Vorwort

Liebe Leserinnen und Leser!

Dem eigenen Leben in aussichtsloser Krankheitssituation mit unabwendbarem Leid ein selbstbestimmtes Ende setzen zu können ist wohl vielen Menschen in Österreich ein tiefes inneres Anliegen. Was in anderen Ländern Europas und der Welt möglich ist, war bisher bei uns gesetzlich verhindert. Eine Änderung des Sterbeverfügungsgesetzes mit 1.1.2022 ermöglicht nun unter streng geregelten Bedingungen genau das. Die Diskussionen darüber reißen seither nicht ab, die Argumentationsführung ist hochemotional. Die ARGE Neuropalliativ der ÖGN hat aus diesem Grund die Serie ihrer zweijährig abgehaltenen Kongresse für Neuropalliativmedizin unterbrochen und heuer am 20. und 21. Oktober außertourlich eine Tagung abgehalten. Themen, direkt mit dem neuen Sterbeverfügungsgesetz assoziiert, wurden ebenso beleuchtet wie die nahverwandten Bereiche, z.B. die Patientenverfügung. In theoretischen Vorträgen wurden das Gesetz direkt beleuchtet sowie auch die ersten Erfahrungen tätiger Gutachter*innen berichtet. Von der praktischen Seite wurde die Möglichkeit der Umsetzung assistierten Suizids aus Sicht von Krankheitsbildern beleuchtet. Dabei nahmen wir als Beispiel „Klassiker“ wie die Neuroonkologie, betrachteten aber auch Krankheiten, wo wir wissen, dass dies ein Thema ist, dies jedoch weniger diskutiert wird, wie z. B. die Multiple Sklerose, der Schlaganfall oder die Demenz. Darüber hinaus versuchten wir die Gelegenheit zu nutzen, aus diesen Themen heraus den Beginn zu starten, für einzelne Krankheitsbilder spezifische Patientenverfügungen zu gestalten und zu formulieren.

In der vorliegenden Ausgabe von neurologisch stellen wir Ihnen einige Beiträge in Druckform zur Verfügung, damit Sie, die Sie vielleicht nicht die Zeit oder Gelegenheit hatten, den Kongress zu besuchen, einen kleinen Einblick in das Thema erhalten. Wir wählten aus den theoretischen Teilen die Diskussion des Gesetzestextes und die Sicht des Gutachters, aus den praktischen Vorträgen Informationen zu diesem Thema in Zusammenhang mit dem Krankheitsbild der Multiplen Sklerose. Aufgelockert wird das Thema durch einen Bericht zum Thema Zeit und Zeit erleben und deren Änderung bei Eintreten einer lebensbedrohlichen Erkrankung.

Ein neues Feld ist eröffnet. Es wird lange brauchen, bis ein tauglicher Umgang damit gefunden wird. Wir alle tun gut daran, uns damit zu beschäftigen. Für unsere Patient*innen, aber letztendlich irgendwann einmal auch für uns selbst.

Für die ARGE Neuropalliativ der ÖGN