Assessment der Krankheitsaktivität

Spondyloarthritiden umfassen M. Bechterew, Psoriasisarthritis (PsA) und reaktive Arthritiden. Vielfach verlaufen Spondyloarthritiden – ebenso wie andere rheumatischer Erkrankungen – schubhaft, worunter ein Wechsel von Phasen höherer mit solchen geringerer Krankheitsaktivität verstanden wird. Phasen mit persistierend hoher Entzündungsaktivität erfordern den Einsatz intensiverer entzündungshemmender Therapien. Eine häufige Überprüfung der therapeutischen Maßnahmen anhand klinischer Ergebnismessgrößen ermöglicht eine Kontrolle der Krankheitsaktivität. Klinische Ergebnismessgrößen für Krankheitsaktivität bei der PsA können sich sowohl auf die Gelenke als auch auf die Haut oder auch auf beides beziehen.

Klinische Ergebnismessgrößen bei Morbus Bechterew

Als Standardmessgrößen bei M. Bechterew haben sich die Untersuchungen einer Forschergruppe aus dem englischen Bath etabliert1-3 und wurden später auf Deutsch validiert4. Zu diesen gehören unter anderem der Bath Ankylosing Spondylitis Metrology Index (BASMI) zur Messung der Beweglichkeit der Wirbelsäule, der Bath Ankylosing Spondylitis Disease Activity Index (BASDAI) zur Erfassung der Krankheitsaktivität und der Bath Ankylosing Spondylitis Functional Index (BASFI) zur Erfassung der Funktionseinschränkungen (Behinderung bei Alltagsverrichtungen). Bei der Entscheidung über eine Therapie mit Anti-TNF-Blockern wird z.B. der BASDAI verwendet: Die Assessment of Spondyloarthritis International Society (ASAS) empfiehlt eine Therapie mit Anti-TNF-Blockern trotz der damit verbundenen Kosten und Risiken ab einem BASDAI von mindestens 4. Alle Frage- und Messbögen können auf http://www.bechterew.de/mb/mb-assessment.htm auf Deutsch bezogen werden.

Messung der Krankheitsaktivität aus Patientenperspektive bei M. Bechterew: BASDAI

Der BASDAI misst Krankheitsaktivität bei M. Bechterew. Er fasst dabei die Müdigkeit, die Schmerzen und die Morgensteifigkeit zu einem Score (Ergebniswert) zusammen. Die Patientin/der Patient wird gebeten, in einem Fragebogen auf einer Skala von 0 bis 10 anzugeben, wie stark die krankheitsbedingte Müdigkeit, die Nacken-, Rücken- und Hüftgelenkschmerzen, die Schmerzen oder Schwellungen in anderen Gelenken, die Berührungs- und Druckempfindlichkeit von Sehnenansatzstellen und die Morgensteifigkeit waren. Ein Beispiel für eine Frage aus dem BASDAI-Score ist in Abbildung 1 dargestellt.
Der BASDAI wird in drei Schritten berechnet:

  1. Umrechnung der Zeitangabe von Frage 6 in eine Skalierung von 0-10, die folgendermaßen durchgeführt wird: ¼ Stunde = 1,25; ½ Stunde = 2,5; ¾ Stunde = 3,75; 1 Stunde = 5 usw.
  2. Bildung eines Mittelwertes aus Frage 5 und 6.
  3. Bildung eines Gesamtmittelwertes aus den Fragen 1-4 und dem Mittel aus den Fragen 5 und 6.

Krankheitsaktivität und Gesundheitszustand können auch mittels visueller Analog-Skala angefragt werden. Ebensolche visuellen Analog-Skalen können auch für die Beurteilung des Schmerzesverwendet werden.

 

 

Messung Krankheitsaktivität bei PsA und reaktiven Arthritiden

Als klinische Ergebnismessgrößen in der Rheumatologie stehen Gesundheitszustand und Krankheitsaktivität, Funktionsfähigkeit im Alltag und Lebensqualität zur Verfügung.

Psoriasisarthritis

Indices für die Krankheitsaktivität wurden in den letzten Jahren hauptsächlich für die rheumatoide Arthritis (RA) sorgfältig entwickelt und ausführlich validiert, werden aber auch zur Evaluation der Krankheitsaktivität bei PsA verwendet. In einem laufenden Projekt an der Abteilung für Rheumatologie der Medizinischen Universität Wien werden derzeit diese Indices für die Verwendbarkeit bei PsA evaluiert und gegebenenfalls wird ein neuer Index berechnet. Diese Indices, z.B. der Original EULAR Disease Activity Score (DAS) oder der DAS28, der auf einer Gelenkuntersuchung mit 28 Gelenken beruht5, der Clinical Disease Activity Index (CDAI)6 und der Simplified Disease Activity Index7 werden auf der Basis von klinischen und serologischen Variablen berechnet und erfordern daher standardisierte Gelenkuntersuchungen von PatientInnen mit PsA.

Der für die reaktive Arthritis entwickelte “Disease Activity Index for the Assessment of Reactive Arthritis” (DAREA)8 kann ebenfalls bei der PsA eingesetzt werden. In einer Studie von Nell et al.12 konnte mittels Faktorenanalyse gezeigt werden, dass der DAREA-Index auch bei der PsA am besten die wichtigen Bereiche abdeckt. Der DAREA-Index beinhaltet eine Selbstbeurteilung von Krankheitsaktivität und Schmerz durch die Patientin auf einer visuellen Analog-Skala, EULAR-standardisierte Gelenkuntersuchungen von 66/68 Gelenken hinsichtlich synovitischer Schwellung und Druckschmerz sowie das C-reaktive Protein (CRP)12.
Synovitisch geschwollene und druckschmerzhafte Gelenke sollten nach dem Standardverfahren der European League Against Rheumatism (EULAR) untersucht und entsprechend dokumentiert werden9. Wichtig dabei ist, bei jedem Gelenk den Gelenkspalt zu palpieren, um Synovitis und möglichen Druckschmerz zu untersuchen. Grundsätzlich sollten bei der PsA aufgrund des üblichen Befallsmusters 66 bzw. 68 Gelenke untersucht werden. Die 28 erforderlichen Gelenke für DAS28, CDAI und SDAI beim sitzenden Patienten untersucht werden, das Knie allerdings in gestreckter Position.

