Nierenzellkarzinom

Autorin: Dr. Irene Resch

CARMENA: Zytoreduktive Nephrektomie gefolgt von Sunitinib versus Sunitinib alleine beim metastasierten Nierenzellkarzinom – Ergebnisse einer Phase-III-Non inferiority-Studie; Abstract #LBA3

In der Vergangenheit wurde durch randomisierte Phase-III-Studien ein Vorteil der zytoreduktiven Nephrektomie gefolgt von systemischer Therapie mit Interferon im Vergleich von Interferon alleine gezeigt und so stellte die zytoreduktive Nephrektomie über Jahre den ersten therapeutischen Schritt im Management des metastasierten Nierenzellkarzinoms dar. Nach Etablierung zielgerichteter Therapien wie des Tyrosinkinaseinhibitors Sunitinib wurde eine zytoreduktive Nephrektomie auch weiterhin durchgeführt, basierend auf der Annahme, dass der therapeutische Benefit, unabhängig von der zur Anwendung kommenden systemischen Therapie, unverändert bleibt. Allerdings stellte sich die Frage, inwiefern ein operativer Eingriff, insbesondere bei poor-risk-Patienten zu perioperativen Komplikationen und damit zu einer Krankheitsprogression durch die entsprechend verlängerte Regenerierungsphase führen könnte, was zu einem möglichen therapeutischen Verlust der systemischen Therapie führen könnte.

CARMENA-Studie: In der multizentrischen, 2-armigen, prospektiv-randomisierten non-inferiority Studie CARMENA- (Cancer du Rein Metastatique Nephrectomie et Antiangiogéniques) wurde untersucht, ob eine alleinige Therapie mit Sunitinib der Kombination von Nephrektomie plus Sunitinib in der Therapie des metastasierten Nierenzellkarzinoms nicht unterlegen ist. Die Ergebnisse wurden von Arnaud Mejean, Hôpital Européen Georges-Pompidou – Paris Descartes University, Paris, Frankreich, präsentiert und gleichzeitig im New England Journal of Medicine publiziert (Link siehe Beitragsende).

Über einen Zeitraum von 8 Jahren wurden 450 Patienten in über 79 europäischen Zentren (0,7 Patienten / Zentrum / Jahr) 1: 1 zu zytoreduktiver Nephrektomie gefolgt von Sunitinib-Therapie (Arm A) oder alleinige Sunitinib-Therapie (Arm B) randomisiert. Statistisch wären 576 Patienten (456 Events) erforderlich gewesen, um Non-Inferiority mit 80% Power und einem 1-seitigen Signifikanzlevel von 5% (α) zu demonstrieren.

Randomisiert wurde stratifiziert nach MSKCC (Memorial Sloan Kettering Cancer Center)-Risikogruppe und Zentrum. Das minimale Follow-up betrug 2 Jahre.

Primärer Studienendpunkt war das Gesamtüberleben (OS), sekundäre Endpunkte inkludierten progressionsfreies Überleben (PFS), Gesamtansprechen (ORR), klinischer Benefit und Toxizitäten.

MSKCC-Risikogruppe intermediate/poor: 55,6%/44,4% (Nephrektomie + Sunitinib-Kohorte; Arm A) und 58,5%/41,5% (Sunitinib alleine, Arm B).

Daten Gesamtüberleben (OS)

In der ITT-Population zeigten Patienten in der Sunitinib-Kohorte (Arm B) ein signifikant längeres medianes OS (18,4 Mo. [95%CI: 14,7-23,0]) als in der Nephrektomie + Sunitinib-Kohorte (Arm A): 13,9 Mo. (95%CI: 11,8-18,3) mit einer Hazard Ratio von 0,89 (95%CI: 0,71-1,10). In der intermediate risk-Gruppe betrug die HR für Todesfall im Arm B 0,92 vs. in der poor risk-Gruppe 0,86; medianes OS in der intermediate risk-Gruppe im Arm B vs. Arm A: 23,4 vs. 19,0 Monate; medianes OS poor risk im Arm B versus Arm A: 13,3 versus 10,2 Monate.

