QuintilesIMS: Globales Wissen lokal nutzen − Mag. Dr. Martin Spatz im Gespräch

Mit Juli 2017 hat Mag. Dr. Martin Spatz als Geschäftsführer die Verantwortung für QuintilesIMS Österreich übernom­men. Zuletzt war er als Managing Director der Deutschlandtochter des österreichi­schen Generikaunternehmens G.L. Pharma GmbH tätig.

Weltweiter Dienstleister

In seiner neuen Position als Geschäftsführer von QuintilesIMS Österreich liegt es Spatz sehr am Herzen, aktiver auf die Kunden zu­zugehen und die vielen verschiedenen Tä­tigkeitsfelder von QuintilesIMS verstärkt zu kommunizieren. „Wir sind sozusagen eine Pharmafirma ohne Medikamente“, sagt Spatz. Dabei ist der Quintiles-Bereich des Unternehmens für Auftragsforschung, aber auch für Contract Sales Force, also für Leihaußendienst, zuständig. „Man kann von QuintilesIMS in allen Ländern – so auch in Österreich – die Phasen I, II und III vor der Zulassung und danach die Phase IV, Real World Evidence, mit Studien begleiten las­sen. Der IMS-Bereich des Unternehmens übernimmt Tätigkeiten wie Marktfor­schung, Market Access, Lifecycle Manage­ment, Sales Force Effectiveness, Targeting und Primärmarktforschung, d.h. eine große Palette von Vertriebsthemen plus Außen­dienst“, erläutert Spatz.
Diese Dienstleistungen bietet das Unterneh­men auf der ganzen Welt an und kann auf die Ressourcen der jeweiligen Länder zugreifen. „Unsere globale Aufstellung bietet viele Vor­teile. Manche Probleme, die in Österreich vor­kommen, sind in anderen Ländern bereits gelöst worden. Diese Lösungen können wir dann für Österreich heranziehen“, umreißt Spatz die globale Strategie des Unternehmens.

IMS: Lösungen für individuelle Probleme finden

Eines der Kerngeschäfte von QuintilesIMS ist die Marktforschung. „Die IMS-Zahlen werden von Pharmafirmen, Großhandel, Apotheken etc. in Anspruch genommen. Ein weiterer we­sentlicher Tätigkeitsbereich von uns ist der Kundenservice, hier haben wir ein Alleinstel­lungsmerkmal“, berichtet Spatz. Ein eigener Stab von Mitarbeitern in Wien findet indivi­duelle Antworten für spezifische Probleme von Kunden, d.h. Fragestellungen, die eben nicht mit einem fertigen Tool beantwortet werden können, sondern die man im Einzel­nen beantworten muss. Auch im Consulting- Bereich steht ein eigener Mitarbeiterstab zur Verfügung, der z.B. hinsichtlich Targeting he­rangezogen werden kann. „Hospital Profiling, Pharmacy Scoring, Targeting bei Ärzten sind hier wichtige Beratungsleistungen, die wir an­bieten. Das heißt, wir definieren gemeinsam mit dem Kunden das jeweilige Problem und erarbeiten in der Folge eine individuelle Lö­sung“, erklärt Spatz.
Ein weiterer, allerdings kleiner Teil des IMS-Geschäfts ist der sogenannte Technologiebereich, in dem IT-Lösungen wie CRM-Systeme, Business-Analyse-Tools, Multi- Channel-Management etc. angeboten werden.

Quintiles: Studien für Pharmaunternehmen

Der andere große Unternehmensbereich ist die klinische Forschung durch Quintiles. Dazu Spatz: „Bisher sah der Ablauf der Pro­jekte so aus, dass Quintiles im Head Quarter mit einer Pharmafirma einen Vertrag ausge­handelt hat und dies anschließend auf die Länder heruntergebrochen wurde, woraus dann die Studien in den einzelnen Ländern entstanden sind.“ Eine aktuelle Überlegung sei, so der Geschäftsführer weiter, auch wie­der lokale Projekte direkt in Österreich zu entwickeln: „Das betrifft vor allem Late-Pha­se-Studien, also alles, was nach der Zulas­sung passiert, Stichwort: nicht-interventio­nelle Studien, Real World Evidence etc. Hier wollen wir österreichische Partner identifizie­ren, die unsere Expertise, unser therapeuti­sches Know-how nutzen möchten.“

