MSL: Aufgaben und Herausforderungen

Wie es sich für einen guten Anfang gehört, startete der Abend mit einer Selbstreflexion: Wer steckt hinter der Berufsgruppe der Medical Science Liaison Manager (MSL), wie grenzen sie sich von Pharmareferenten ab und wer darf was? Diese Fragen rückte Rechtsanwältin Dr. Maria-Luise Plank in den Mittelpunkt ihres Impulsvortrags.
Ausgehend von den USA gibt es bereits seit einigen Jahren verschärfte Compliance-Richtlinien im Bereich der Pharmawirtschaft. Nicht das Produkt soll im Vordergrund stehen, sondern die wissenschaftliche Information und therapeutische Prinzipien. Um auf einem sensiblen, wissenschaftlichen Feld Vertrauen aufzubauen, kommt der MSL ins Spiel und fungiert als Bindeglied zwischen den Experten, die Arzneimittel einsetzen, und jenen, die sie herstellen und vertreiben. Damit sind neue Aufgaben entstanden, die eine Abgrenzung zu Pharmareferenten und Verkaufstätigkeiten erforderlich machten.

 

Ein Medical Science Liaison ­Manager (MSL) baut wissenschaftliche Beziehungen zu Ärzten auf und liefert ihnen Informationen zur Wirkweise und zu den Einsatzmöglichkeiten in der Therapie.

 

Abgrenzung mit Interpretationsspielraum

Hier macht es sich der Gesetzgeber zuerst einmal einfach: „Alles, was unter dem Verdacht steht, Werbung sein zu können, wird auch als solche angenommen“, sagt Plank. Nach § 49 Abs. 1 Arzneimittelgesetz (AMG) gelten als „Werbung“ für ein Arzneimittel alle Maßnahmen zur Information, Marktuntersuchung, -bearbeitung und zur Schaffung von Anreizen mit dem Ziel, die Verschreibung, die Abgabe, den Verkauf oder den Verbrauch von Arzneimitteln zu fördern. „Ein Richter würde damit die Arbeit eines MSL auf jeden Fall als Werbung verdächtigen“, ist die Expertin überzeugt.
Dennoch lassen einige Passagen im Arzneimittelgesetz und auch im Pharmig-Verhaltenskodex (VHC) darauf schließen, dass nicht jede Information auch Werbung sein muss und umgekehrt. Plank hat sich auf die Suche gemacht und Regelungen entdeckt, die dann doch differenzieren, und zwar zwischen Werbung und Information (§ 50 AMG), zwischen Fach- und Laienwerbung (§ 51–55 AMG) und zwischen nationalen und internationalen Veranstaltungen (§ 50b AMG), die besucht werden. „Eine explizite Nennung der Berufsgruppe und der Befugnisse eines MSL lässt sich zwar auch hier nicht finden, jedoch kann diese Abgrenzung der Inhalte für die weitere Klärung gut herangezogen werden“, resümiert die Rechtsanwältin.
Wie so oft lässt sich in juristischen Fachtexten einfacher eine Definition finden, was Werbung nicht ist, nämlich zum Beispiel im Artikel 4 des Pharmig-Verhaltenskodex. So werden als zulässige und nicht werbliche Information unter anderem der Schriftwechsel sowie Unterlagen, die zur Beantwortung einer konkreten Anfrage zu einem bestimmten Arzneimittel erforderlich sind, angesehen. Auch Verkaufskataloge und Preislisten, sofern diese keine Angaben über Arzneimittel enthalten, kann ein MSL seiner Zielgruppe zukommen lassen. Sachbezogene Informationen in Bezug auf Krankheiten oder die menschliche Gesundheit, sofern darin nicht auf ein Arzneimittel Bezug genommen wird, die Information im Rahmen der Pharmakovigilanz in Abstimmung mit der Behörde oder unternehmensbezogene Informationen an Investoren, Berichte über Forschungs- und Entwicklungsprogramme sowie die Information über regulatorische Entwicklungen, die das Unternehmen und seine Produkte betreffen, sind ebenfalls nicht als Werbung einzustufen. Ausgenommen sind auch Fach- oder Gebrauchsinformationen.

