Penis- und Hodenkarzinom

Autorin: Mag. Dr. Melanie Hassler, PhD

Peniskarzinom

VinCaP: Vinflunin bei lokal fortgeschrittenem, metastasiertem Peniskarzinom; Abstract #4514

Das Vinca-Alkaloid Vinflunin wird seit Jahren als Zweitlinientherapie des fortgeschrittenen/metastasierten Harnblasenkarzinoms eingesetzt. Beim metastasierten Peniskarzinom gilt eine platinbasierte Chemotherapie mit einer Ansprechrate von 30-50% (und hoher Toxizität) in prospektiven Studien als Therapiestandard. In einer Phase-II-Studie wurden nun die Toxizität und die Ansprechrate von Vinflunin als Alternative untersucht.

Primärer Endpunkt war ein klinischer Benefit (CBR) (nach RECIST v1.1. Kriterien) nach 4 Zyklen Vinflunin. Die sekundären Endpunkte inkludierten eine objektive Ansprechrate (complete response, partial response), progressionsfreies (PFS) und Gesamtüberleben (OS). Der primäre Endpunkt galt als erreicht, wenn von 22 auswertbaren Patienten ≥7 ein Ansprechen oder mindestens 40% eine Krankheitsstabilisierung (complete response, partial response, stable disease) erreichten.

Das Ergebnis: In der Studie wurden 25 inoperable Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem und histologisch verifiziertem Plattenepithelkarzinom des Penis aus 8 Zentren aus Großbritannien zwischen Juni 2014 und Mai 2017 mit 4x 21-Tage Zyklen Vinflunin (320 mg/m2) behandelt. Der primäre Endpunkt wurde erreicht: Bei 10 Patienten wurde ein klinischer Benefit beobachtet (CBR = 45,5%). Die objektive Ansprechrate betrug 27,3%, medianes PFS und medianes OS lagen bei 2,9 resp. 8,4 Monaten. Das 12-Monats-PFS betrug 16,7% und das 12-Monats-OS 33,7%. Bei 68% kam zu Grad 3 /4-Nebenwirkungen (am häufigsten Neutropenie mit 23%). Diese doch erhebliche Toxizitätsrate war vergleichbar mit jenen aus anderen Phase-II-Studien.

FAZIT und LIMITATIONEN: Vinflunin kann somit als aktiver Wirkstoff in der Behandlung des lokal fortgeschrittenen und metastasierten Peniskarzinom angesehen werden. Erwähnenswert ist jedoch die moderate Compliance: 13 Patienten begannen die Therapie nicht oder die Therapie wurde frühzeitig gestoppt. Nur 12 Patienten erhielten 4 Zyklen.

→ Fazit: Eine Phase-III-Studie zum Vergleich mit dem Therapiestandard wird benötigt.

 


 

Hodenkarzinom

Phase 2 Studie: Paclitaxel, Ifosfamid und Cisplatin (TIP) versus Bleomycin, Etoposid und Cisplatin (BEP) firstline bei Patienten mit intermediate oder poor-risk Keimzelltumoren; Abstract #4508

Basierend auf einer vorangegangenen nicht-randomisierten Phase-2-Studie mit TIP bei intermediate und poor-risk Keimzelltumoren, welche bessere Ergebnisse in Vergleich mit historischen BEP-Kontrollen erzielte, wurde diese multizentrische, randomisierte Phase-II-Studie mit TIP versus BEP in 7 Zentren durchgeführt. Am ASCO 2018 präsentierte David Feldman vom Memorial Sloan Kettering Cancer Center die Ergebnisse. Primärer Studienendpunkt war die 6-Monats-Ansprechrate (definiert als complete response oder partial response mit negativen Markern).

Studie: 91 Patienten mit IGCCG intermediate oder poor-risk Hodenkeimzelltumoren erhielten entweder 4 Zyklen TIP oder Standard-BEP. Die TIP Gruppe umfasste 45, die BEP Gruppe 46 Patienten, es waren 81 Nicht-Seminome und 10 Seminome, sowie 37 intermediate risk und 54 poor-risk Patienten eingeschlossen.

DAS ERGEBNIS: Nach 6 Monaten zeigte sich kein signifikanter Unterschied bezüglich des Ansprechen zwischen den zwei Armen (76% bei TIP vs. 73% bei BEP). Bei einem medianen Follow-up von 1,71 Jahren zeigte sich eine 1-Jahres-progressionsfreie Überlebensrate von etwa 72% für beide Arme. Toxizitäten wie Anämie, Leukopenie, Fatigue, Nausea und Emesis waren unter TIP höher, febrile Neutropenien und Pneumonitis unter BEP.

FAZIT: Es zeigte sich keine Verbesserung der 6-monatigen Ansprechrate oder PFS mit einer TIP-Erstlinientherapie gegenüber PEB, der primäre Studienendpunkt wurde nicht erreicht. Gastrointestinale Toxizitäten waren unter TIP größer, Infektionen und respiratorische Nebenwirkungen unter BEP. TIP kann jedoch bei Kontraindikationen gegen Bleomycin bei intermediate- und poor-risk-Patienten eine Alternative darstellen.