Spitalsbedarf reformbedürftig

Den großen Vorteil des österreichischen Ge­sundheitswesens sieht Spatz im hierzulande herrschenden niederschwelligen Zugang zu medizinischen Leistungen. „Letztlich können die Patienten in Österreich zu einem Facharzt oder zu einem Allgemeinmediziner gehen und sind dabei nicht an ihren Wohnort gebunden. Zudem werden die meisten Medikamente, ab­gesehen von Selbstbehalt und Rezeptgebühr, komplett bezahlt“, fasst Spatz zusammen.
Wirklich schlechter aufgestellt als andere eu­ropäische Länder sei Österreich, so Spatz, im Bereich Spitalswesen: „Ich glaube, in Öster­reich herrscht generell große Bereitschaft, Menschen ins Spital zu schicken. Die Form der Tagesklinik kommt hierzulande praktisch nicht vor. Daher liegen wir 60% über dem OECD-Schnitt, was die Nutzung von Spitals­betten betrifft. Hier orte ich Aufholbedarf.“

Neue Regelung für Erstattung erforderlich

Hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung sieht der Geschäftsführer gute Zeiten auf die Pharmabranche zukommen: „Global gesehen wird bis zum Jahr 2021 ein wertmäßiges Wachstum von 4–7% prognostiziert. In Be­zug auf das Volumen sind es im Schnitt 3% Wachstum jährlich.“ Doch gerade für Europa prognostiziert er auch große Herausforderun­gen, denn in den europäischen Ländern gebe es in der Regel nur einen einzigen Kostenträ­ger. „Das stellt natürlich ein Risiko dar. Die Herausforderungen durch teure Therapien, wie z.B. bei Hepatitis C, sind bekannt. Die Vorgabe, Kosten einzusparen, ist ebenfalls be­kannt. Hier sind innovative Ideen von den Pharmafirmen, aber auch von den Bezahlern gefragt“, ist Spatz überzeugt. Dabei kann er sich unter anderem folgende mögliche Ansät­ze vorstellen: Es wird nur bei Anschlagen der Therapie gezahlt oder das Pharmaunterneh­men zahlt einen Teil der Kosten zurück, wenn die Therapie nicht anschlägt.
Solche Überlegungen seien gerade jetzt drin­gend erforderlich, betont Spatz, denn bei­spielsweise in der Onkologie würden große Durchbrüche bevorstehen, die mit hohen Kosten verbunden sein werden: „Wir reden hier von 45 neuen aktiven Substanzen, d.h. komplett neuen Wirkstoffen, die bis 2021 zugelassen werden sollen. Dazu kommen in einigen Jahren, wenn auch vielleicht erst nach 2021, noch weitere völlig neue Therapi­en aus dem Bereich der Gen-Editierung. Das stellt uns dann vor ganz neue Fragestellun­gen, denn das sind keine klassischen Medi­kamente mehr. Daraus ergeben sich ethische Herausforderungen, aber natürlich auch eine wesentliche Finanzierungsfrage.“

Gesamtkosten betrachten

Für die Zukunft wünscht sich der QuintilesIMS-Geschäftsführer, dass bei der Kostenanalyse nicht länger die Teilbereiche, sondern die Gesamtkosten betrachtet werden: „Erst wenn man die Gesamtkosten kennt, kann man beurteilen, ob die Kosten für eine Thera­pie ökonomisch sind oder nicht. Dieser Ansatz fehlt mir in der derzeitigen Kostendiskussion.“ Zudem vermisst Spatz Überle­gungen zu einer Effizienzsteigerung, die nicht damit einhergeht, irgendeine Leistung weniger zu bewilligen, sondern die andere Wege sucht. Als Beispiel nennt er die Frage, warum ein Kind für eine Mandeloperation ins Spital müsse.
„Wenn man solche Aspekte verstärkt hinter­fragt und zudem die Gesamtkosten betrach­tet, bin ich der festen Überzeugung, dass wir auch in Zukunft vernünftige Preisregelungen für innovative Therapien finden können“, betont Spatz.
Hier könnten auch die Apotheken einen wichtigen Beitrag leisten. „Die rund 1.300 öffentlichen Apotheken sind über ganz Österreich verteilt. Diese könnten gerade in ländlichen Gegenden Aufgaben der Ärzte übernehmen, wie z.B. Impfungen. Diese wer­den in anderen europäischen Ländern bereits von Pharmazeuten durchgeführt. Natürlich braucht es dafür Gesetzesänderungen. Aber das wären machbare Veränderungen, die durchaus einer Überlegung wert sind“, so Spatz abschließend.