Einen klinischen Benefit (definiert als Krankheitskontrolle nach 12 Wochen) zeigten 47,9% der Patienten im Arm B vs. 36,6% im Arm A (p=0,022). Insgesamt wurden bei 38,1% der Patienten AEs Grad >3 registriert; 32,8% im Arm A vs. 42,7% im Arm B (p=0,04).

FAZIT: CARMENA zeigt somit erstmals, dass die alleinige Sunitinib-Therapie der Operation und nachfolgenden systemischen Therapie (zytoreduktive Nephrektomie + Sunitinib) bezogen auf den Endpunkt OS beim metastasierten klarzelligen Nierenzellkarzinom der intermediate- und poor risk-MSKCC-Risikogruppe nicht unterlegen ist. Zudem war der beobachtete klinische Benefit im Monotherapiearm signifikant höher als in der Kombination.

Kommentar/ Limitationen der Studie: In der CARMENA-Studie waren 43% der Patienten poor-risk- und der Rest intermediate-Risk-Patienten. Es wurden also keine Patienten mit günstigem Risikoprofil eingeschlossen. Mit der hohen Anzahl an poor-risk-Patienten ist es nicht überraschend, dass der definierte Endpunkt non-inferiority erreicht wurde. Patienten der Nephrektomie+Sunitinib-Gruppe hatten häufiger fortgeschrittene Stadien (T3/T4) als Patienten der Sunitinib-Gruppe (70,1% vs. 51,0%), was das chirurgische Outcome mitunter beeinflusst hat. Verkompliziert wird die Interpretation des Ergebnisses, dass ein Teil jener Patienten, die eine Nephrektomie erhalten sollten, die zugewiesenen Therapien nicht erhielten und mehr Patienten in der Sunitinib-Gruppe eine additive Therapie erhielten. Konkret: Im Arm A (Nephrektomie + SUN) erhielten insgesamt 17,7% Patienten kein Sunitinib und 7,1% wurden nicht nephrektomiert; im Arm B (SUN alleine) erhielten nur 4,9% Patienten kein Sunitinib und 17,0% wurden im Median 11,1 Mo. nach Randomisierung subsequent nephrektomiert.

Eine Limitation ist letztlich die niedrigere rekrutierte Patientenzahl, was die statistische Power reduzierte. Das ‚Non-Inferiority‘-Studiendesign trägt dazu bei, einen potenziellen Nephrektomie-Benefit zu unterschätzen. Letztlich spielt die Patientenselektion in der klinischen Praxis und für das Studiendesign eine wichtige Rolle.

Die Nephrektomie hat nach wie vor ihren Stellenwert, vor allem bei Patienten mit gutem Performance-Status und limitierter Metastasenlast.

 


 

Keynote-427 Kohorte A: Pembrolizumab-Monotherapie als Erstlinientherapie beim fortgeschrittenen klarzelligen Nierenzellkarzinom; Abstract #4500

PD-1-basierte Kombinationstherapien (Nivolumab + Ipilimumab) zeigen in der Erstlinientherapie des fortgeschrittenen klarzelligen Nierenzellkarzinom klinischen Benefit. Ebenso konnte rezent gezeigt werden, dass die Kombination des PD-L1-Antikörpers Atezolizumab plus Bevacizumab bei PD-L1-positiven Patienten das progressionsfreie Überleben verlängert. David F. McDermott präsentierte am ASCO die Ergebnisse der Kohorte A der 1-armigen, open-label, Phase II-Studie KEYNOTE-427, eine Erstlinien-Studie mit dem PD-1-Inhibitor Pembrolizumab.

KEYNOTE-427: Eingeschlossen wurden 110 Patienten mit histologisch verifiziertem, fortgeschrittenem (metastasiertem) klarzelligen Nierenzellkarzinom ohne vorherige systemische Therapie und Karnofsky PS >70%. Die Patienten erhielten Pembrolizumab 200mg i.v. (Q3W) für 2 Jahre bis zur Progression oder intolerablen Toxizität. Primärer Endpunkt war die objektive Ansprechrate (ORR) (RECIST v1.1), als sekundären Endpunkte wurden Ansprechdauer (DoR), Toxizität sowie Biomarkeranalysen definiert.

