Veritabler Anästhesisten-Mangel

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Die Österreichische Gesellschaft für Anästhesiologie, Reanimation und Intensivmedizin (ÖGARI) warnt: Österreich steuert auf einen veritablen Mangel an Anästhesisten zu. Dabei, heißt es seitens des ÖGARI-Vorstands, bietet das Fachgebiet Anästhesiologie und Intensivmedizin attraktive Karrierechancen.

Erst kürzlich warnte die Österreichische Gesellschaft für Pathologie vor der Entwicklung hin zu einem Mangelfach. Nun folgt ein weiteres Fach: In einer Pressekonferenz thematisierte die ÖGARI die prekäre Situation in Bezug auf die Anästhesie. „Der Mangel an Anästhesisten hat mehrere Gründe: Der Bedarf ist gestiegen, was zum Teil mit der Umsetzung des Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetzes zu tun hat – die zeitliche Präsenz der Ärzte im Spital ist eingeschränkt. Damit erhöht sich der Personalbedarf. Gleichzeitig hat sich aber auch das Tätigkeitsgebiet von Anästhesisten stark erweitert. Abseits vom OP erfolgt eine zunehmende Betätigung in der OP-Vorbereitung und –Nachbetreuung. Weitere Betätigungsfelder sind der operativ intensivmedizinische Bereich, die Notfallmedizin, die Schmerz- und Palliativmedizin“, kommentierte Achim von Goedecke, ÖGARI-Vorstandmitglied und Leiter des Instituts für Anästhesiologie und Intensivmedizin am LKH Steyr.

Zu wenig Fachärzte trotz Zuwachs

In den vergangenen 20 Jahren hat sich die Zahl der in Österreich tätigen Anästhesisten verdoppelt. Sind heute rund 3.000 Personen in diesem Fachbereich tätig, so sind das um rund 20 Prozent mehr als noch vor fünf Jahren. 2017 wurden 120 Fachärzte in diesem Fachgebiet neu anerkannt, um ein Drittel mehr als im Jahr 2010. Das große Aber: Trotz dieses Zuwachses gibt es schon jetzt zu wenige Fachärzte für Anästhesiologie und Intensivmedizin. Dazu bahnt sich eine Verschärfung dadurch an, dass in den nächsten vier bis fünf Jahren zwischen 130 und 150 Anästhesisten pro Jahr das Pensionsalter erreichen. Übersetzt: Die durchschnittlich 120 neuen Facharztanerkennungen kompensieren den drohenden Abgang der 130 bis 150 Anästhesisten nicht.

Regionale Ausbildungsunterschiede

Vergleicht man innerhalb von Österreich die Ausbildungsquote, stößt man auf Unterschiede in der Nachwuchspflege. Spitzenreiter bei der Ausbildungsquote (Verhältnis von Anästhesisten zu Fachärzten in Ausbildung) 2018 sind die Bundesländer Tirol (24 Prozent), Oberösterreich, Salzburg und Kärnten (jeweils 20 Prozent). Die Schlusslichter sind Niederösterreich, Wien und das Burgenland mit jeweils 17 Prozent und Vorarlberg mit 13 Prozent. Um den steigenden Bedarf zu decken bräuchte es eine bundesweite Ausbildungsquote von mindestens 23 Prozent.

Werben um Absolventen

Die ÖGARI engagiert sich daher besonders, um Medizinabsolventen für das Fach zu interessieren: „Wir haben spezielles Informationsmaterial für Studierende entwickelt und unsere Vertreter der „Jungen Anästhesie“ sind auf Berufsmessen und anderen Infoveranstaltungen präsent”, sagte Von Goedecke. Er nannte folgende Gründe, eine Facharztausbildung in der Anästhesiologie und Intensivmedizin anzustreben:

  • exzellente Karriereaussichten und viele Optionen (in jedem Krankenhaus gibt es eine Abteilung für Anästhesiologie und Intensivmedizin)
  • flexible Arbeitszeitgestaltung und attraktive Teilzeitmodelle bei vielen Trägern
  • starke Interessensvertretung
  • vielfältiges und abwechslungsreiches Fach (Fünf Säulen: Anästhesie, Intensivmedizin, Notfallmedizin, Schmerz- und Palliativmedizin)
  • Nahtstelle zu vielen Abteilungen, Teil eines interdisziplinären Teams
  • technikaffines Fach

(Sandra Standhartinger, 21.11.2018)

 

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