mikroRNA in der Osteoporosediagnose − Molekulare Marker zur individuellen Risikoprognose 

Osteoporose ist eine systemische Erkrankung der Knochen und führt schleichend zu einem stark erhöhten Risiko für sogenannte „nicht-traumatische“ Frakturen – Frakturen, die ohne große Energieeinwirkung wie z. B. aufgrund eines Sturzes, auftreten. Die Inzidenz osteoporotischer Frakturen steigt seit mehreren Jahren exponentiell und stellt eine große Belastung für die Patientinnen und Patienten in Form von Immobilität, Morbidität und sogar Mortalität dar.
Die Diagnose bzw. – noch wichtiger – die Prognose des Frakturrisikos stellt eine der großen Herausforderungen für ein erfolgreiches Management von Osteoporose dar.

Die Schwierigkeit der exakten Prognose des Frakturrisikos als Entscheidungsgrundlage für präventive therapeutische Maßnahmen hat 3 wesentliche Gründe:

  • Osteoporose verläuft zum überwiegenden Teil asymptomatisch, d. h. die betroffenen Personen zeigen kaum Symptome wie z. B. Schmerze, die auf die Erkrankung hinweisen könnten. Die Patienten wissen nicht, dass sie krank sind.
  • Daraus erschließt sich, dass erfolgreiche Prognose nur durch „populations-basiertes Screening“ in einer bestimmten Altersgruppe erreicht werden kann. Die Zugänglichkeit der vorhandenen bildgebenden diagnostischen Verfahren wie Knochendichtemessungen sind jedoch in der Regel nur zentral verfügbar und die Inanspruchnahme daher nicht optimal.
  • Osteoporose ist eine „multifaktorielle“ Erkrankung: Das heißt, das Gesamtrisiko für eine osteoporotische Fraktur setzt sich aus zahlreichen Einzelfaktoren zusammen: wie z. B. der Knochendichte, Knochenmikrostruktur, der genetischen Voraussetzungen, aber auch der Muskelstärke und der vorhandenen kognitiven Fähigkeiten, die das Sturzrisiko beeinflussen. Der Anteil jedes einzelnen Risikofaktors am Gesamtrisiko unterscheidet sich von Patientin zu Patientin mitunter sehr stark. Daher bedarf es einer Personalisierung der Diagnose und Prognose des Frakturrisikos unter möglichst vollständiger Berücksichtigung aller Risikofaktoren. Die derzeit in erster Linie verwendete Knochendichtemessung funktioniert gut für eine Untergruppe der Patienten, ist aber nicht ausreichend sensitiv und spezifisch für die gesamte Population. Dies zeigt sich daran, dass jede zweite Person mit Fraktur eine Knochendichte aufweist, die nicht in jenem Bereich liegt, der entsprechend klinischer Guidelines als Osteoporose bezeichnet wird.

osteomiR™-Test – individuelles miRNA-Muster zur Frakturrisiko-Prognose: Die TAmiRNA GmbH, ein Spin-off-Unternehmen des Departments für Biotechnologie der Universität für Bodenkultur, ist auf die Messung von mikroRNAs (miRNAs), welche die Genaktivität regulieren und somit die Übersetzung von genetischer Information in Proteine steuern, und die Entwicklung neuer Biomarker spezialisiert. Im Rahmen der Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten entwickelt das Unternehmen ein personalisiertes Verfahren für die Prognose des Frakturrisikos, welches rasch und flächendeckend einer großen Zahl an möglicherweise erkrankten Personen verfügbar gemacht werden kann. Dieser osteomiR™-Test ist Blut-basiert und wird anhand eines Tropfens Serum durchgeführt, der in einem Labor analysiert wird. Anstelle des Patienten „wandert“ bei diesem Verfahren demnach die Blutprobe zur Untersuchung ins Labor, von wo der Befund elektronisch zu Arzt und Patienten geleitet wird. Dadurch können auch nicht-mobile Menschen oder Menschen an entlegenen Orten die Testung durchführen.
Im Labor wird mithilfe des osteomiR™-Tests eine proprietäre Kombination von miRNAs im Serum quantifiziert. Von den mehr als 2.000 bekannten miRNAs sind bestimmte miRNAs für die Regulierung des Knochenstoffwechsels, der Muskelbildung oder die Bildung von Botenstoffen für Entzündungen verantwortlich (osteomiRs). Publizierte Daten weisen darauf hin, dass die Konzentration dieser miRNAs sich im Zuge fortschreitender Osteoporose verändert und somit Aufschluss über die Krankheit und den weiteren Verlauf geben kann. Die Tatsache, dass der Risikofaktor einer osteoporotischen Fraktur auf mehreren einzelnen miRNAs beruht, welche verschiedene Krankheitsprozesse und Organfunktionen reflektieren, erklärt, warum dieses Verfahren eine Trendwende von bildgebender zu molekularer Diagnose und Prognose von Osteoporose, und eine Abkehr von der Analyse einzelner Risikofaktoren hinzu zur personalisierten Dia­gnostik bedeutet.

AUSBLICK: Der osteomiR™-Test ist aktuell für Forschungszwecke verfügbar und wird im Rahmen von klinischen Studien evaluiert und entsprechend der In-vitro-Diagnostik-Richtlinie zertifiziert. Die Marktzulassung für medizinische Anwendungen wird für 2020 erwartet.