Das ERGEBNIS: Ausgewertet wurden 107 Patienten; Follow-Up 7,2 Monate. 37,3% entfielen der günstigen, 47,3% der intermediären und 15,5% der schlechten IMDC-Risikogruppe. Die ORR betrug 38,2%, davon 2,7% complete Responder und 35,5% partial Responder. In der intermediate/poor-risk-Gruppe lag die ORR bei 40,0%. Bei PD-L1-positiven Patienten (CPS >1%) stieg die ORR auf 50,0%. Die mediane DoR wurde nicht erreicht.
Immerhin 73,6% der Patienten entwickelten therapieassoziierte adverse events (AEs) wie Fatigue, Pruritus, Diarrhö, Exanthem und Arthralgie und immerhin insgesamt 18,2% AEs Grad 3-5.

Kohorte B (nicht-klarzelliges Nierenzellkarzinom) rekrutiert zurzeit. Bislang gibt es für das nicht-klarzellige Nierenzellkarzinom keine zugelassene Checkpointinhibitor-Therapie.

Fazit: Pembrolizumab war als Erstlinientherapie gut verträglich und das sind good news (Kommentar Prof. Shahrokh F. Shariat).

„Aus Erfahrung wissen wir, dass die Lebensqualität unter Pembrolizumab sehr gut ist.“ (Irene Resch)

Limitationen: Single-Armstudie; es handelt sich um frühe Daten mit einem kurzen Follow-Up.

 


 

Zusammensetzung des Darm-Mikrobioms als Prädiktor für Nivolumab-Therapieresistenz bei Patienten mit metastasiertem Nierenzellkarzinom; Abstract #4519

Arbeiten mit Mäusen haben gezeigt, dass das Mikrobiom Immuneffekte der Chemotherapie beeinflussen und auch Einfluss auf die Tumorkontrolle in mit Checkpoint-Inhibitoren behandelten Mäusen nehmen kann. Verschiedene jüngst publizierte Daten weisen darauf hin, dass das Darmmikrobiom das Outcome der Therapie mit Checkpoint-Inhibitoren signifikant beeinflusst.

Studie: In der von Marine Fidelle, INSERM, Gustave Roussy Cancer Campus, Paris Saclay University, Villejuif, Frankreich, präsentierten Studie wurde der Einfluss des Mikrobioms bei Patienten mit Nierenzellkarzinom unter Nivolumab-Therapie untersucht. Dafür wurde prospektiv von 65 metastasierten Nierenzellkarzinom-Patienten, die im Rahmen der NIVOREN-Studie mit Nivolumab behandelt wurden, Stuhlproben untersucht. Patienten wurden unterteilt in primär resistent auf Nivolumab (progressive disease – PD) und primär nicht resistent – Non PD (CR – complete response, PR – partial response oder SD – stable disease für zumindest 6 Monate). In Folge wurden von 65 Patienten 27 als Nivolumab-resistent und 42 als nicht-resistent klassifiziert.

DAS ERGEBNIS: Zwischen den beiden Kohorten erwies sich das Mikrobiom als nicht signifikant unterschiedlich. Allerdings, wenn jene Patienten mit Antibiotikatherapie ausgeschlossen wurde, wurden Akkermansia muciniphilia und Bacteroides salyersiae häufiger in Patienten gefunden, die auf die Therapie mit Nivolumab ansprachen (p = 0,01 und p = 0,05 resp.). In der Folge wurde im Mäusemodell weitergeforscht. Bei Nierenzellkarzinom-Mäusen mit Immuncheckpoint-Inhibitor-Resistenz wurde eine Stuhltransplantation durchgeführt. Mit dem Resultat: Akkermansia muciniphilia und Bacteroides salyersiae konnten bei einer Subpopulation der Stuhltransplantations-Empfänger die Wirksamkeit der Immuncheckpoint-Inhibitoren wieder herstellen.

Fazit: Diese Untersuchung ist die bisher größte prospektive Studie, welche die Zusammensetzung des Darm-Mikrobioms in Zusammenhang mit der Resistenz auf anti-PD-1 Therapie evaluiert. Diese Studie belegt erneut, dass nicht alle Patienten auf Immuncheckpoint-Inhibitoren ansprechen. Eine primäre oder erworbene Resistenz kann durch das vorliegende Mikroenvironment beeinflusst werden.