Hormonrezeptor-positives Mammakarzinom – Endokrine Therapie im metastasierten Stadium

Mit Tamoxifen sowie den Aromatasehemmern und dem kompletten Antiöstrogen Fulvestrant stehen effektive und verträgliche Substanzen zur Verfügung. Voraussetzung für den Einsatz dieser Therapeutika ist die Expression von Hormonrezeptoren (HR) durch den Tumor. Da sich die Tumorbiologie im Krankheitsverlauf allerdings ändern kann, wird – um eine wirksame Behandlung einleiten zu können – bei Auftreten von Metastasen eine Rebiopsie mit erneuter Abklärung des HER2- und HR-Status gefordert. Im Übrigen muss die Therapie individuell dem Alter und dem Allgemeinzustand der Patientin angepasst werden: Rund 15 % der Patientinnen sind 70–79 Jahre alt, ein kleiner Anteil bereits 80 Jahre oder älter. Hier spielt neben der Effektivität der Behandlung die Verträglichkeit eine große Rolle, wobei insbesondere Komorbiditäten zu berücksichtigen sind.

Endokrine Therapie – Mittel der ersten Wahl

Tamoxifen: Die endokrine Medikation mit der zweifelsohne breitesten Datenbasis ist Tamoxifen (Nolvadex®), wobei überwiegend Studien im direkten Vergleich mit Placebo vorliegen, die bei postmenopausalen Frauen mit metastasiertem Brustkrebs durchgeführt wurde. Analysen weisen Tamoxifen als effektive Therapieoption aus, die Responseraten steigen mit zunehmendem Alter auf bis zu 45 % an. Insbesondere ältere Patientinnen haben also eine hohe Wahrscheinlichkeit für ein Ansprechen auf diese Form der antihormonellen Therapie.

Aromatasehemmer:Mit den Aromatasehemmern kam vor über 15 Jahren eine weitere Substanzklasse ins Spiel. Nach der Zulassung von Anastrozol (Arimidex®) als erstem Vertreter einer neuen Generation von starken selektiveren Aromatasehemmern (AI) wurde Tamoxifen als Standardtherapie bei postmenopausalen Patientinnen mit rezeptorpositivem Brustkarzinom abgelöst. Auf Basis einer Vielzahl von Studien avancierten die Aromatasehemmer zum neuen First-Line-Standard. Zur Verfügung stehen steroidale AI (Exemestan = Aromasin®) und nicht-steroidale AI (Anastrozol = Arimidex®, Letrozol = Femara®), sie unterscheiden sich teilweise in ihrem Nebenwirkungsprofil.

ER-Downregulation durch Fulvestrant: 2004 wurde mit dem Östrogenrezeptor-(ER)-Antagonisten Fulvestrant (Faslodex®) ein weiteres Wirkprinzip für die Behandlung des metastasierten HR-positiven Mammakarzinoms bei postmenopausalen Frauen zugelassen. Im Gegensatz zum partiell agonistisch wirkenden Tamoxifen ist Fulvestrant ein reiner Östrogenrezeptor-Antagonist (SERD – Selective Estrogen Receptor Downregulator), besitzt also keine agonistische, östrogene Restwirkung.
Die hohe Wirksamkeit und die gute Verträglichkeit von Fulvestrant beim HR-positiven Brustkrebs wurden in einer Reihe von Studien überzeugend belegt, der SERD erwies sich in einer Dosis von 250 mg bei postmenopausalen Frauen mit Progress oder Rezidiv nach Tamoxifen bei Vergleich mit Anastrozol als zumindest ebenbürtig.
Da es aus pharmakokinetischen und klinischen Studien Hinweise gab, dass das optimale Dosierungsschema von Fulvestrant mit der 250-mg-Monatsdosis noch nicht erreicht war, wurde in einer Studie eine doppelt so hohe Monatsdosis (500 mg) eingesetzt. Tatsächlich war im Vergleich zum 250-mg-Fulvestrant- Regime eine signifikante Reduktion des Progressionsrisikos, und zwar um 20 % zu erzielen: Die Rate von Patientinnen ohne Progress nach einem Jahr verbesserte sich um absolut 9 %, von 25 % im Kontrollarm (250 mg Fulvestrant) auf 34 % mit der höheren Dosis (500 mg Fulvestrant).
Zusammenfassend lässt sich demnach feststellen, dass der Einsatz von Fulvestrant in höherer Dosis eine wirkungsvolle Maßnahme ist, um die Zeit bis zum Fortschreiten der Erkrankung zu verlängern. Auch beim Gesamtüberleben zeigte sich ein Vorteil zugunsten der 500-mg-Dosis.
Festzuhalten ist noch, dass Fulvestrant, um den größtmöglichen Benefit auszuschöpfen, möglichst früh in der endokrinen Therapiesequenz eingesetzt werden sollte. So wird die Fulve strant-Medikation nach einer Vorbehandlung mit Tamoxifen und/oder einem Aromatasehemmer in der First- oder Second- Line-Therapie empfohlen. Eine effektive Erstlinienoption ist Fulvestrant außerdem bei Patientinnen mit kurzem therapiefreiem Intervall nach adjuvantem Switch, d. h. nach Therapie mit Tamoxifen gefolgt von einem Aromatasehemmer. Und nicht zuletzt ist es sinnvoll, bei Patientinnen, die bereits adjuvant mit einem Aromatasehemmer behandelt wurden, Fulvestrant frühzeitig in der metastasierten Situation einzusetzen.

Duale Rezeptorblockade

Für Patientinnen mit HER2- und HR-positivem, metastasiertem Mammakarzinom, bei denen eine Chemotherapie nicht in Frage kommt, ist die duale Rezeptorblockade mittels kombinierter zielgerichteter Therapie eine Option. Dieser Ansatz wurde in mehreren Studien wie z. B. der TANDEMStudie zur Kombination von Anastrozol und Trastuzumab erfolgreich geprüft. Im Vergleich zur alleinigen Anastrozol-Therapie wurde mit dem Zweierregime eine Verdreifachung der Ansprechrate und eine Verdoppelung des progressionsfreien Überlebens erreicht (2,4 vs. 4,8 Monate). Auch das Gesamtüberleben wurde durch den kombinierten Ansatz numerisch um knapp 5 Monate verlängert.

Eine Zytostase ist in der metas – tasierten Situation bei raschem Progress und/oder starken Beschwerden indiziert. Sie kann als Mono- oder Polychemotherapie durchgeführt und in Abhängigkeit von der Tumorbiologie mit zielgerichteten Therapieformen kombiniert werden. Mit Eribulin (Halaven®) wurde kürzlich ein neues Zytostatikum zugelassen, das sich in der Therapiesequenz bei intensiv vorbehandelten Patientinnen (2–5 absolvierte Chemotherapiezyklen) bewährt hat und damit einen zusätzlichen Behandlungsschritt bietet. Eribulin wird aus dem Meeresschwamm Halichondria okadai gewonnen und wirkt wie die Taxane, wenn auch auf andere Weise, am Spindelapparat der Zellen. Eribulin führte in der Phase-III-Studie EMBRACE im Vergleich zu von den Prüfärzten gewählten Monotherapien (Antihormontherapie, zytostatische Chemotherapie, Biologika-Therapie) zu einer signifikanten Überlebensverlängerung von 2,4 Monaten (13,1 vs. 10,7 Monate). Zwar waren febrile Neutropenien und periphere Neuropathien etwas häufiger als im Kontrollarm, dennoch wird die neue Substanz als „relativ gut verträglich“ gewertet.