchirurgie, von der Augenheilkunde bis zur Radiologie, von der Kinderheilkunde bis zur Onkologie. Wir sind dabei nicht nur in der Klinik, sondern oft auch in der Praxis die Vermittler zwischen diesen Fächern und können viele Herausforderungen – zum Wohle unserer Patienten – gemeinsam viel besser meistern. Interdisziplinarität ist die Stärke der HNO und gleichzeitig das Zukunftsthema.
Heißt interdisziplinär auch multiprofessionell?
Ja, auf alle Fälle! Wir müssen uns mit zahlreichen Berufsgruppen außerhalb der Medizin abstimmen, wie etwa den Logopäden oder den Hörgeräteakustikern.
Für welches Kongressthema können Sie sich persönlich am meisten begeistern?
Es gibt viele Schwerpunkte, die ich als Kongresspräsident natürlich besonders spannend finde. So wollen wir etwa beim onkologischen Patienten die Bedeutung des Organspezialisten als Case Manager herausstreichen, seine Rolle im Onko-Board und bei der Führung der Patienten entlang des Behandlungszyklus. Ein zweites wichtiges Thema ist die Behandlung von Refluxerkrankungen, die oft in der HNO als Rachenkratzen oder Stimmveränderung auftauchen. Hier wollen wir das Wissen aus der Gastroenterologie vertiefen. Oder die Problematik der Strahlenbelastung durch wiederholte CT-Untersuchungen; die Kommunikation mit Hör- und Sprechbehinderten; die peri- und postoperative Schmerzbehandlung bei Routineeingriffen; den Problemkreis Larynx- und Trachealstenosen; Neuerungen bei der Schädelbasis-, Ohr- und plastisch-rekonstruktiven Chirurgie, der intraoperativen Navigation, der Grundlagen- und Entzündungsforschung. Ein mir persönlich sehr wichtiger Punkt ist die Vorstellung des aktualisierten Konsensus-Papieres gemeinsam mit der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde zur Tonsillektomie als vorläufiger Endpunkt der groß angelegten „Österreichischen Tonsillen-Studie“, die seit 2009 im ganzen Land lief.
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57. Österreichischer HNO-Kongress „HNO im Zentrum der Interdisziplinarität“
11. – 15. September 2013, congress | graz
Albrechtgasse 1, 8010 Graz
Veranstalter: Österreichische Gesellschaft für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, Kopf- und Halschirurgie
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