Parallel zu steigenden Defiziten bei der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) hat diese auch enorme Beitragsrückstände bei Unternehmen. Kritik kommt von der Arbeiterkammer.
Das Budgetchaos bei der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) spitzt sich weiter zu. Das für heuer erwartete Defizit von rund 900 Millionen Euro soll bis 2029 auf 1,38 Milliarden steigen, teilt die Arbeiterkammer mit. Parallel dazu sind die Beitragsrückstände der Dienstgeber:innen von Jänner bis Dezember 2024 um 111 Millionen Euro auf insgesamt 908 Millionen Euro angewachsen. Für Erwin Zangerl, Vizepräsident der Bundesarbeiterkammer und schwarzer AK-Präsident in Tirol, ist das ein untragbarer Zustand: „Es ist nicht einzusehen, dass die Versicherten mehrmals belastet werden, um die außer Kontrolle geratene Bilanz der ÖGK zu sanieren. Einerseits wurden ihnen die Sozialversicherungsbeiträge bereits vom Lohn abgezogen, andererseits werden Leistungen teurer oder gekürzt, sofern sie nicht überhaupt wegfallen“, meinte Zangerl.
Dabei sei das Nicht-Abführen der Beiträge kein Kavaliersdelikt. §153c des Strafgesetzbuches stelle klar: Wer als Dienstgeber Beiträge eines Dienstnehmers zur Sozialversicherung dem berechtigten Versicherungsträger vorenthält, ist mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen zu bestrafen. Trotzdem werde dieser Missstand von der ÖGK kaum aktiv verfolgt – die Versicherten würden die Folgen tragen. „Es ist nicht einzusehen, dass die Versicherten mehrmals belastet werden, um die außer Kontrolle geratene Bilanz der ÖGK zu sanieren“, sagte der AK-Vizepräsident.
Zangerl kritisierte außerdem, dass die ÖGK trotz „dramatischer Zahlen“ nicht auf Reformen, sondern auf umfassende Einsparungen setzt: Rund 240 Millionen Euro sollen in den kommenden fünf Jahren beim Personal gestrichen werden. Im Verwaltungsbereich wird etwa nur jede zweite Pensionierung nachbesetzt – und das, obwohl der Reformbedarf groß ist. Die Auswirkungen treffen auch die Regionen. Zu befürchten sei, dass hier die Standorte in den Bundesländern weiter ausgedünnt werden, während sich die Management-Jobs nach Wien verlagern. Gleichzeitig sollen mit 1. Juli 2025 erneut Bewilligungspflichten für CT/MRT und Physiotherapie sowie Kostenbeteiligungen bei Krankentransporten eingeführt werden. Besonders herausfordernd werden die geplanten Maßnahmen auch bei den Vertragspartnern (Ärzt:innen, Therapeut:innen etc.). Insbesondere im Laborbereich und in der Radiologie, aber auch bei den Verhandlungen mit der Ärztekammer soll laut ÖGK der erwartete Anstieg der Ausgaben um 50 Prozent gedämpft werden. „All dies zu präsentieren und dann von ‚Anreizsystemen‘ zu sprechen, ist schon ein starkes Stück. Das sind nichts anderes als Sanktionen, um das selbstverschuldete Defizit auf Kosten der Versicherten in den Griff zu bekommen“, ärgert sich Zangerl. (red)