Digitale Revolution in der Schmerzmedizin

»Wenn Worte fehlen, kann uns künstliche Intelligenz künftig dabei unterstützen, auch in speziellen Situationen präzise ärztliche Diagnosen zu stellen«, so Prim. Univ.-Prof. Dr. Rudolf Likar, Leiter der Sektion Schmerz in der Österreichischen Gesellschaft für Anästhesie, Reanimation und Intensivmedizin (ÖGARI), der derzeit am Klinikum Klagenfurt eine Studie zur Entwicklung einer entsprechenden App leitet.

»Besonders vielversprechend sind KI-gestützte Systeme bei der Erfassung von Schmerzen bei Patient:innen, die sich selbst schwer ausdrücken können – etwa bei Kindern oder Menschen mit Demenz. Durch Gesichtserkennung und Bewegungsanalyse lassen sich Schmerzen objektiver einschätzen und klarer differenzieren, ob sich ein Patient in einer Phase mit oder ohne Schmerz befindet. Das eröffnet völlig neue Möglichkeiten der Diagnose und Behandlung.«, betont Prof. Rudolf Likar.

Für den Experten ist klar, dass künstliche Intelligenz bereits in naher Zukunft in der modernen Schmerztherapie unverzichtbar sein wird. Ihr gezielter Einsatz schafft einen entscheidenden Vorteil: Sie verschafft Ärzt:innen wertvolle Zeit – Zeit für Gespräche, für eine präzisere Diagnostik und für die menschliche Zuwendung, die in der Behandlung von Schmerzen eine zentrale Rolle spielt.

Früherkennung von Risikopatient:innen

Mit intelligenten Systemen lassen sich Risikopatient:innen frühzeitig identifizieren – etwa jüngere Menschen, Frauen oder Patient:innen mit bereits bestehenden chronischen Schmerzen. Werden Patient:innen frühzeitig in Therapieentscheidungen eingebunden und erhalten sie mehr persönliche Zuwendung, leiden sie nachweislich weniger unter postoperativen Beschwerden. Auch hier wird KI helfen, Behandlungswege individueller abzustimmen und Chronifizierungen zu vermeiden.

Digitale Begleiter

Erste Apps, die neben Schmerzintensität auch Faktoren wie Schlafqualität, psychisches Wohlbefinden und positive Erlebnisse dokumentieren, sind bereits in Studien im Einsatz. Ziel sei es, so Prof. Likar, nicht nur den Schmerz in den Mittelpunkt zu stellen, sondern das gesamte Erleben der Patient:innen zu berücksichtigen – und damit die Lebensqualität nachhaltig zu verbessern. »Wer ausreichend schläft, sich ausgewogen ernährt und regelmäßig bewegt, senkt das Risiko für chronische Schmerzen. Auch hier wird der Einsatz von KI eine Schlüsselrolle übernehmen, indem gesundheitsförderndes Verhalten belohnt wird – etwa durch Bonusmodelle bei Versicherungen«, so Prof. Likar weiter.

Gezielter Opioid-Einsatz

Nicht zuletzt wird Künstliche Intelligenz helfen, eine der größten Herausforderungen der Schmerztherapie anzugehen: den differenzierten Einsatz von Opioiden. Durch die Verknüpfung genetischer Analysen mit klinischen Daten lassen sich individuelle Reaktionen auf Schmerzmittel künftig besser vorhersagen. So wird eine personalisierte, wirksamere und nebenwirkungsärmere Schmerzbehandlung möglich sein.


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