Palliative Therapie des HER2-positiven Mammakarzinoms – Stellenwert von Biologicals im metastastierten Stadium

HER2 (Human Epidermal Growth Factor Receptor 2) zählt mit HER1, HER3 und HER4 zur Familie der epidermalen Wachstumsfaktorrezeptoren. Als zielgerichtete Therapieoptionen bei HER2-positiven fortgeschrittenen bzw. metastasierten Mammakarzinoms sind derzeit Tras – tuzumab (Herceptin®) und Lapatinib (Tyverb®) zugelassen. Trastuzumab ist ein humanisierter monoklonaler Antikörper, der die extrazelluläre Domäne des HER2-Rezeptors bindet und somit dessen Aktivierung verhindert. Lapatinib blockiert als „kleines Molekül“ die intrazelluläre Tyrosinkinase von HER2. Trastuzumab und Lapatinib unterscheiden sich sowohl in Bezug auf die Applikationsform als auch im Nebenwirkungsprofil. Während Trastuzumab als Infusion wöchentlich oder alle 3 Wochen verabreicht wird, ist Lapatinib täglich oral einzunehmen. Trastuzumab weist als unerwünschte Nebenwirkung vor allem Kardiotoxizität auf, diese wird unter Lapatinib wesentlich seltener beobachtet; unter Lapatinib stehen v. a. Hautausschläge und gastrointestinale Toxizität in Vordergrund.

Aktuelle Therapieoptionen

Anti-HER2-Therapie plus Zytostatika: Die Therapie des metastasierten bzw. fortgeschrittenen HER2-positiven Mammakarzinoms stellt üblicherweise eine Kombination aus Trastuzumab und Chemotherapie dar. Dies gilt auch nach vor angegangener adjuvanter Therapie mit Trastuzumab. Ist das zeitliche Intervall zwischen der letzten Trastuzumab-Medikation und dem Rezidiv kürzer als 12 Monate oder tritt das Rezidiv unter laufender adjuvanter Therapie auf, so kann Lapatinib zusätzlich verabreicht werden. Lapatinib ist in der Kombination mit Capecitabin nach Therapie mit Trastuzumab, Anthrazyklin und Taxan zugelassen.
Die Art der zytostatischen Chemotherapie hängt von Alter, Komorbiditäten, Vortherapien und vom Krankheitsverlauf ab. Wenn z. B. bei rasch progredienter, viszeraler Metastasierung bzw. drohenden krankheitsbedingten Komplikationen die Notwendigkeit eines raschen Ansprechens gegeben ist, sollte eine Kombinationschemotherapie gewählt werden. Sonst ist eher eine Monotherapie zu bevorzugen, da kein Überlebensvorteil durch eine Kombination zu erwarten ist. Als Zytostatika kommen die gleichen wie beim HER2-negativen Karzinom, so u. a. Anthrazykline, Taxane, Capecitabin, Cyclophosphamid, Gemcitabin, Cisplatin und Vinorelbin, zur Anwendung. Bei Kombination von Trastuzumab mit Anthrazyklinen ist auf eine gesteigerte Kardiotoxizität zu achten.

Alleinige bzw. duale Anti-HER2-Therapie: Bei Kontraindikation gegen eine Chemotherapie kann auch eine alleinige Anti-HER2-Therapie mit allerdings deutlich geringeren Ansprechraten zum Einsatz kommen.
Nicht zuletzt zeigt auch die duale Anti-HER2-Therapie mit Trastuzumab und Lapatinib eine Verbesserung des progressionsfreien Überlebens gegenüber der Monotherapie.

Anti-HER2 plus endokrine Therapie: Bei Hormonrezeptorpositiven Karzinomen, die keinen aggressiven Krankheitsverlauf mit drohenden Komplikationen aufweisen, ist auch eine Kombinationstherapie von Anti-HER2 und endokriner Therapie eine gute Option. So konnte sowohl mit Trastuzumab als auch mit Lapatinib in Kombination mit einem Aromatasehemmer eine Verbesserung des progressionsfreien Überlebens gezeigt werden.

Zukünftige Entwicklungen

Neben den bereits zugelassenen werden derzeit weitere Anti- HER2-Therapeutika in Studien erprobt. Dazu gehören Pertuzumab (Omnitarg®), ebenfalls ein humanisierter monoklonaler Antikörper, oder Trastuzumab-DM1, ein Konjugat aus Trastuzumab und dem Zytostatikum DM1 mit sehr günstigem Nebenwirkungsprofil, sowie Neratinib, ein irreversibler Tyrosinkinasehemmer.
Zu lösen gilt es das Problem der Resistenzentwicklung gegen Anti-HER2-Blockade. Ein Lösungsansatz ist die synergistische Therapie mit mehreren Anti-HER2-Wirkstoffen.