Kommt Zeit, kommt Rat

Seit 2017 dürfen Primärversorgungseinheiten (PVE, PVZ) gegründet werden. Alleine in Oberösterreich gibt es aktuell zehn Standorte. Pioniere waren die Hausärzte Enns. Mittlerweile gibt es neun weitere oberösterreichische Primärversorgungszentren in Haslach, Marchtrenk, Neuzeug-Sierning, Ried-Neuhofen, Vöcklamarkt, zwei Einheiten in Linz-Stadt und seit heuer neu in Traun und Leonding. Österreichweit gibt es 40 PVEs in sieben Bundesländern.

Kurze Wege fördern lokalen Bezug

Die Zentren erfüllen eine wichtige Funktion und zeigen einen von vielen Wegen, die hausärztliche Versorgung nachhaltig zu sichern. Doch nicht nur die Versorgung, sondern auch die Beschaffung braucht eine Orientierung hin zur Nachhaltigkeit. Werden Strukturen gerade neu überdacht und aufgebaut, wie in den meisten PVEs, so lassen sich auch neue Modelle in Sachen Beschaffung einfacher integrieren als in eingefahrenen Bahnen.

So spielt etwa im PVE Marchtrenk der Nachhaltigkeitsgedanke insofern bereits eine Rolle, als beim Einkauf darauf geachtet wird, dass bei lokalen Lieferanten mit kurzen Transportwegen eingekauft wird. Weiters wird die Vermeidung von Einmalprodukten durch Sterilisation der Instrumente forciert. Auch die Geschäftsführung des PVZ Marchtrenk holt stets Angebote von mehreren Anbietern ein und berücksichtigt so weit wie möglich das Value-based-Procurement-Prinzip.

Wie das im Falle der PVE Enns aussieht, beantwortet der Initiator und Mitbegründer MR Dr. Wolfgang Hockl. Er ist als Allgemeinmediziner tätig und fungiert auch als Ärztevertreter der am Standort tätigen Ärzte.

Wie kaufen PVE ein?

Primärversorgungseinheiten kaufen vor allem bei den medizinisch-technischen Firmen, Labors und teilweise direkt beim Hersteller ein. Der Einkauf liegt in der Verantwortung der Geschäftsführung. Bei höheren Summen bedarf es der vorherigen Zustimmung der Gesellschafter. Natürlich richten sich auch bei uns bei größeren Beschaffungsprojekten die Entscheidungen danach aus, das beste Preis-Leistungs-Verhältnis zu erzielen.

Gibt es Vorgaben im Zuge von nachhaltiger Beschaffung?

Nein, derzeit nicht. Es kann aber sein, dass das mittelfristig auch für uns zum Thema wird. Es gibt ja bereits den Nationalen Aktionsplan nachhaltige Beschaffung für diverse Produkte und Leistungen. Wahrscheinlich ist es nur eine Frage der Zeit, bis das auch für uns spruchreif wird. Aber da lautet unser Motto: „Kommt Zeit, kommt Rat“.

Werden Ausschreibungen durchgeführt?

Nein, die Summen sind zu gering. Auch die Betreuung ist bei wiederkehrender Beschaffung ein wesentlicher Punkt. Darum setzen wir vor allem auf regionale Anbieter, die unsere Strukturen und Bedürfnisse kennen. Mit diesen bauen wir eine langfristige Zusammenarbeit auf, die auf gegenseitigem Vertrauen basiert.

Sind PVEs von Engpässen betroffen?

Engpässe gibt es eher im Ordinationsbedarf und bei Medikamenten. Aber hier gibt es ja in nahezu allen Fällen wirkstoffgleiche Medikamente oder therapeutisch gleichwertige Ersatzpräparate mit gleicher Wirkung. Ansonsten ist meist durch den Handel eine Info über eventuelle Engpässe gegeben, sodass wir uns darauf einstellen und entsprechend agieren können. Wir stellen in jedem Fall nach bestem Wissen und Gewissen sicher, dass die Patienten bestens versorgt sind.

Wie sehr wird auf „Value-based Procurement“ geachtet?

Qualität ist uns sehr wichtig, sowohl was interne als auch externe Anliegen betrifft. Bei uns werden im Rahmen von interdisziplinären Besprechungen, internen Ärztebesprechungen sowie Pflegebesprechungen die diversen anstehenden Punkte diskutiert. Diese Art der Nachhaltigkeit leben wir schon jetzt und die dadurch erzielte Effizienz spart nicht nur Zeit und Nerven, sondern reduziert langfristig auch die Kosten.