Zusätzlich sollte bei der PsA-Enthesitis anhand des Maastricht Ankylosing Spondylitis Enthesis Score (MASES)10 dokumentiert werden. Beim MASES-Index werden 13 mögliche Lokalisationen für Enthesitis untersucht. Zur Überprüfung der Dactylitis wird meist einfach die Anzahl der befallenen Finger und Zehen dokumentiert. Für die Beurteilung der Krankheitsaktivität an der Haut steht der “Psoriasis Area and Severity Index” (PASI)11 zur Verfügung, bei dem das Ausmaß des Befalls der Haut in den verschiedenen Körperregionen sowie ein qualitatives Assessment der Schwere des Befalls (z.B. Schuppenbildung, Färbung der Haut, Größe der betroffenen Stelle etc.) durchgeführt wird. Die Durchführung dieser Untersuchungen erfordert standardisiertes Vorgehen nach einer genauen Einschulung und einem formalen Training.
Ein Beispiel für eine visuelle Analog-Skala zeigt Abbildung 2.
Ebensolche visuelle Analog-Skalen können für die Beurteilung des Schmerzes verwendet werden.

 

 

Zusammenfassung

Eine häufige Überprüfung der therapeutischen Maßnahmen anhand klinischer Ergebnismessgrößen ermöglicht eine Kontrolle der Krankheitsaktivität. Als klinische Ergebnismessgrößen in der Rheumatologie stehen Gesundheitszustand und Krankheitsaktivität, Funktionsfähigkeit im Alltag sowie Lebensqualität zur Verfügung. Ergebnismessgrößen bei Spondyloarthritiden sind häufig für andere Erkrankungen validiert (z.B. rheumatoide Arthritis) und bedürfen daher einer Überprüfung ihrer Verwendbarkeit.

Priv.-Doz. Dr. Tanja A. Stamm
Klinische Abteilung für Rheumatologie, Universitätsklinik für Innere Medizin III, Medizinische Universität Wien

1 Calin A, Garrett S, Whitelock H, Kennedy LG, O’Hea J, Mallorie P et al., A new approach to defining functional ability in ankylosing spondylitis: the development of the Bath Ankylosing Spondylitis Functional Index. J Rheumatol 1994; 21(12):2281-2285.
2 Garrett S, Jenkinson T, Kennedy LG, Whitelock H, Gaisford P, Calin A, A new approach to defining disease status in ankylosing spondylitis: the Bath Ankylosing Spondylitis Disease Activity Index. J Rheumatol 1994; 21(12):2286-2291.
3 Jenkinson TR, Mallorie PA, Whitelock HC, Kennedy LG, Garrett SL, Calin A, Defining spinal mobility in ankylosing spondylitis (AS). The Bath AS Metrology Index. J Rheumatol 1994; 21(9):1694-1698.
4 Brandt J, Westhoff G, Rudwaleit M, Listing J, Zink A, Braun J et al., [Adaption and validation of the Bath Ankylosing Spondylitis Disease Activity Index (BASDAI) for use in Germany]. Z Rheumatol 2003; 62(3):264-273.
5 Prevoo ML, ‘t Hof MA, Kuper HH, van Leeuwen MA, van de Putte LB, van Riel PL, Modified disease activity scores that include twenty-eight-joint counts. Development and validation in a prospective longitudinal study of patients with rheumatoid arthritis [see comments]. Arthritis Rheum 1995; 38(1):44-48.
6 Aletaha D, Nell VP, Stamm T, Uffmann M, Pflugbeil S, Machold K et al., Acute phase reactants add little to composite disease activity indices for rheumatoid arthritis: validation of a clinical activity score. Arthritis Res Ther 2005; 7(4):R796-R806.
7 Smolen JS, Breedveld FC, Schiff MH, Kalden JR, Emery P, Eberl G et al., A simplified disease activity index for rheumatoid arthritis for use in clinical practice. Rheumatology (Oxford) 2003; 42(2):244-257.
8 Eberl G, Studnicka-Benke A, Hitzelhammer H, Gschnait F, Smolen JS, Development of a Disease Activity Index for the Assessment of Reactive Arthritis (DAREA). Rheumatology (Oxford) 2000; 39(2):148-155.
9 van Riel P, van Gestel AM, Scott DL, EULAR Handbuch der Klinischen Untersuchung der Rheumatoiden Arthritis. Alphen Aan den Rijn: Van Zuiden Communications, 2000.
10 Heuft-Dorenbosch L, Spoorenberg A, van Tubergen A, Landewe R, van ver Tempel H, Mielants H et al., Assessment of Enthesitis in Ankylosing Spondylitis. Ann Rheum Dis 2003; 62(2):127-132.
11 Mazzotti E, Picardi A, Sampogna F, Sera F, Pasquini P, Abeni D, Sensitivity of the Dermatology Life Quality Index to Clinical Change in Patients with Psoriasis. Br J Dermatol 2003; 149(2):318-322.
12 Nell-Duxneuner VPK, Stamm TA, Machold KP, Pflugbeil S, Aletaha D, Smolen JS, Evaluation of the appropriateness of composite disease activity measures for assessment of psoriatic arthritis. Ann Rheum Dis 2010; 69:546-549