Ärzteschaft zeigt sich uneinig über Impfprioritäten

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Rund um die aktuelle Debatte um „Vordrängler“ bei Corona-Impfungen gab es am Wochenende unterschiedliche Stellungnahmen aus der Ärztekammer. Eine RELATUS-Umfrage zeigt indes klar: die Ärzte drängen darauf selbst geschützt zu werden. Für 68% haben Ärzte und Risikopatienten oberste Priorität.

Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres hat sich am Sonntag für eine rasche Impfung von Spitzenpolitikern ausgesprochen. Nach der Immunisierung von Kranken und über 80-Jährigen sollte man die Mitglieder der Bundesregierung, der Landesregierungen und den Bundespräsidenten impfen, sagte Szekeres am Sonntag in der ORF-„Pressestunde“. Szekeres hielte es für „sinnvoll“, die Spitzenpolitiker „so bald als möglich“ zu impfen, weil sie einerseits als Vorbilder dienen und weil sie andererseits mit ihren Entscheidung viel Verantwortung tragen. Außerdem seien sie wegen ihrer vielen Kontakte auch einer besonderen Gefahr ausgesetzt. Zur Diskussion um die frühzeitigen Impfungen von Bürgermeistern sagte Szekeres, dies mache dann Sinn, wenn sie regelmäßig in Heimen zu tun haben. Sollten sie die Impfung aber als Privileg empfangen, wäre das zu verurteilen.

In der kommenden Woche werden die Rahmenbedingungen für die Impfung bei den niedergelassenen Ärzten geschaffen, sagte Szekeres. „Ich bin dafür, dass alle Ärzte impfen dürfen“, um so an die Geschwindigkeit von Israel heranzukommen, die bereits mit der Immunisierung der Jugendlichen begonnen haben. Der Impfstoff von Biontech/Pfizer sei wegen der Lagerung bei minus 70 Grad und den heiklen Auftaukriterien für niedergelassene Ärzte „logistisch schwieriger“, meinte Szekeres. „Aber es lässt sich organisieren. Es ist halt nicht so einfach.“ Der Ärztekammer-Präsident vermutet, dass mit der Immunisierung der Risikopatienten im März begonnen wird.

Harald Mayer, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer und Bundeskurienobmann der angestellten Ärzte, ortet grobe Kommunikationsprobleme zwischen dem Gesundheitsministerium und den Bundesländern: „Die Priorisierungsreihenfolge bei der Corona-Schutzimpfung darf keinen Interpretationsspielraum zulassen“, sagt er. Besonders jetzt, da zu wenig Impfstoffe verfügbar sind, sei es umso wichtiger, klare Vorgaben zu erteilen: „Es darf nicht sein, dass jedes Bundesland die Impfreihenfolge eigenwillig selbst interpretiert und zum Beispiel Bürgermeister als systemrelevanter definiert. Wenn es um Funktionen geht, muss das wohl österreichweit gleich gelten.“ Diese eigenwilligen Interpretationen seien fehl am Platz und müssten scharf geahndet werden. Eine RELATUS-Umfrage zeigt, dass die Mehrheit der Ärzte gegen vorzeitige Impfungen von Politikern ist. Nur 3 % sagen, dass Bürgermeister Muliplikatoren sind und deshalb geimpft werden sollten. Für weitere 11% ist das denkbar, wenn aufgetaute Impfdosen übrigbleiben. 18 % hingegen, sagen, dass Politiker geimpft werden sollen, wenn sie an der Reihe sind und für 68% haben Ärzte und Risikopatienten oberste Priorität.

Vorarlberg lässt indes ab sofort jede Impfaktion in Seniorenheimen von zwei Mitarbeitern des Landes dokumentieren. Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) verhehlte nicht, dass es Anzeichen gebe, wonach in den Heimen mehrere Personen geimpft worden sein sollen, die gemäß dem Impfplan noch nicht an der Reihe gewesen wären. Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) hat angesichts zahlreicher Fälle von frühzeitig geimpften Ortschefs am Samstag „eindringlich“ an die Bürgermeister appelliert, „diesen Schritt nicht zu tun“, es sei einfach „eine schiefe Optik. Da geht es um politische Verantwortung. Wir in der Politik müssen Vorbilder sein.“

Lob für die Regierung gab es am Sonntag dennoch von Ärztekammerpräsident Szekeres. Sie habe sehr viel richtig gemacht. Österreich sei eines der ersten Länder gewesen, die den Lockdown damals im März 2020 beschlossen hätten. „Es sind dann natürlich Fehler passiert. Ich glaube, jeder macht auch Fehler in so einer Situation“, meinte Szekeres. „Es macht niemandem Spaß, diese Lockdowns zu beschließen, und es macht niemandem Spaß, im Lockdown zu sein“, meinte er. „Die Alternative zum Lockdown ist, dass man zuschaut, wie die Zahlen explodieren.“ (red/APA)