Kurzzeitprognose bei Diabetes und COVID-19: Rolle der antihyperglykämischen Vortherapie

Wander PL et al., Prior Glucose-Lowering Medication Use and 30-Day Outcomes Among 64,892 Veterans With Diabetes and COVID-19. Diabetes Care 2021; dc211351

Hintergrund

Diabetes mellitus ist bei Infektion mit dem „severe acute respiratory syndrome coronavirus-2“ (SARS-CoV-2) ein Risikofaktor für eine ungünstige Kurzzeitprognose.1 In vorangegangenen Analysen wurden Zusammenhänge zwischen dem Ausmaß der Glykämie sowie der Anwendung antihyperglykämischer Substanzen und dem Verlauf von COVID-19 hinsichtlich Hospitalisierung, Intensivaufenthalte und Mortalität gezeigt.2 Im Zuge des Andauerns der Pandemie wurden aber mittlerweile einerseits wesentlich mehr Personen mit Diabetes und COVID-19 diagnostiziert, und andererseits wurde eine Veränderung der COVID-19-­bedingten Mortalität beobachtet.3

Fragestellung

Ziel der Untersuchung war es, vorangegangene Analysen um die Daten eines wesentlich größeren Kollektivs zu erweitern und Risikofaktoren hinsichtlich einer ungünstigen Kurzzeitprognose zu identifizieren.

Methode

In die Analyse wurden alle Patienten der Veterans Health Administration mit Diabetes und zumindest einem SARS-CoV-2-positiven Nasenabstrich eingeschlossen (1. März 2020 bis 10. März 2021). Die primäre Fragestellung betraf die Assoziationen zwischen dem rezentesten HbA1c-Wert vor Einschluss in die Studie sowie der vorangegangenen Anwendung antihyperglykämischer Substanzen und der Endpunkte Hospitalisierung, Transfer auf eine Intensivstation, Tod innerhalb von 30 Tagen nach Diagnose sowie Tod innerhalb des gesamten Nachverfolgungszeitraumes. Darüber hinaus wurden die Assoziationen zwischen diesen Endpunkten und zahlreichen weiteren möglichen Risikofaktoren dargestellt.

Die wichtigsten Ergebnisse

  • Die Auswertung umfasste Daten von 64.892 Teilnehmern.
  • Das Alter der Teilnehmer betrug im Median 67,7 Jahre.
  • Innerhalb von 30 Tagen nach COVID-19-Diagnose wurden 21 % hospitalisiert, 7 % auf eine Intensivstation transferiert, und 8 % verstarben.
  • Der mediane Nachverfolgungszeitraum betrug 4,4 (< 1–13,1) Monate.
  • Die Dauer bis zum Tod lag im Durchschnitt bei 35,8 Tagen.
  • Tabelle 1 zeigt die Assoziationen zwischen HbA1c bzw. der vorangegangenen Anwendung antihyperglykämischer Substanzen und den definierten Endpunkten.
  • Tabellen 2–4 geben Auskunft über zusätzliche Faktoren, für welche eine positive bzw. negative Assoziation mit den Endpunkten beobachtet wurde.


1 Apicella M et al., Lancet Diabetes Endocrinol 2020; 8: 782–92
2 Wander PL et al., BMJ Open Diabetes Res Care 2021; 9(1): e002252
3 Dennis JM et al., Crit Care Med 2021; 49: 209–14
Schlussfolgerungen der Autoren:
  • Bei US-Veteranen mit Diabetes mellitus waren ein HbA1c ≥ 9 % sowie die vorangegangene Anwendung von Insulin mit einer ungünstigen Kurzzeitprognose (Hospitalisierung, Transfer auf die Intensivstation, Tod) nach COVID-19-Diagnose assoziiert.
  • Hingegen war die vorangegangene Anwendung von GLP-1-Rezeptoragonisten, SGLT2-Inhibitoren, Metformin, ACE-Hemmern, Angiotensin-Rezeptor-Blockern und Statinen mit einem geringeren Risiko für einen ungünstigen Verlauf assoziiert.
  • Weitere Studien zur Identifikation von Risikofaktoren für eine ungünstige Langzeitprognose nach COVID-19 sind notwendig.