Fälschungen von Wurmmittel und Kritik an verschreibenden Ärzten

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Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) warnt vor Fälschungen und geschmuggeltem Wurmmittel „Ivermectin“. Aufgriffe des Zolls sind seit September rasant angestiegen. Die Salzburger Ärztekammer geht zudem gegen verschreibende Ärzte vor.

Der heimische Zoll schlägt Alarm: Er hat seit Jahresanfang bei 428 Aufgriffen 24.169 Stück geschmuggelte Tabletten des Arzneimittels „Ivermectin“ entdeckt, berichtete das Finanzministerium am Sonntag. Seit September machte die behauptete Wirkung gegen Covid-19 in bestimmten Kreisen auch in Österreich erneut groß die Runde, seither sei die Zahl der Funde des Medikaments als Schmuggelware sogar „förmlich explodiert“. Die sichergestellten Tabletten seien „oft wirkungslos oder verunreinigt“, wurde gewarnt. Die massive Steigerung der nach Österreich bestellten Entwurmungstabletten habe sich auch bei einer EU-weiten Schwerpunktaktion bestätigt, die im Oktober und bis Mitte November stattfand: „Bei der Anzahl der dabei beschlagnahmten „Ivermectin“-Sendungen rangiert Österreich EU-weit auf Platz zwei“, hieß es aus dem Ministerium.

„In den vergangenen Monaten haben wir eine regelrechte Kampagne zur Einnahme des Entwurmungsmittels als angebliches Covid-19-Heilmittel erlebt. Das hat zu einer wahren Flut an Sicherstellungen des Mittels durch den Zoll geführt“, sagte Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP). „Anstatt sich gegen eine Corona-Erkrankung zu schützen, gefährden diese Menschen ihre Gesundheit.“ Denn bei den geschmuggelten Medikamenten, die meist aus Asien stammen, handle es sich oft um wirkungslose, verunreinigte oder gefälschte Präparate. Zwischen September und Mitte November wurden insgesamt 15.844 Tabletten, meist im Internet bestellt, beschlagnahmt. Das Medikament werde unter verschiedensten Produktbezeichnungen hauptsächlich aus Singapur, Indien und Hongkong versendet. Empfänger in ganz Österreich warteten auf die vermeintliche Wunderkur, die beim Menschen auch schon zu Vergiftungen geführt haben soll. „Spitzenreiter waren Empfänger in Niederösterreich, gefolgt von Oberösterreich, Wien und der Steiermark“, hieß es.

In Österreich seien „Ivermectin“-Tabletten beim Menschen für die Behandlung von Krätzmilbe sowie von parasitären Wurmbefällen und Ivermectin-Hautpräparate für die Behandlung von Kupferakne zugelassen. Im veterinärmedizinischen Bereich erstreckt sich die Zulassung auf die Anwendung gegen innere und äußere Parasiten bei einer Vielzahl von Tierarten. EU-weit nicht zugelassen sind die Präparate zur Behandlung von Covid-19. Mehrere durch die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) geprüfte Studien und Analysen bestätigen, dass „Ivermectin“ eine Behandlung von Covid-19 außerhalb klinischer Studien nicht unterstützt, wurde betont. Das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) warnt, dass „Ivermectin“ bei einer höheren als der zugelassenen Dosierung toxisch wirkt. Auch der Hersteller hat vor dem Einsatz abgeraten.

In Salzburg sagt der Sprecher der niedergelassenen Ärzte, Christoph Fürthauer zu gehäuften Verschreibungen durch Ärzte: „Ich höre die Gerüchte. Und ich warne alle, dieses Medikament ohne die Indikation zu nehmen.“ Fürthauer ersucht Patienten um Meldungen an die Ärztekammer, wenn Mediziner das Mittel gegen Covid-19 verschreiben. Notwendig sei auch ein zweiter Zeuge. Nur dann könne man Anzeige erstatten, so der Sprecher im ORF-Interview. „Eine Anzeige beim Disziplinar-Anwalt bedeutet, dass sich ein Richter oder Staatsanwalt der unabhängigen Justiz diese Vorwürfe ansieht. Wie das Verfahren endet, das entscheidet die Disziplinarkommission, die unabhängig von der Ärztekammer dann Recht spricht.“ (red)