 


 

APACHE: Durvalumab-Monotherapie oder in Kombination Tremelimumab bei Patienten mit fortgeschrittenem Keimzelltumor; Abstract #4547

Innerhalb der urogenitalen Tumoren sind Immun-Checkpointinhibitoren hauptsächlich auf das Nierenzell- und Blasenkarzinom beschränkt. Beim Hodenkarzinom wurden Checkpointinhibitoren in geringem Ausmaß evaluiert, Studien sind auf refraktäre Stadien beschränkt. Chemotherapie-refraktären Hodenkarzinom-Patienten haben eine schlechte Prognose, weshalb hier dringend weitere Therapieoptionen benötigt werden.

APACHE: Am ASCO 2018 präsentierte Daniele Raggi aus Mailand die Ergebnisse des ersten Teils einer dreiteiligen Phase-II-Studie. Diese offene, randomisierte, 3-teilige Phase-2-Studie untersuchte die Wirkung des anti-PD-L1 Antikörpers Durvalumab allein oder in Kombination mit dem anti-CTLA4-Antikörper Tremelimumab bei Patienten mit fortgeschrittenen, Chemotherapie-refraktären Keimzelltumoren. Es wurden Patienten nach Versagen von ≥2 Chemotherapien eingeschlossen. Als primärer Endpunkt galt die modifizierte objektive Ansprechrate (mORR) nach RECIST 1.1 Kriterien (complete response, partial response, stable disease + Reduktion von Serum-Tumormarkern > 10%). Eine Erhebung der Serum-Tumormarker erfolgte alle 8 Wochen. Die Studie wurde als positiv bewertet, wenn die mORR ≥ 25% betrug. Ein Arm wurde beendet, wenn kein Ansprechen beobachtet werden konnte – Teil 1.

DAS ERGEBNIS: Über einen Zeitraum von 9 Monaten wurden 18 Patienten, 9 pro Arm, eingeschlossen. Das mediane Alter lag bei 33 Jahren. 15% erhielten ≥3 vorangegangene Chemotherapien. Die Ergebnisse des 1. Teils der Studie mit 18 Patienten zeigten, dass alle 9 Patienten im Durvalumab- Arm eine Progression (mit allen Anzeichen einer Hyperprogression) zeigten, wohingegen im Durvalumab + Tremelimumab-Arm ein Ansprechen in 2 von 9 Fällen beobachtet wurde. Bei progredienten Patienten zeigten diese mit dem Durvalumab-Monotherapie-Arm zu vergleichende Progressionsmerkmale. Die Progression in beiden Armen war unabhängig vom PD-L1-Status und der Tumor-Mutationslast.

FAZIT: Die Einzeltherapie mit Durvalumab sollte bei Chemotherapie-refraktären Keimzelltumoren nicht weiter verfolgt werden. Die Kombinationstherapie wird nun im nächsten Teil der Studie genauer charakterisiert und könnte in einer Subgruppe von Patienten mit Chemotherapie-refraktären Hodentumoren anwendbar sein.

 


 

Umfassende genomische Charakterisierung von Chemotherapie-refraktären Keimzelltumoren des Hodens; Abstract #4555

In dieser von Andrea Necchi aus Mailand präsentierten Studie wurden genomische Alterationen (Mutationen und Mikrosatelliten-Instabilität) bei Patienten mit Chemotherapie-refraktären Keimzelltumoren untersucht; 22 Seminom- und 86 Nicht-Seminom-Patienten wurden eingeschlossen. Da hohe Mutationslast und Mikrosatelliten-Instabilität in anderen Tumoren in Zusammenhang mit dem Ansprechen auf Immuntherapie stehen, kann die molekulare Charakterisierung Hinweise über einen möglichen Einsatz zielgerichteter Therapeutika oder der Immuntherapie in diesen Tumore liefern.

DAS ERGEBNIS: Die mittlere Frequenz an Alterationen betrug 4,1 Mutationen/Tumor in Nicht-Seminomen und 3,1 Mutationen/Tumor in Seminomen.
Die häufigsten Alterationen betrafen die Amplifikation von KRAS (47% im Seminom und 36% im Nicht-Seminom) und Alterationen in KIT (21% vs. 2%). PIK3CA/MTOR (10% vs. 0%), PTEN- (5% vs. 0%) und BRCA2- (5% vs. 0%) Alterationen traten häufiger im Seminom auf, wohingegen BRAF- (2%) und ERBB2- (1%) Alterationen nur im Nicht-Seminom beobachtet wurden.
Mikrosatelliten-Instabilität wurde im Seminom nicht und im Nicht-Seminom nur in 2% der Fälle detektiert. Die mittlere Tumormutationslast für Seminome betrug 2,5 Mutationen/Megabasen (mut/Mb) und für Nichtseminome 2,7 mut/Mb. Nur eine kleine Gruppe der Nichtseminome (5%) wies mehr als 10 mut/Mb auf.

FAZIT: Aufgrund der hohen Amplifikationsrate von KRAS könnte eine MEK-Inhibitor-Therapie in Chemotherapie-refraktären Keimzelltumoren eine Option darstellen. Da eine hohe Tumormutationslast und Mikrosatelliten-Instabilität nur in einem Subset der Nicht-Seminome beobachtet wird, ist die Immuntherapie voraussichtlich nur für einer kleine Untergruppe der Patienten geeignet.