 

 

Finanzbehörde bringt Klarheit

Ein wenig klarer wird damit, dass MSLs nicht verkaufen, sondern informieren, und das üblicherweise schon während der klinischen Phase. Der Erfahrungsaustausch auf hohem wissenschaftlichem Niveau steht im Mittelpunkt der Besuche bei Entscheidungsträgern, und dieses Wissen fließt wieder zurück in die Produktentwicklung auf Industrieseite.
Im Gegensatz zu MSLs sind die Tätigkeiten der Pharmareferenten, die hauptberuflich mit dem Arzt als potenzieller Verschreiber in Kontakt stehen, im § 73 des AMG definiert, und auch der Berufsverband der Pharmareferenten Österreichs sieht seine Mitglieder als Vermittler und Überbringer von Information, aber auch Werbung.
Interessant ist, dass sich auch die Finanzbehörde der Pharmareferenten angenommen hat, jedoch machen ihre Erkenntnisse eine Differenzierung zwischen MSLs und Pharmareferenten noch schwieriger. „Der Verkauf von Produkten ist dem Pharmareferenten nicht erlaubt, die Abgabe von Ärztemustern hingegen schon. Im Vordergrund stehen die Werbung, die Information und das Unterrichten relevanter Zielgruppen“, erklärt Plank. Die Anbahnung von Geschäftsabschlüssen im Außendienst ist weder Aufgabe des einen noch des anderen Berufsbildes. „Ein MSL baut eine wissenschaftliche Beziehung zu Entscheidungsträgern auf und muss daher selbst die Fachliteratur und neueste Forschungsergebnisse gut kennen. Am Ende übergibt er den Staffelstab an den Außendienst, sobald ein Medikament zugelassen ist“, erläutert die Rechtsexpertin.
Und hier tritt wieder die Finanzbehörde auf den Plan, die feststellt, dass ein Vertreter – im Gegensatz zum MSL – mehr als die Hälfte der Arbeitszeit im Außendienst verbringt. Das würde im Umkehrschluss bedeuten, dass ein MSL, der mehr als 50% seiner Zeit im Außendienst verbringt, eine Pharmareferentenprüfung oder einen gleichwertigen Abschluss benötigt. „In der Praxis hat sich dazu noch keine einheitliche Rechtsmeinung durchgesetzt. Die Regeln werden in den Betrieben unterschiedlich gehandhabt“, bestätigt Plank.

Berufsalltag in Corona-Zeiten

Neben der Abgrenzung der Aufgaben stand ein aktuelles Thema im Mittelpunkt des Netzwerkabends: Face-to-Face-Meetings und der virtuelle Alltag während des Pandemiegeschehens. „Aktuell gibt es kein gesetzliches Verbot, direkte berufliche Kontakte zu pflegen. Arbeitgeber haben Fürsorgepflichten für ihre Mitarbeiter zu übernehmen. Das Ziel der Maßnahmen muss sein, den herkömmlichen Betriebsablauf aufrechtzuerhalten“, fasst Plank zusammen.
Nachdem die Infektionslage dynamisch ist, empfiehlt es sich, laufend die offiziellen Webseiten der Behörden nach Neuerungen zu durchforsten. Unter www.sozialministerium.at stehen umfangreiche Informationen – auch für Fachpersonal – sowie die jeweils aktuell gültigen Rechtsvorschriften zum Download zu Verfügung. Krankenanstalten können aber zum Beispiel über die Hausordnung strengere Vorschriften vorgeben, und auch bei niedergelassenen Ärzten empfiehlt sich ein Besuch nur nach vorheriger Terminvereinbarung. „Die allgemeinen Anweisungen zu den Hygieneregeln, wie Abstand halten, das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes oder Teilnehmerbeschränkungen bei Veranstaltungen, gilt es einzuhalten. Vorab bei den jeweiligen Gesprächspartnern nach den Gepflogenheiten zu fragen hilft, Missverständnisse zu vermeiden“, rät die Expertin.
Rechtlich ist im Hinblick auf das Sponsoring zwischen Präsenzveranstaltungen und Online-Events kein Unterschied zu machen. Symposien, wissenschaftliche Kongresse, Workshops oder Vorträge sind nach Angaben des VHC (Art. 7) anerkannte Mittel zur Verbreitung von Wissen über Arzneimittel – auch wenn sie virtuell stattfinden. Das heißt, dass etwa der Repräsentationsaufwand im Zusammenhang mit Veranstaltungen zur Verkaufsförderung immer streng auf den Hauptzweck begrenzt sein muss (§ 55a AMG). Die Anwesenheit der Teilnehmer, das Programm sowie die wissenschaftlichen Inhalte sind zu dokumentieren. „Achten Sie bei der Dokumentation der Anwesenheit bei Online-Events auf die Vorgaben des Datenschutzes“, rät Plank. Im Hinblick auf die Verpflegung „vor Ort“ – also vor dem Bildschirm – sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt! 

 

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Mag. Gabriele Jerlich: E-Mail